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Die Datenfresser

Titel: Die Datenfresser
Autoren: Constanze Kurz
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einzuschätzen, die Datenkosten und sonstigen Risiken noch nicht abzusehen. Es ist also weise, erst einmal abzuwarten, wie sich ein neuer Service entwickelt, ob die Mitgliedschaft wirklich notwendig ist und wie sich der Ruf des Anbieters in puncto Umgang mit Daten herausbildet.
    Gerade bei sozialen Netzwerken ist der Druck aus dem eigenen Umfeld manchmal groß, sich dem gleichen Dienst wie alle Freunde umgehend anzuschließen, dort ein Profil zu erstellen, Bilder hochzuladen oder Positionsinformationen zu offenbaren. Es hilft hier, die Geschichte längst untergegangener oder in der Bedeutungslosigkeit versunkener Services zu kennen. Wer erinnert sich zum Beispiel noch an Orkut, Googles ersten Versuch, ein soziales Netzwerk aufzubauen, das mittlerweile nur noch in Brasilien und Indien von Bedeutung ist. Geocities, einst der größte Anbieter für private, mit den Seiten der Freunde vernetzte Miniwebseiten wurde jüngst komplett eingestellt. Das amerikanische Unternehmen Myspace, einst geradezu der Monopoldienstleister für private Profilwebseiten und mehrere Monate Marktführer, ist außerhalb der Musiker-Szene ebenfalls in der Bedeutungslosigkeit versunken. An Dutzende andere Angebote erinnert sich mittlerweile schlicht niemand mehr, nur die Datenbanken vagabundieren fröhlich durchs Netz. Dazu kommen die kaum noch überblickbaren Übernahmen und Weiterverkäufe der Unternehmen – natürlich inklusive der Datenbestände.

Den eigenen Datenschatten ausleuchten
    Die deutschen Datenschutzgesetze enthalten weitreichende Regelungen zum Recht auf Auskunft über unsere persönlichen Daten, die bei Unternehmen und Behörden gespeichert sind. Die Nutzung dieses Auskunftsanspruches bedarf nur eines Schreibens – und leider häufig genug des Nachhakens, wenn das Ansinnen ignoriert wird. Auf den Webseiten der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder finden sich Vordrucke mit den korrekten Formulierungen für Auskunftsanfragen, auch formlose Schreiben genügen jedoch. Sehr erhellend ist es schon, sich überhaupt einmal eine Liste mit allen Unternehmen, Organisationen und Behörden zu machen, von denen man annehmen muß, daß sie Daten über einen selbst gespeichert haben. Typischerweise kommen dabei bei einem erwachsenen Deutschen zwischen achtzig und einhundert Stellen zusammen. Wenn man sich dann den Spaß macht, auch noch jeweils den in den Auskünften genannten Datenquellen hinterherzusteigen, hat man schnell eine umfangreiche neue Freizeitgestaltung für Wochen.
    Die Auskunftsrechte stoßen dort an ihre Grenzen, wo man entweder schlicht nicht ahnen kann, daß Informationen über einen selbst gespeichert sind, es keinen konkreten Personenbezug wie eine Adresse gibt oder die verarbeitende Stelle im nichteuropäischen Ausland sitzt und gar nicht auf solche Anfragen reagiert. Bei der Auswahl seiner Dienstleister und Plattformen sollte man daher darauf achten, ob diese im Geltungsbereich des deutschen Datenschutzgesetzes beheimatet sind. So antiquiert und angestaubt die derzeitigen Datenschutzregeln vielen erscheinen mögen, sind sie doch ein nützliches Werkzeug für diejenigen, die beschließen, sich um ihre Informationssouveränität zu kümmern.

Für bessere Regulierung und Transparenz aktiv werden
    Um als Mensch nicht zum bloßen Objekt, zu einer Ansammlung von verschiedenen Informationshappen zu degenerieren, lohnt es sich, den Datenfressern mit etwas Gegenwehr zu begegnen. Selbstverteidung verhindert, daß alle täglichen Informationsbrocken gesammelt, zusammengeführt und allzu dichte persönliche Profile daraus erstellt werden können. Freiwillige, vor allem korrekte Angaben unter dem eigenen Realnamen sollten einfach auf ein Minimum reduziert werden. Angenehmerweise vermindert das auch gleichzeitig die Gefahr, Opfer des nächsten Datenmißbrauchs zu werden.
    Ohne die Hilfe des Gesetzgebers wird dem digitalen Datensammelmoloch aber kaum Einhalt zu gebieten sein. Ihm gilt es Beine zu machen. Die Karlsruher Verfassungsrichter haben sich in ihren Urteilen seit 1984 immer wieder und zu vielen Aspekten der informationellen Selbstbestimmung geäußert. Die Bundesregierungen jedoch sind vor allem in den letzten Jahren dazu übergegangen, lediglich die verfassungsrechtlichen Mindestforderungen umzusetzen, anstatt die immer wieder mahnenden Worte ernst zunehmen. Die Prinzipien der Datensparsamkeit und Datenvermeidung sowie die strenge Zweckbindung gesammelter Informationen, deren gesetzgeberische Verfeinerung an
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