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Die Datenfresser

Titel: Die Datenfresser
Autoren: Constanze Kurz
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Kontamination des täglichen persönlichen Informationsstroms. Längst geht es im Netz nicht mehr nur um Partizipation, Informationsaustausch und Unterhaltung. Es ist die Spielwiese vielfältiger kommerzieller Anbieter, die mit jedem Jahr mehr zum bloßen Wirtschaftsraum degradiert.
    Google will zukünftig das Mobiltelefon zum Begleiter des alltäglichen Lebens ausbauen, das aus der aktuellen Geo-Position sowie aufgezeichnetem und automatisch ausgewertetem Kommunikations- und Suchverhalten von sich aus vorausahnt, was der Nutzer als nächstes tun will – und entsprechend mit Werbung durchsetzte Empfehlungen ausspricht. Empfohlen wird dann selbstverständlich in erster Linie das Restaurant, das dafür an Google bezahlt, nicht das, welches die besten Bewertungen erhalten hat. Irgendwoher müssen die stetig steigenden Gewinne des Unternehmens von zuletzt fast zwei Milliarden Dollar pro Quartal im Jahr 2010 ja kommen. Bereits seit der Gründung von Google sind Umsatzzuwächse im zweistelligen Prozentbereich zur Regel geworden.
    Die bisher übliche Ausrede, daß Werbung doch so schlimm gar nicht sei, wird spätestens dann zur Farce, wenn man einen kritischen Blick auf die Unmengen sinnlosen Plunders wirft, der sich binnen weniger Jahre bei habituellen Online-Shop-Impulskäufern oder eBay-Junkies anhäuft. Die äußerst niedrige Kaufschwelle, kombiniert mit entlohnten Empfehlungen, Bewertungen oder gekauften Suchergebnis-Plazierungen, verringert die natürliche Hemmung, jedem Kaufimpuls sofort nachzugeben und die eigenen Bedürfnisse und Finanzen im festen Blick zu behalten. Die enorme Zunahme an Privatinsolvenzen zeigt diesen Trend seit Jahren.
    Das Herausfiltern von Werbung, um noch unverfälschte, unkontaminierte, im besten Sinne unabhängige Informationen zu bekommen, wird – wie schon in den »alten« Medien – im digitalen Raum eine Alltagsaufgabe. Hier wird derjenige, der mit seinen Daten sparsam umgeht, belohnt: Denn je weniger Informationen man über sich preisgibt, desto weniger gezielt, personalisiert und manipulierend kann die Werbung sein, desto einfacher wird auch das Erkennen oder Ignorieren. Wenn Google & Co die Netzklicker nicht über Dutzende Webseiten hinweg virtuell verfolgen und identifizieren können, werden zwangsläufig nur relativ allgemeine und nicht personalisierte Einflüsterungsversuche möglich, die nicht sehr wirksam sind.
    Entsprechend ist die Wahl des sozialen Netzwerks und anderer Kommunikationsplattformen im Netz sowie die Handhabung der dortigen Privatsphäre-Optionen nicht nur eine persönliche Entscheidung, sondern eine nach außen sichtbare Haltung zur eigenen digitalen Privatsphäre. Die voreingestellten oder empfohlenen Optionen ohne Änderungen zu übernehmen, empfiehlt sich dabei nicht. Diese sind in der Regel so ausgelegt, daß die Benutzer dazu animiert werden, mehr Fotos, Texte, Freundeslisten oder Statusmeldungen freizugeben.
    Besonders gut zu beobachten war dies bei den nach heftiger Kritik Ende 2009 geänderten Optionen bei Facebook: Der Öffentlichkeit wurde die umfangreiche Neugestaltung als Verbesserung der Kontrolle durch den Nutzer und als Fortschritt in puncto Datenschutz verkauft. In Wirklichkeit aber empfahlen die neuen Standardeinstellungen die erweiterte Freigabe der Benutzerdaten. Anders als vor der Änderung der Privatsphäre-Optionen sind nun Name, Profilbilder, Wohnort, Geschlecht, Freundeskreis und alle Seiten, von denen man angegeben hat, daß man sie gern frequentiert, öffentlich einsehbare Informationen. Gerade letzteres verdient Bedacht, denn besonders die Fan-Seiten verweisen auf politische Haltungen, Kaufinteressen und private Vorlieben.
    Es lohnt sich also gleich beim Einrichten eines Mitgliedskontos, die Einstellungen in Ruhe durchzusehen und dabei bei aller Freude über die neuen Interaktionsmöglichkeiten nicht zu vergessen, daß ein kommerzieller Anbieter eben keine freundschaftliche Community ist, sondern ein Unternehmen mit Geschäftsmodell. Entdeckt man Vorgaben, die schon anfangs Unbehagen erzeugen, hilft konsequentes Handeln: Es lohnt sich vielleicht der Vergleich mit den Konkurrenten.

Phantasiedaten
    Eine der einfachsten und wirkungsvollsten Methoden, die eigenen digitalen Identitäten zu bewahren, ist die Verwendung von Phantasiedaten. Bei Lichte betrachtet ist in den wenigsten Fällen tatsächlich die abgefragte Menge an persönlichen Daten notwendig, zu deren Eingabe allerorten aufgefordert wird. Das echte Geburtsdatum in einer
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