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Die Datenfresser

Titel: Die Datenfresser
Autoren: Constanze Kurz
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einer weniger schicken Gegend. Mit der Unterschrift des Angels wäre das neue Unternehmen auf dem Papier eine Million Euro wert, obwohl es noch kein Produkt, keinen Umsatz, nicht einmal eine Webseite gibt. Der Investoren-Vermittler gibt sich mit zwei Prozent der Unternehmensanteile zufrieden.

Nutzerprofile und Spuren aus Kekskrümeln
    Doch wie funktioniert das Geschäftsmodell von MyBelovedPet.com? Wie wird aus dem Besitzer des Vierbeiners mit Hilfe der virtuellen Plattform richtiges Geld in der Kasse des Unternehmens? Wie bekommt der Investor irgendwann sein Geld inklusive ordentlicher Gewinnmarge zurück? Und wie werden unsere drei Gründer dabei reich? Was am Haustier und seinem Besitzer ist so wertvoll, daß MyBelovedPet.com am Ende Millionen von Euro wert sein könnte? Um mit den Worten unseres fiktiven Angel-Investors zu fragen: Wie können die Daten der Benutzer monetarisiert werden?
    Die »klassische« Methode ist es, präzise Nutzerprofile zu bilden, um diese zu speichern, etwa für gezielte Werbung selbst auszuwerten oder weiterzuverkaufen. Dafür haben sich über die Jahre verschiedene Techniken etabliert, die unterschiedlich genaue Menschenprofile automatisiert erstellen.
    Die technische Grundlage dieser Nutzerprofilierung ist im ersten Schritt meist die Verwendung kleiner Dateien im Browser des Plattform-Benutzers, die Cookies genannt werden. Die Webseite von MyBelovedPet.com legt, wie praktisch alle Webseiten im Internet, bei jedem Besuch eine solche Datei auf der Festplatte der Tierfreunde ab. Darin befindet sich eine lange Ziffer oder Zeichenkette, die den Zweck hat, die Besucher voneinander zu unterscheiden und vor allem wiederzuerkennen, wenn sie nochmals auf die Webseite kommen. Der Webserver von MyBelovedPet.com fragt dazu den Browser des Nutzers, ob er schon einen Cookie von dieser Webseite gespeichert hat und, wenn ja, was darin steht. Der Webbrowser antwortet brav mit dem Inhalt des Cookies und speichert auf Anforderung des Webservers neue Daten dazu – das alles ohne Zutun des Tierfreundes.
    Das erlaubt zunächst eine sogenannte Reichweitenmessung der Webseite und die Angabe darüber, wie viele verschiedene Benutzer in einem bestimmten Zeitraum zu MyBelovedPet.com kommen. Mit Hilfe des Cookies kann man beispielsweise auch Besucher auseinanderhalten, die aus demselben Firmennetzwerk kommen und daher eigentlich die gleiche Internet-Adresse haben.
    Diese Vorgehensweise ist seit mehr als zehn Jahren üblich. In Hinsicht auf die Privatsphäre der Webseiten-Benutzer ist dies oft vordergründig unkritisch, denn selbst beim Weiterverkauf solcher Daten handelt es sich um Profile ohne Personenbezug. Es sind bloße Meßwerte ohne die Namen der Vermessenen und kleine Informationshäppchen, die für die Personalisierung der Webseite genutzt werden können. So kann MyBelovedPet.com auch von vorbeisurfenden Benutzern, die sich nicht angemeldet haben, im Cookie speichern, ob sie sich eher für Katzen oder für Pferde interessieren, und den Inhalt der Eingangsseite entsprechend anpassen.
    Allerdings sind nur wenige Informationen vonnöten, um aus Daten, die noch nicht mit Personennamen verknüpft sind, personenbezogene zu generieren. Sind etwa Angaben zum Geschlecht des Benutzers vorhanden, dazu seine Postleitzahl und das Geburtsdatum, stehen die Chancen gut, durch Abgleich mit bestehenden Datenbanken von Personen die Information abzuleiten, um wen es sich handelt.
    Das ist aber nicht alles, Mary will es nicht beim Hinterlegen von Cookies belassen und plant eine ausgedehntere Sammlung. Die kleinen Cookie-Dateien sollen es den drei Firmengründern ermöglichen, bei jedem Tierfreund zu beobachten, welche Dienste der Webseite er tatsächlich nutzt, wie oft er dies macht, wie häufig und wie lange er wo auf der Plattform verweilt.
    Natürlich plant Mary die Annahme von Cookies nicht als Option, sondern möchte daraus eine Pflicht machen. Hat also ein potentieller Interessent die Speicherung von Cookies in seinem Browser deaktiviert, wird es einen freundlichen Hinweis geben, daß diese oder jene Funktionalität der Plattform ohne die Mini-Dateien nicht möglich ist, daher stets die Cookies von MyBelovedPet.com angenommen werden müssen.
    Die Cookie-Datei kann aber nicht nur von MyBelovedPet kommen, auch Dritte können solche Dateien beim Webseiten-Besucher ablegen. Mary hat sich bereits um Kooperationspartner bemüht, was sich als leichtes Unterfangen herausgestellt hat. Werbeanbieter schließen gern solche
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