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Die Diebe von Troja - ein Abenteuer um Heinrich Schliemann

Die Diebe von Troja - ein Abenteuer um Heinrich Schliemann

Titel: Die Diebe von Troja - ein Abenteuer um Heinrich Schliemann
Autoren: Silke Vry
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die Nase frei ließ.
    »Bist du sicher?«, zischte der andere zurück. Er war klein und dick, hatte eine Schaufel geschultert und auch sein Kopf war mit einem dunklen Stoff umschlungen.
    Die beiden blieben stehen und ließen ihr Werkzeug auf den Boden fallen. Der Dünne begann im Schein der Lampe, den Boden und die rechte Seitenwand des Grabens abzutasten.
    »Warte! Gleich hab ich’s«, erwiderte er und fing an, Erde aus der Seitenwand zu kratzen. »Seltsam, ich hätte schwören können, dass ich genau hier ... Oder war es doch noch ein Stück weiter?«
    Mit ausgestrecktem Arm hob er die Laterne über seinenKopf und ging einige Schritte weiter in die Richtung, in der Jannis auf dem Boden kauerte und mit angehaltenem Atem flehende Gebete an die Agia Maria – die Muttergottes – und alle möglichen anderen Heiligen ausstieß.
    »Kannst du dich vielleicht ein bisschen beeilen? Wir haben nicht ewig Zeit!« Der Dicke wurde sichtlich nervös: »Es dauert nicht mehr lange, bis die Sonne hinter den Hügeln aufgeht und der Muezzin sein Allahu akbar vom Turm der Moschee brüllt. Bevor es von gläubigen Frühaufstehern wimmelt, will ich wieder zu Hause sein. Ich will hier mit heiler Haut rauskommen, ohne gesehen zu werden, und nicht auch noch einen Mord begehen müssen, hast du mich verstanden?«
    »Halt doch mal endlich die Klappe!«, entgegnete der andere, der sich bei seiner Suche nicht aus der Ruhe bringen ließ. »Glaubst du, ich bin scharf darauf, die nächsten Jahre im Gefängnis zu verbringen oder mein Leben am Strick zu beenden?«
    »Nein, hoffentlich genauso wenig wie ich. Aber hoffentlich läuten schon bald die Glocken, dann ist alles andere vergessen ...«
    Jannis verstand nicht, wovon der Dicke redete, aber dessen raues Lachen ließ ihn Schlimmes vermuten. Wenn die zwei Männer ihn hier entdecken würden, wäre das sein Ende, so viel stand fest.
    »Was haben wir denn da?«, zischte der andere plötzlich und zeigte mit ausgestreckter Hand auf den Boden vor seinen Füßen.
    Jannis erstarrte.
    »Da ist es ja! Da liegt das Holzstück doch tatsächlich noch genau an der Stelle, wo ich es hingelegt habe, um die Stelle zu markieren, die wir suchen.«
    Zufrieden stellte der Dünne die Lampe auf den Boden, nahm die Spitzhacke, holte schwungvoll aus und begann, mit Wucht ein Loch in die Seitenwand zu hauen.
    »Pass doch auf!«, schnauzte der Dicke. »Ich brauche alles unversehrt und nicht mit Beulen, die du blind hineingehauen hast!«
    Er stieß den anderen unsanft zur Seite.
    »Lass mich mal.«
    Jannis beobachtete, wie die beiden Männer vorsichtig mit bloßen Händen an der Wand herumkratzten und immer tiefer in die Erde vordrangen.
    Sie hatten eine Weile schweigend nebeneinander gearbeitet, als der Dünne etwas aus dem Erdreich zog. Bei genauem Hinsehen erkannte Jannis, dass es sich um den Rest eines alten Gefäßes, um die riesige Scherbe eines dickwandigen Tonkruges, handelte, in der Art, wie seine Mutter es als Vorratsgefäß in der Küche verwendete.
    Der Dünne nahm die flackernde Lampe in die Hand und sah zu, wie der andere mehrere kleine Gegenstände aus dem dahinter entstandenen Loch holte.
    »Na, habe ich zu viel versprochen?«, fragte der Dicke und hielt dem anderen mit erwartungsvollem Blick seine prall gefüllten Hände entgegen. Der stieß einen leisen, anerkennenden Pfiff aus, nahm einen der Gegenstände indie Hand und sagte mit gedämpfter Stimme: »Heilige Jungfrau Maria! Nein, du hast nicht übertrieben, reines Gold. Selten habe ich etwas so Schönes gesehen. Diese feinen Arbeiten, die zarten Ketten, die hauchdünnen Schmuckblätter! Das ist der Schmuck einer Königin, ach was, der Schmuck einer Göttin!« Vor Aufregung begannen seine Finger zu zittern: »Das ist genau das, wonach dieser deutsche Archäologe vergeblich sucht! Dieser Schliemann scheint wirklich zu glauben, er könnte einfach hierherkommen, im Boden wühlen und uns um unsere Schätze betrügen.«
    Er hielt mehrere goldene Schmuckstücke vor sich und betrachtete sie. Auch Jannis konnte sie im schwachen Schein der Lampe deutlich erkennen. Für einen Moment verwandelte sich seine Angst in unbändige Wut. Wie kamen diese Männer dazu, diesen kostbaren Goldschatz aus dem Boden zu reißen und ihn Kyrie Schliemann zu stehlen? Das Gold gehörte zur Grabung, es gehörte in die alte Stadt, die Schliemann suchte, und damit gehörte es doch eigentlich Schliemann selbst, oder etwa nicht?
    »Los«, befahl der Dicke, »pack alles ein!«
    Er reichte dem
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