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Die Datenfresser

Titel: Die Datenfresser
Autoren: Constanze Kurz
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Online-Community anzugeben, dafür gibt es höchstens in jugendschutzrelevanten Fällen einen Grund. Beim Online-Shoppen, wenn tatsächlich Güter geliefert werden, also ein Paket korrekt zugestellt werden muß, gibt es einen guten Grund für den Anbieter, Adresse und Name nachzufragen, nicht jedoch den Berufsstand, Schulabschluß oder gar das Jahreseinkommen. Die Telefonnummer mag manchmal erforderlich sein, um dem Paketdienst zu helfen.
    In praktisch allen anderen Fällen – zum Beispiel bei sozialen Netzwerken, Webforen, Online-Abonnements, Club-Mitgliedschaften etc. – ist es empfehlenswert, plausible Phantasiedaten zu verwenden. Auch wenn der Anbieter selbst kein Schindluder mit den anvertrauten Daten treibt, so bleibt ein erhebliches Restrisiko bei der freiwilligen Datenmehrangabe. Datenbanken gehen jeden Tag verloren, oft durch technische Inkompetenz oder Schlamperei, aber auch durch gezielte kriminelle Aktivitäten und korrupte Mitarbeiter. Die Datensätze werden dann auf dem grauen Markt meistbietend verkauft, nicht selten an Kriminelle, die sie dann für den Identitätsdiebstahl mißbrauchen können. Auch nicht selten werden bis dato ehrliche Anbieter durch Konkurrenten übernommen, die weniger Skrupel beim Umgang mit den Nutzerdaten haben. In diesen Fällen schützt die Angabe von Phantasiedaten am effektivsten vor Schaden.
    Es mag erst einmal etwas ungewohnt erscheinen, so eine Webseite »anzulügen«. Schaut man jedoch genauer hin, ist das Verhältnis vieler Anbieter zur Wahrheit bereits von vornherein etwas gespalten. Fragt man etwa nach, wozu bestimmte detaillierte Datensätze denn eigentlich benötigt werden, kommen in der Regel Antworten wie »Das gibt der Computer so vor« oder »Damit wir Sie von Menschen mit dem gleichen Namen unterscheiden können«. In Wahrheit geht es jedoch oft um präzise Personalisierung und die schnöde Steigerung des Wertes des Datensatzes. Je mehr Detaildaten enthalten sind, desto besser für den Unternehmenswert.
    Gerade soziale Netzwerke machen es dem Benutzer aber häufig schwer, durchgehend mit Phantasiedaten zu operieren. Zum einen verbieten sie in ihren Geschäftsbedingungen die Nutzung schlichtweg, wenn man seinen Realnamen nicht angibt. Zum anderen möchte man ja schließlich von den ehemaligen Klassenkameraden gefunden werden oder für die Bekanntschaft von gestern abend ein gutes Bild abgeben, mit schönem Foto, vielen Freunden und vorzeigbaren Hobbys. Auch hier ist es jedoch empfehlenswert, die Menge der echten Daten zu begrenzen und Vorsicht walten zu lassen. Auch diejenigen, über die man schreibt oder deren Gesichter auf den eigenen hochgeladenen Fotos zu sehen sind, sollten dabei nicht vergessen werden.
    Besonders kritisch sind Umfragen, Gewinnspiele, Verlosungen und ähnliche Methoden, die ausschließlich darauf abzielen, möglichst genaue Datensätze zu erzeugen. Schon in der Offline-Welt dienten diese Veranstaltungen der eher halbseidenen Erfassung der Daten von Leichtgläubigen. Hatte sich aber in den letzten Jahren allmählich auch bis ins letzte Dorf herumgesprochen, daß die Teilnahme an Gewinnspielen nie zum Gewinn, aber immer zur Bombardierung mit Katalogen, lästigen Anrufen und Werbeschreiben für noch mehr Gewinnspiele führt, ist diese Erkenntnis im Online-Bereich noch zu wenig verbreitet, zumal nicht jedes Gewinnspiel noch wie ein solches aussieht. Sie verkleiden sich heute als nützliche Dienste oder bunte Pausenspielchen. Die Mechanismen sind jedoch genau die gleichen – nur das Risiko des Mißbrauchs ist höher. Generell gilt online wie auch im Offline-Leben: Wenn ein Angebot zu gut aussieht, ist es höchstwahrscheinlich auch nicht echt.

Die Freunde nicht verraten
    Gerade in vernetzten und verwobenen Systemen wie Facebook, die davon leben, daß die Nutzer ihre Daten gegenseitig ergänzen, benutzen, kommentieren und modifizieren, ist besondere Vorsicht geboten. Nicht nur die eigenen Daten gilt es zu behüten, allzuleicht wird auch das Leben von Freunden und Bekannten – ob absichtlich oder unabsichtlich – in Mitleidenschaft gezogen.
    Die einfachsten Fälle sind das Eintragen des Namens zu Bildern – das sogenannte Tagging. Allzu schnell wird hier der guten Ordnung halber alles und jeder erfaßt, der auf einem Partybild festgehalten wurde. Ob es demjenigen recht ist, für jeden sichtbar zu dieser Zeit an diesem Ort in Gesellschaft dieser Personen dokumentiert zu sein, während er sich vielleicht ein wenig gehenläßt, darüber
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