Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dornen der Rose (German Edition)

Die Dornen der Rose (German Edition)

Titel: Die Dornen der Rose (German Edition)
Autoren: Joanna Bourne
Vom Netzwerk:
Ich bin nicht derjenige von uns beiden, der herumschleicht und spioniert und alles und jeden beißt, hab ich recht? Wer sind Sie?«
    Sie holte tief Luft. Man holte immer Luft, ehe man zu einer Lügengeschichte ansetzte. »Ich bin Margaret Duncan, Dame de compagnie für Mademoiselle de Fleurignac.«
    »Also sind Sie Engländerin.«
    »Schottin.«
    Wenn sie eine Schottin war, war er der König von Schottland. »Sie sind weit weg von zu Hause, Maggie Duncan.«
    »Im Gegenteil, Frankreich ist mein Zuhause. Meine Familie lebt in Arles. Mein Vater ist Colonel bei der Infanterie.«
    Frankreich war voller rothaariger Enkel von Männern, die dem Stuartkönig ins Exil gefolgt waren. Ein Großteil von ihnen war in der französischen Armee. Doch dieser breite und betörende Mund stammte nicht aus Schottland. Sie war eine waschechte Französin.
    Sie blickte zum Stallfenster und von dort auf die Ruine des Châteaus. »Mademoiselle ist geflohen. Und ich wurde zurückgelassen, um dieses erbauliche Gespräch mit Ihnen zu führen.«
    Wirklich raffiniert, diese Maggie.

4
    Sich gegen diesen wandelnden Felsbrocken zu wehren wäre über alle Maßen sinnlos gewesen, also versuchte Marguerite es gar nicht erst. Zu gegebener Zeit würde sie schon einen Weg finden, um ihn außer Gefecht zu setzen.
    Oder er brachte sie um. Was er jederzeit tun konnte. Er musste sich nur für eine Methode von vielen entscheiden und loslegen.
    Monsieur LeBreton zog sie hoch. Er fischte den Brieföffner aus dem Stroh und betrachtete ihn von beiden Seiten, ehe er ihn in den Tiefen seiner Jacke verschwinden ließ. Dann drückte er leicht ihren Arm und gab ihr damit zu verstehen, dass sie ihn durch die Stalltür nach draußen in den spärlich fallenden Regen begleiten sollte. Dabei war er zwar nicht übertrieben grob, aber dennoch sehr bestimmt. Sie fühlte sich wie ein Beutetier in den Krallen eines riesigen Raubvogels, der sich von seiner besten Seite zeigte. Ein Roch vielleicht, wie in der Erzählung von Sindbad. Mit einem Roch lässt sich nicht über Alternativen verhandeln.
    Es sah nicht so aus, als sollte sie unter freiem Himmel im Garten vergewaltigt oder erwürgt werden. Er schleppte sie in die etwas diskretere Orangerie.
    Während sie den Hof überquerten, konzentrierte sie sich auf die kleinen Dinge: Sie krallte die Zehen in die Schuhe, um sie nicht zu verlieren. Sollte sie nicht umgebracht werden, würde sie die Schuhe noch brauchen.
    »Adrian«, rief LeBreton. »Wir haben einen Gast.«
    Der Dienstjunge trat zwischen weißen Pflanztöpfen und zerrupften Palmen hervor. Er war dunkel, schlank und mürrisch – so übel gelaunt wie ein Flaschengeist, der von seinem ungeduldigen Meister herausgerufen wurde. Er schien keineswegs überrascht, als er seinen Herrn mit einer widerspenstigen Frau im Schlepptau sah. Was bestimmt kein gutes Zeichen war.
    LeBreton blieb einen Schritt hinter ihr, während der Junge mit einem Bündel Palmwedel das Glas von den Fliesen fegte, wobei er leicht hinkte. Er war ein hübscher Junge, ganz im Gegensatz zu seinem Herrn, der so hässlich wie die Sünden war, von denen er zweifellos schon etliche begangen hatte.
    Als ein Teil der Fläche frei war, zog LeBreton seinen Mantel aus und breitete ihn schwungvoll vor ihren Füßen am Boden aus. Da gab es so eine Geschichte … Ein Höfling einer früheren englischen Königin hatte seinen Mantel vor dieser Königin ausgebreitet, damit sie trockenen Fußes die morastige Straße überqueren konnte. Der Name der Königin lautete Elizabeth. Der des Höflings fiel ihr nicht ein.
    »Setzen Sie sich. Und werden Sie ja nicht ohnmächtig.« LeBreton versetzte ihr einen Stoß gegen die Schultern, und sie landete unsanft auf ihrem Allerwertesten. Es war ihr schleierhaft, warum er sich die Mühe machte, Anweisungen zu erteilen, wenn er sie dann doch herumschubste.
    Eine Zeit lang kann Angst eine Stütze sein, doch sie ist ein falscher Freund. Wenn sie verschwindet, nimmt sie alle Kraft mit sich. Ein Schauder kroch ihr über den Rücken. Ihre Sicht verdunkelte sich. Das Wischen des Behelfsbesens und Kratzen stiebender Glasstückchen klang immer ferner. Sie hatte das Gefühl, in einen Traum zu stürzen. Allerdings keinen schönen Traum.
    Den Männern und Frauen von La Flèche hatte sie unüberschaubare Risiken zugemutet, ihnen Stärke und kluges Handeln abverlangt. Sie hatte ihnen versichert, dass man alles ertragen konnte.
    Nun war es an ihr, herauszufinden, wie viel Wahrheit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher