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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof
Autoren: Ulrike Schweikert
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wurde, betrachtete die beiden jungen Männer. Sie kannte sie seit Langem, genauso wie ihre Väter, von denen der eine ein Metzger war, der im Rat saß, und der andere eine gutgehende Silberschmiede besaß. Sie waren leichtsinnig, dem Wein, den Würfeln und den Weibern zugetan, aber sie waren nicht bösartig. Else glaubte ihnen.
    Ein Mann trat hinter dem Wandschirm hervor und ordnete seine verblichene Kutte. Die Eselswirtin wünschte dem Vikar eine gute Nacht. Kurz darauf war auch der zweite Kunde so weit, dass er sich sein Wams wieder schnüren ließ. Der Ger ber, der mit Weib und vier Kindern hier in der Pleichacher Vorstadt wohnte, ging gähnend hinaus. Die Wirtin wandte sich wieder an die beiden Freunde.
    »Nun, ihr beiden, wenn ihr schon einmal hier seid, dann kann ein wenig Entspannung nach dieser Unannehmlichkeit nicht schaden.« Robert nickte zustimmend.
    »Wein? Ein wenig Wurst und Brot? Ein kleines Würfelspiel oder eines der Mädchen?«
    Ein Mädchen?«, rief Robert übermütig. »Wir wollen alle! Und ein ganzes Dutzend Krüge Wein dazu!« Er warf die Kette mit dem Medaillon auf den Tisch, dass es neben den nassen, schlammigen Füßen der Bewusstlosen liegen blieb. Die Eselswirtin griff danach, rückte eine Öllampe näher und betrachtete das Schmuckstück mit gierigem Blick. Dann sah sie misstrauisch den jungen Mann an.
    »Ist das dein Eigen? Ich will nicht hoffen, dass, wenn ich es annehme, mir morgen ein wütender Vater die Tür eindrückt oder gar der Schultheiß mein Haus nach gestohlenem Gut durchsucht.«
    »Willst du mich beleidigen, elendes Kupplerweib?« Robert stemmte drohend die Hände in die Hüften.
    Die Augen der Wirtin blitzten, dennoch senkte sie demütig den Blick. »Nein, nichts läge mir ferner. Nehmt euch heute Nacht, was ihr haben wollt.«
    Robert klatschte erfreut in die Hände und winkte seinem Freund zu. »Nun dann, lass deinen großen Worten auch große Taten folgen. Ich warte gespannt!«
    Wilhelm grinste zurück. »Nun gut, ich fange mit Mara und Gret an. Kommt her, meine Schönen, und lasst uns zuerst einen Becher Wein zusammen leeren.«
    Die beiden Dirnen ließen sich nicht lange bitten. Mara holte einen Krug, dann zogen sie den jungen Mann auf eine strohgefüllte Matratze, die von schmuddeligen Decken und Kissen bedeckt war. Bevor Wilhelm Grets Küsse erwiderte, warf er noch einen Blick zu der Wirtin, die auf die nun von einer Decke verhüllte Gestalt niederblickte.
    »Was wird mit ihr geschehen?«, wollte er wissen.
    »Ich lasse den Bader holen, vielleicht wacht sie wieder auf. Denk nicht mehr daran, und überlass dich deinen wohlverdienten Freuden.«
    Wilhelm nickte und ließ sich von Mara auf die Kissen niederdrücken. Er sah noch, wie Robert mit den anderen beiden hinter dem Wandschirm verschwand. Die Männer, die am Tisch gesessen hatten, verabschiedeten sich, drückten die geforderten Münzen in die vorgestreckte Hand der Wirtin und verließen dann das Frauenhaus.
    Else wartete, bis die beiden jungen Männer sich nur noch um die Mädchen und den Wein kümmerten, dann schob sie den Arm unter den Nacken der Bewusstlosen.
    »Anna, nimm ihre Füße!«, befahl sie der Dirne, die den Vikar bedient hatte.
    Sie trugen die Reglose um einen zweiten Wandschirm herum und legten sie auf eines der beiden Betten, die dahinter standen. Die Laken waren fleckig und rochen nach Schweiß und vergossenen Körpersäften. Else rückte eine Lampe heran.
    »Meisterin, erkennst du sie?«, fragte Anna und beugte sich, die Stirn gerunzelt, über das bleiche Gesicht.
    Die Wirtin schüttelte den Kopf. »Du etwa?«
    Anna verneinte. »Sie kann nicht von hier sein. Zumindest nicht von der Pleichach.«
    Else stimmte ihr zu. »Aber wo kommt sie dann her? Und was hat sie nackt in unserem Stadtgraben verloren?«
    »Das kann sie uns erzählen, wenn sie aufwacht. - Sie wird doch wieder aufwachen?« Die kleine Frau mit dem unscheinbaren mausbraunen Haar sah fragend auf. Else zuckte mit den Schultern.
    »Kann ich nicht sagen.« Sie schob die Decke ein Stück zur Seite. »Sieh dir die Flecken am Hals und an der Schläfe an. Und dort im Haar ist ein Riss in der Haut. Es ist noch völlig mit Blut verschmiert. Jemand hat sie gewürgt, und sie hat mindestens zwei Schläge auf den Kopf bekommen.«
    »Soll ich den Bader holen?«, fragte Anna.
    Die Frauenhauswirtin überlegte. Der Bader tat nichts umsonst. Schon gar nicht nachts nach einem halb erwürgten und niedergeschlagenen Mädchen sehen. Andererseits, vielleicht
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