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Die Datenfresser

Titel: Die Datenfresser
Autoren: Constanze Kurz
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ebenso die qualifizierten Menschen, die sich darum kümmern, die Server am Laufen zu halten, neue Funktionen zu entwickeln, aber auch die Buchhaltung durchzusehen und die Benutzer zu betreuen. Typischerweise gibt ein großes Internetunternehmen mehr als zwei Drittel der Kosten für Mitarbeiter aus.

Information als Währung
    Ein Grund für die Datengier im Netz: Bezahlmodelle funktionieren im Internet nur in einigen wenigen Nischen. Daher sind die Informationen über die Nutzer zur neuen Währung geworden. Der Druck durch kostenlose Konkurrenten läßt dieses »Bezahlen mit Daten«-Modell florieren. »You can’t compete with free« lautet entsprechend der Schlachtruf von Google & Co. Niemand kann erfolgreich die gleiche Dienstleistung gegen Bezahlung betreiben, wenn es einen Klick weiter jemand umsonst anbietet. Es hat sich durchgesetzt, daß Anbieter Dienste ohne Bezahlung offerieren, aber im Gegenzug wertvolle Informationen bekommen und auswerten.
    Noch vor wenigen Jahren, auf dem Höhepunkt der sogenannten Dot-com-Blase, wurde die Frage nach den Einnahmen der zu Hunderten gegründeten Firmen in die ferne Zukunft vertagt. Die Unternehmen wollten in erster Linie Marktanteile gewinnen, sich als Platzhirsch positionieren, eine Marke etablieren, die Konkurrenz abhängen. Geld verdienen würde man schon irgendwie später. Wenig überraschend stellte sich bald heraus, daß auch die Blauäugigen unter den Risikofinanziers eine solche Strategie nicht unbegrenzt lange durchhalten.
    Um zu verstehen, welche ökonomische Motivation hinter den meisten Internet-Unternehmen steckt, muß man einen genauen Blick auf die Mechanismen des Risikokapitals werfen. Dabei gilt es, hinter die mit Bildern von glücklichen, dynamischen Menschen geschmückten Fassaden der Prospekte und Webseiten zu blicken, in die ungeschminkte, oft häßliche Realität der Start-ups und ihrer Finanziers.
    Ohne Kenntnis der ökonomischen Hintergründe ist es kaum möglich, die Interessen und Motivationen der Akteure nachzuvollziehen. Für sie ist der Nutzer inklusive seiner Daten nur Mittel zum Zweck, nur ihrem Profit dienlich. Die Mechanismen des Risikokapitals, des Börsengangs und der Monetarisierung von Benutzerdatenbeständen treiben die Datengier zusätzlich an. Die häufigen Fehlschläge, die dazu führen, daß die Daten in den Händen des Höchstbieters bei der Insolvenzversteigerung enden – ganz entgegen der vielleicht einstmals guten Absichten von Firmengründern –, gehören ebenso dazu wie die gängigen Methoden, die Daten der Nutzer zu Geld zu machen.

MyBelovedPet.com – Von der Idee zum Start-up
    Prinzipien und Mechanismen lassen sich am besten am konkreten Beispiel erklären. Begleiten wir dazu ein fiktives junges Internetunternehmen. Nennen wir es MyBelovedPet.com. Sein Versuch, die Marktführerschaft im Bereich Haustier-Portale zu erringen, gestattet uns einen Blick hinter die Fassaden der risikokapitalfinanzierten Datensammler. Die Einzelheiten sind realen Unternehmensgeschichten entnommen und kondensiert worden. Alle Episoden haben sich so oder sehr ähnlich in echten Firmen zugetragen.
    MyBelovedPet entstand eines Abends am Kneipentisch. Drei Freunde, Peter, Paul und Mary, die sich schon seit ihrem BWL -Studium kennen, haben keine Lust mehr, als Unternehmensberater zu arbeiten. Genug des permanenten Herumfliegens, des wochenlangen Wohnens in Hotelzimmern und der frustrierenden Nachtschichten, um mit einer Powerpoint-Präsentation die Wirtschaft zu retten. Es soll etwas Eigenes sein, eine Firma mit der Chance, die Gründer richtig reich zu machen.
    Ideen werden diskutiert, verworfen, konkretisiert. Zwischendurch wird kurz im Netz gecheckt, ob schon jemand anderes auf die gleiche Idee gekommen ist, etliche Entwürfe fallen dabei unter den Tisch. Am Ende kristallisiert sich ein Plan heraus. Es scheint eine Marktlücke zu geben.
    Bisher hat offenbar niemand die ultimative, umfassende Webseite für Haustierbesitzer angeboten. Es fehlt eine Plattform, auf der sich Mauzis Mama und Hassos Züchter über ihre lieben Tierchen austauschen, Auslaufplätze für ihre Hunde finden, sich gegenseitig Tierärzte empfehlen, eine Profilseite mit den besten Fotos für ihre Lieblinge einrichten und Tests von Haustierprodukten finden können. Auch Profizüchter vieler Tierarten sollen angesprochen werden.
    Mary kam die Idee dazu, weil sie Probleme hatte, einen Tierarzt zu finden, der auch Homöopathie für Katzen anbietet. Ihre Miez leidet seit einiger
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