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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof
Autoren: Ulrike Schweikert
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Dinge in nur drei Kutschen unterbringen?«
    Geradina fiel in das Gejammer ein, erntete aber von Johann von Brunn einen missmutigen Blick. »Sei still. Das Geheule eines Weibes ist das Letzte, was ich heute noch ertragen kann«, sagte er barsch. Beleidigt schloss Geradina den Mund und erhob sich.
    »Dann gehe ich jetzt packen.«
    »Weshalb?«, fragte der abgesetzte Bischof erstaunt. »Wirst du die Burg so schnell verlassen? Wo willst du hin?«
    Irritiert blieb Geradina stehen. »Mit Euch auf den Zabelstein, wohin sonst? Mein Platz ist an Eurer Seite!«
    Johann von Brunn schüttelte den Kopf. »Mich kannst du nicht begleiten. Meinst du etwa, in meinen drei Kutschen ist auch noch Platz für dich und deinen unnützen Weiberkram?«
    Geradina zuckte zusammen. Ihr Gesichtsausdruck zeigte sprachloses Entsetzen. Zum ersten Mal empfand Elisabeth so etwas wie Mitleid mit der Mätresse ihres Vaters.
    »Dann ist das das Ende?«, presste sie hervor.
    »Falls du einen anderen Weg findest, gut, dann magst du zu mir auf den Zabelstein kommen«, sagte Johann von Brunn. Mit einer wegwerfenden Handbewegung entließ er sie und widmete sich wieder seiner Wildpastete.
    Es wurde spät. Nach und nach verließen die Ritter und Geistlichen den Saal, obwohl Johann von Brunn noch am Tisch saß. Schon jetzt bekam er deutlich zu spüren, dass er nicht mehr der Bischof und Landesherr war. Er tat so, als bemerke er es nicht, doch Elisabeth sah die steile Falte auf seiner Stirn, als er mit betont fröhlicher Stimme nach mehr Wein rief. Ehe er sich völlig betrank, verabschiedete sich Elisabeth für die Nacht, um sich in ihr Gemach zurückzuziehen, als ihr Vater nach ihrer Hand griff und sie zurückhielt.
    »Wirst du mich auf den Zabelstein begleiten?«
    Elisabeth zögerte einen Moment, dann fasste sie sich ein Herz. »Nein, Vater. Nicht, um mit dir dort zu leben. Ich werde heiraten.« Nachdem ich meinem zukünftigen Gatten all meine Sünden gebeichtet habe und er mir verziehen hat, fügte sie in Gedanken hinzu. Vor ihrem Vater sagte sie das lieber nicht.
    Johann von Brunn fragte nicht weiter. Er ließ ihre Hand los und murmelte nur: »Dann muss ich dir wohl Glück wünschen.« Dann griff er nach seinem Becher, der mit schwerem, rotem Wein gefüllt war, und leerte ihn in einem Zug.
     

Epilog
    Die Chorknaben begannen zu singen. Unter ihren hellen, jubilierenden Stimmen, die sich wie die von Engeln bis unter das hohe Gewölbe des Doms erhoben, zogen die Chorherren in ihren festlichen Gewändern ein. Ihnen voran der neue Propst Hans von Grumbach. Der Schein der unzähligen Kerzen ließ Gold- und Silberstickereien aufleuchten. Die schweren Kreuze aus edlem Metall und Edelsteinen, die die Domherren um den Hals trugen, schimmerten.
    Elisabeth saß neben Albrecht auf der Kirchenbank, daneben folgten die Hauptleute und Ratgeber des neuen Pflegers des Bistums Würzburg, der heute feierlich in sein Amt eingeführt wurde. Johann von Wertheim sah gut aus, wie er dort vorn in seinem prächtigen Gewand mit ernster Miene den Feierlichkeiten beiwohnte. Als sei er ein König, der heute gekrönt werden sollte.
    Elisabeths Blick wanderte wieder zu Hans von Grumbach, der wie auf der Festung oben nicht so recht zufrieden wirkte, obwohl er nun der Erste unter den Domherren des Kapitels war. Was hätte er noch wollen können?
    Die Chorknaben schwiegen, die Domherren nahmen ihre Plätze ein. Der Propst trat vor und begann zu sprechen.
    Die Erkenntnis durchfuhr Elisabeth wie ein Blitz. Sie konnte nur mit Mühe einen Aufschrei unterdrücken.
    Diese Stimme! Deshalb war es ihr bei ihrem Klang jedes Mal heiß und kalt geworden, deshalb hatte sie sich in seiner Gegenwart stets so unsicher gefühlt.
    Was konnte er mehr wollen? Es war plötzlich alles so offensichtlich. Den Platz des Bischofs einnehmen! Er war der Auftraggeber der Ritter von Kere und von Seckendorf gewesen. Er hatte ihren Vater töten lassen wollen, um seinen Platz einzunehmen!
    Hans von Grumbach trat beiseite und überließ seinen Platz dem Pfleger des Bistums. Während Johann von Wertheim sich erhob und zu sprechen begann, ließ der Propst den Blick über die Menschen wandern, die sich heute im Dom versammelt hatten, bis er an Elisabeth hängen blieb.
    Vermutlich war ihr das Entsetzen des unvermittelten Erkennens noch ins Gesicht geschrieben. Hans von Grumbach verstand. Seine Lippen teilten sich zu einem kalten Lächeln. Lautlos formte er ein paar Worte. Elisabeth ahnte, was sie bedeuteten. Sie waren ein
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