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Die Datenfresser

Titel: Die Datenfresser
Autoren: Constanze Kurz
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Interessengebiete automatisiert verarbeitet und weitergegeben werden. Das erfordert aber viel Programmierarbeit und wird daher auf später vertagt.
    Ebenfalls ins Auge gefaßt hat Mary die Möglichkeit, ein Zusatzgeschäft damit zu machen, Dritten zu erlauben, kleine Applikationen und einfache Spiele auf MyBelovedPet zu integrieren. Das erhöht die Attraktivität der Plattform und verspricht, Nutzer fester zu binden. Dafür erhalten auch diese Entwickler ein Stück vom Datenkuchen.

Im Hamsterrad
    Das Grundkonzept zum initialen Generieren der Einnahmen steht also. Die Zeit vergeht nun wie im Rausch. Die drei Unternehmensgründer klappern ihre Freunde, Familien und Bekannten ab, um Programmierer, Administratoren und Gestalter für die Webseite zu finden, vielleicht sogar weitere potente Geldgeber. Das Konzept wird verfeinert, der Angel-Investor ist zufrieden.
    Notartermine werden gemacht, die Firma wird beim Handelsregister angemeldet, die erste Rate des Investors wird überwiesen. Nun müssen sich die drei Gründer aus ihrem alten Leben verabschieden. Paul ist der erste, Mary zieht nach, als letzter folgt Peter: Die Berater-Jobs, die bisher ihre Mieten und Autoleasingraten sicherten, werden gekündigt. Aus der Idee wird Ernst.
    Eine Fabriketage wird angemietet. Man ist nun eine richtige Firma. Der große Tag, als das schicke neue MyBelovedPet.com-Logo an die Tür geschraubt wird und die schrabbeligen, aber sehr preiswerten Büromöbel geliefert werden, wird mit einigen Gläsern Sekt begangen. Der Angel-Investor schickt noch seinen alten Bekannten Alexander vorbei, der nach einem langen Abend voller Vorfreude und Diskussionen zum technischen Leiter des Unternehmens erkoren wird und drei Prozent der Anteile bekommt. Es kann losgehen.
    Damit das Gründer-Ego auch was von der neuen Firma hat, werden Visitenkarten gedruckt. Paul wird Chief Executive Officer, also der Geschäftsführer. Peter macht den Chief Financial Officer, er kümmert sich weiter um Zahlen und Geld. Mary wird zum Chief Operations Officer ernannt, sie soll sich um den alltäglichen Betrieb und die Gestaltung der Webseite kümmern. Alexander darf sich künftig Chief Technology Officer nennen, verantwortlich für alles, was mit Technik zu tun hat. Mit Eifer macht sich das kleine Team an die Arbeit.
    Ehrgeizige Ziele werden gesetzt, in vier Monaten soll es eine erste Version der Webseite geben. Der Zeitrahmen ist dabei weniger von der technischen Machbarkeit diktiert als von einer einfachen Kalkulation: Das Geld des Angels reicht knapp für ein Jahr, dann geht das Licht aus. Bis dahin wird MyBelovedPet.com kaum genug Einnahmen zum eigenständigen Überleben haben, es muß also vorher ein neuer Investor her.
    Der will natürlich schon mal Beweise sehen, daß das Konzept funktioniert, die Nutzer es annehmen und reale Aussicht auf Erfolg besteht. Es gilt also, bis dahin einen Teil des Ganzen zu realisieren, vorzugsweise einen, der viel Pressewirbel und Aufmerksamkeit potentieller Nutzer und Investoren erzielt. Dazu werden die Tierbesitzerzahlen nach Segmenten recherchiert, um das Potential der zukünftigen Nutzer detaillierter abschätzen zu können.
    Die Wochen ziehen ins Land. Langsam nimmt MyBelovedPet.com Gestalt an. Man konzentriert sich auf die Funktionen, die Mary als echte Marktlücke identifiziert hat: die Möglichkeit für die Haustierbesitzer, sich und ihr Tierchen stolz und möglichst einfach mit Bildern im Netz zu präsentieren und sich über deren Besonder- und Eigenheiten, Krankheiten oder bevorzugte Spielzeuge und Nahrung auszutauschen. »So wie Facebook, aber speziell für Tierliebhaber«, umreißt Paul das Konzept gern, wenn er mit potentiellen Investoren spricht. Die Interessenten nicken anerkennend. Facebook ist durch sein Geschick, seine Mitglieder zur Preisgabe von möglichst vielen Daten zu animieren und diese für gezielte Werbung zu nutzen, in Windeseile zu einem gewinnträchtigen Unternehmen geworden. Wenn es MyBelovedPet gelingt, auch nur einen Bruchteil des Erfolges bei den Haustierfreunden zu wiederholen, stehen den drei Gründern goldene Zeiten bevor.
    Doch nach fünf Monaten ist die Webseite noch nicht fertig. Alexander flucht über die billigen, aber unzuverlässigen Lohnprogrammierer aus Osteuropa. Mary streitet sich mit den Designstudenten, die für wenig Geld die Gestaltung von MyBelovedPet als eine Art Praktikum erledigen. Sie ist unzufrieden: Alles geht zu langsam voran und ist optisch nicht cool genug.
    Zwei Monate
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