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Die Diebe von Troja - ein Abenteuer um Heinrich Schliemann

Die Diebe von Troja - ein Abenteuer um Heinrich Schliemann

Titel: Die Diebe von Troja - ein Abenteuer um Heinrich Schliemann
Autoren: Silke Vry
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seine Finger verharrten an etwas leicht Hervorstehendem. Der Holznagel? Er musste es sein, Jannis war sich fast sicher, doch er stutzte. Dieser Gegenstand fühlte sich auffallend kühl an und er steckte nicht gerade, sondern schräg in der Wand. Jannis fühlte genauer, sehen konnte er nichts. Er umfasste die rund auslaufende Form und lockerte dann den seltsamen Gegenstand, der ungefähr die Länge eines Unterarmes besaß, aus der Erde. Plötzlich zuckte er zurück. Das, was er in seiner Hand vermutete, war ein Knochen, womöglich der eines Menschen.
    Mit einem mühsam unterdrückten Schrei schleuderte er ihn von sich und wischte sich die Hand an seiner feuchten Hose ab. Der Knochen machte ihm Angst. Warum? Was konnte ihm der Knochen eines Toten anhaben? Skorpione konnten ihm gefährlich werden, ja, und auch Anthelions, die kleinen Schlangen, die mit nur einem einzigen Bisseinen Menschen töten konnten. Der Knochen aber war harmlos, Schliemann hatte schon viele davon sammeln lassen. Dennoch stand Jannis kalter Schweiß auf der Stirn. Verzweifelt stellte er sich noch einmal auf die Zehenspitzen und blickte hoffnungsvoll nach oben. Doch es war aussichtslos, so weit er sich auch reckte, eine Rotfärbung des Himmels als Zeichen der aufgehenden Sonne konnte er nicht entdecken.
    »Uhuu, Uhuuuu ...«
    Erneut ertönte der Schrei der Eule. Jannis seufzte. Eine überaus blöde Idee war das von seinem Bruder gewesen, ein zweifaches Uhu! zu rufen, wenn er – aus welchem Grund auch immer – den Graben verlassen sollte. Eulen gab es hier in der Gegend, der Troas, einfach zu viele und sie ließen während der ganzen Nacht ihr ununterbrochenes Geschrei ertönen. Wie konnte Jannis wissen, ob es eine echte Eule war, die den Ruf ausstieß, oder sein Bruder, der in der Nähe des Grabungshauses auf ihn wartete?
    Und tatsächlich, schon im nächsten Augenblick hörte er das nächste » Uhu! Uhu! «.
    Jannis stutzte. Der Ruf klang anders als zuvor, kurz und atemlos. Er war sich jetzt sicher, so klang keine echte Eule, das konnte nur sein Bruder sein!
    Nikos wollte ihn warnen.
    Jannis musste hier weg, sofort!
    Nur wie? Keiner durfte ihn sehen! Kyrie Schliemann hatte unter Androhung höchster Strafen den Arbeitern verboten, das Grabungsgelände nach Einbruch der Dunkelheitzu betreten. Wer dabei erwischt wurde, hatte nichts zu lachen. Der Verlust der Arbeit, eine Anzeige bei der Polizei und eine saftige Geldstrafe wären die Folge und so sicher wie das Amen in der Kirche.
    Aber irgendetwas musste passiert sein, sonst hätte Nikos nicht gerufen.
    Vorsichtig tastend setzte sich Jannis in Bewegung. Aber hier, an der tiefsten Stelle des riesigen Grabens, befand er sich in einer Art Sackgasse. Um wieder an die Erdoberfläche zu gelangen, musste er die gesamte, tief in den Hügel gehauene Schlucht in ihrer ganzen Länge zurücklegen, einmal quer die Jahrtausende zurückwandern, um wieder in der Gegenwart zu landen.
    Er musste seine Hände zu Hilfe nehmen, um sich an einer der seitlichen Wände vorwärtszutasten. Vorsichtig, fast zaghaft, setzte er einen Schritt vor den anderen. Bei dem Gedanken an weitere Knochen, die womöglich in den Grabenwänden steckten, daraus hervorragten und wie Finger auf ihn zeigten, lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken und seine Hände zuckten unwillkürlich zurück.
    Plötzlich erstarrte er. Vor ihm flackerte das Licht einer Petroleumlampe, nur wenige Meter entfernt erkannte er im Schein der Flamme zwei menschliche Gestalten, zwei Männer. Sie hatten den Graben betreten und kamen nun langsam und direkt auf ihn zu.
    Für ihn gab es kein Entkommen!
    Er war gefangen.
    Ohne das leiseste Geräusch wich er vorsichtig zurück.Er fühlte sich wie ein Tier in einer Falle, die jeden Augenblick zuzuschnappen drohte. In seiner Angst duckte er sich tief auf den Erdboden, vergaß alle Gefahren, die ihm aus dem Erdreich drohten, und suchte Schutz hinter dem Rest eines kleinen Mauervorsprungs, der aus der Grabenwand herausragte. Mit angehaltenem Atem beobachtete er, wie die beiden dunklen Gestalten immer näher kamen.
    »Halt an. Hier irgendwo muss es sein!«, hörte er eine Stimme flüstern. Sie gehörte einem großen, dünnen Mann, der zügig den Graben entlangschritt, in der einen Hand die Lampe haltend und mit der anderen eine große Spitzhacke vor sich herstemmend.
    Jannis versuchte, im Schein des Lichtes, das Gesicht des Fremden zu erkennen, doch dessen Kopf war durch ein großes Tuch verhüllt, das nur die Augen und
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