Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Datenfresser

Titel: Die Datenfresser
Autoren: Constanze Kurz
Vom Netzwerk:
Zeit unter einem nervösen Zucken am linken Auge. Nachdem sie sich durch Dutzende Internetforen und Online-Gelbe-Seiten gequält hat, die alle keine befriedigende Antwort wußten, fand sie schließlich Rat in einer Facebook-Gruppe. Die Nutzer dort hatten noch ein anderes Thema, das sie bewegte: Warum gibt es so was wie Facebook nicht für ihre Haustiere? Damit war für Mary das Konzept geboren. Es mußte nur noch ausgearbeitet werden.
    Da nun die Idee steht, werden die Aufgaben verteilt. Peter, der sich am besten mit Zahlen auskennt, wird den Businessplan schreiben. Dieser Plan ist ein Dokument, aus dem Investoren ersehen können, wieviel Geld das Unternehmen in den ersten Jahren für den Aufbau brauchen wird, wieviel Geld es wann und wodurch einnehmen will und wie es sich die Zukunft vorstellt. Peter hat bisher wenig mit Geldverdienen im Internet zu tun gehabt. Er liest sich ein wenig Wissen darüber an, wie heutzutage Online-Services finanziert werden. Alles dreht sich offenbar um den Verkauf von möglichst gezielter Werbung und die Vermittlung von Geschäften und Services, an denen die Webseite mitverdient. Das bekommen wir wohl auch hin, denkt sich Peter, und beginnt mit ein paar optimistischen Schätzwerten das Zahlenwerk zu erstellen.
    Da sie als einzige der drei ein Haustier hat, wird sich Mary an die Marktforschung machen und herausarbeiten, welche Funktionen und Möglichkeiten MyBelovedPet.com für den Anfang braucht, um möglichst schnell viele Nutzer anzulocken. Der Markt für Tierprodukte und -dienstleistungen ist im letzten Jahrzehnt enorm gewachsen. Ihre Aufgabe wird es nun auch sein, Kennzahlen dieses Marktes zu ermitteln und auszuwerten.
    Paul soll den sogenannten Elevator pitch schreiben, eine knackige Zusammenfassung der Unternehmensidee, mit der man einem künftigen Investor oder neuen Mitarbeiter in kürzester Zeit das unglaubliche Potential der Idee erläutern kann. Seinen Namen verdankt der Elevator pitch der Vorstellung, daß man als Start-up-Gründer in der Lage sein muß, seine Unternehmensidee in der Zeitspanne zu verkaufen, die man mit einem wichtigen Investor zufällig im Fahrstuhl verbringt. Außerdem wird er auf der Basis von Peters Businessplan und Marys Recherchen und Ideen eine ausführliche Investoren-Präsentation erstellen, mit der interessierte Geldgeber überzeugt werden sollen.
    Nach zwei Wochen trifft sich das Gründer-Trio wieder und debattiert die Ergebnisse. Es geht etwas langsamer voran als geplant. Neben dem Job noch ein Start-up hochzuziehen ist nicht so einfach. Paul hat schon mal informell Kontakt zu einem stadtbekannten Investoren-Vermittler aufgenommen, der durchaus Interesse zeigte. Peters Businessplan sieht schon akzeptabel aus, kritisch scheint nur die erste Phase, in der es gilt, Personal anzuheuern und möglichst schnell im Netz sichtbar zu werden – »Visibility« zu erreichen, wie es im eigens angelernten Berater-slang heißt. Mary hat eine recht gute Vorstellung davon, was der gemeine Haustierbesitzer so möchte, und bereits Skizzen entworfen, wie sie sich den Aufbau der Webseite vorstellt und welche Funktionen wohl besonders viel Zuspruch erfahren könnten. Das Konzept zur Generierung von Umsatz aus den Nutzern ist noch eher unscharf, aber da sind die drei zukünftigen Exberater optimistisch. Bisher ist ihnen noch immer etwas eingefallen.
    Einige Tage später hat Pauls Vermittler einen Kontakt zu einem sogenannten Angel-Investor hergestellt. Diese »Engel« unter den Investoren sind meist durch eigene Start-ups zu Wohlstand gekommen und investieren nun einen Teil ihres Vermögens in neue Unternehmen. Dabei ist ihre Motivation einfach: möglichst früh dabeisein, um einen möglichst großen Anteil an der Firma zu erhalten. Es besteht für den Investor ein extrem hohes Risiko, daß das Gründerteam es nicht packt und der Mammon verschwunden ist. Im besten Fall allerdings winkt als Gewinn das Mehrfache des Einsatzes, je nachdem, wie sich die Geschäftsidee am Markt entwickelt. Dreihundertfünfzigtausend Euro stellt der Angel für MyBelovedPet.com in Aussicht – vorausgesetzt, er bekommt fünfunddreißig Prozent der Anteile, und die drei schaffen es, ein überzeugendes Gesamtkonzept, idealerweise mit dem richtigen Personal für die Umsetzung, zu präsentieren.
    Mit dem Geld käme MyBelovedPet.com laut Businessplan über das erste Jahr, mit knappen Gehältern und Zwölf-Stunden-Arbeitstagen, mit gebrauchten Büromöbeln in einer alten Fabriketage irgendwo in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher