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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof
Autoren: Ulrike Schweikert
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hatte nicht übertrieben. Es waren bestimmt sechs Dutzend Männer, von denen nicht wenige bewaffnet waren. Elisabeth sah den Ratsherrn Hans Maintaler, der bei seinen Ratskollegen stand. Er hatte heute ein besonders prächtiges Gewand gewählt und ein Schwert an seine Seite gegürtet. Plötzlich wurde Elisabeth bewusst, dass er sie erkennen könnte. Und hatte der Hauptmann nicht gesagt, es sei ein päpstlicher Legat unter ihnen? Sie reckte den Hals, konnte den alten Kirchenmann zum Glück jedoch nicht unter den Männern der Delegation entdecken. Dafür kreuzte sich ihr Blick mit dem des Domherrn von Grumbach. Sie fuhr zusammen. Er hatte sie erkannt, kein Zweifel. Er hob die Augenbrauen ein wenig unddeutete kaum merklich ein Nicken an. Überraschung konnte sie in seiner Miene nicht erkennen. Oder hielt er sie gar für die neue Mätresse? Elisabeth konnte das nicht glauben. Vielmehr war sie in ihrem Verdacht bestärkt, der Domherr habe von Anfang an Bescheid gewusst und ihren Vater auf eine entwürdigende Weise in eine Falle zu locken versucht.
    Der Bischof hat es ihm mit seiner ausschweifenden Lebensart ja auch nicht gerade schwer gemacht. Ein Kirchenmann, der sein Zölibat achtet, kann nicht in so eine Falle tappen.
    Hans von Grumbach trat vor und neigte den Kopf. Wie immer war in seiner Miene nur schwer zu erahnen, was er dachte, als sein Blick über den Bischof und sein Gefolge glitt.
    »Da das Domkapitel mich zu ihrem neuen Propst ernannt hat, ist es wohl an mir, die einleitenden Worte zu sprechen«, sagte er mit seiner angenehmen tiefen Stimme.
    Er hatte Propst Anthoni von Rothenhan abgelöst! Dennoch schien es Elisabeth, als sei er nicht zufrieden.
    »Eure Exzellenz Bischof Johann von Brunn, wir sind gekommen, weil sich nun endlich etwas ändern muss. Schon lange - ja, schon seit Ihr zu unserem Bischof gewählt worden seid - liegt vieles im Bistum Würzburg im Argen, und Ihr habt nicht gerade dazu beigetragen, die Lage zu verbessern.«
    Bischof Johann machte ein gelangweiltes Gesicht, unterbrach den neuen Dompropst aber nicht.
    »Ihr habt viele Verträge unterzeichnet und Versprechen gegeben, dass Ihr Euren Lebenswandel bessern und das Bistum nicht weiter in Schulden treiben werdet, doch nichts ist geschehen. Nun haben wir uns zusammengetan, um dem endgültig ein Ende zu setzen.«
    Er winkte zwei Männern zu, die neben ihn traten. Der erste war Elisabeth fremd. Handelte es sich um den päpstlichen Legaten? Vermutlich. Er war jünger und wirkte energischer als der, den Elisabeth im Haus des nun abgesetzten Propstes kennen gelernt hatte. Den zweiten Mann kannte Elisabeth sogar sehr gut. Es war Domherr Johann von Wertheim, Albrechts älterer Bruder. Nun entdeckte sie auch Albrecht unter den Männern, wagte jedoch nicht, ihm zuzuwinken.
    »Ihr wollt dem ein Ende setzen?«, wiederholte der Bischof. »Da bin ich aber neugierig, was Ihr Euch dieses Mal ausgedacht habt.«
    Noch immer wirkte er amüsiert. Einige der Abgesandten murmelten ärgerlich vor sich hin. Es gefiel ihnen nicht, dass der Bischof sie offensichtlich nach wie vor nicht ernst nahm. Dompropst von Grumbach dagegen ließ sich nicht anmerken, ob das Verhalten des Bischofs ihn ebenfalls erzürnte. Ruhig sprach er weiter.
    »Wir haben uns lange besprochen. Die Vertreter des Kapitels und der anderen Stifte, der bürgerliche Rat von Würzburg und die Vertreter der Landstädte. Ja, auch zahlreiche Junker der umliegenden Länder und Eure Amtsbrüder in Speyer und Mainz haben wir zu Rate gezogen - und nicht zuletzt einen Boten zum Heiligen Vater gesandt, der uns seinen Vertreter hier mit einer Antwort schickte.« Er deutete auf den Legaten an seiner Seite.
    Die Ritter des Bischofs wechselten unbehagliche Blicke. Wie sie bereits geahnt hatten, war diese große Abordnung nicht gekommen, um sich etwas zu erbitten.«
    »Wir alle sind zu dem Schluss gekommen, dass Ihr für das Land und seine Menschen nicht länger tragbar seid. Weder in weltlichen noch in geistlichen Dingen kommt Ihr Euren Pflichten nach. Das Volk hat ein Anrecht darauf, einen Landesvater zu haben, der diesen Namen auch verdient!«
    »Schön gesprochen, Domherr von Grumbach«, sagte der Bischof, seinen neuen Rang ignorierend. »Seid Ihr nun endlich fertig?«
    »Ja, ich bin fertig. Ich muss Euch nur noch bitten, die von uns vorbereitete Urkunde zu unterzeichen, in der Ihr die Regierungsgeschäfte niederlegt und sie auf den von uns bestellten Pfleger Domherr Johann von Wertheim übertragt. Ihr werdet die
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