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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See
Autoren: Andrzej Sapkowski
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ab.«
     
    Zum Frühstück gab es Quark, Schnittlauch, Eier, Milch und Schwarzbrot, die von zwei jungen, stillen und nach Stärke duftenden Dienstmädchen serviert wurden. Condwiramurs aß und spürte dabei den Blick der kleinen Zauberin auf sich ruhen.
    »Der Turm«, sagte Nimue langsam, die jede Bewegung der Adeptin und beinahe jeden zum Munde geführten Bissen beobachtete, »hat sechs Etagen, davon eine unter der Erde. Deine Wohnung befindet sich im zweiten oberirdischen Stock, dort gibt es alle zum Leben notwendigen Einrichtungen. Das Parterre, wie du siehst, ist der Wirtschaftstrakt, dort liegen auch die Wohnräume der Dienerschaft. Die unterirdische Etage sowie der erste und der dritte Stock sind das Laboratorium, die Bibliothek und die Galerie. Zu allen genannten Etagen und den sich dort befindenden Räumen hast du ungehinderten Zutritt, du kannst dich ihrer und ihres gesamten Inhalts bedienen, wann und wie immer du willst.«
    »Ich habe verstanden. Danke.«
    »Die beiden oberen Stockwerke enthalten meine privaten Wohn- und Arbeitsräume. Sie sind absolut privat. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich bin in diesen Dingen äußerst heikel.«
    »Ich werde das respektieren.«
    Nimue wandte den Kopf zum Fenster, durch das man den knurrenden Herrn Ruderer sah, der schon mit Condwiramurs Gepäck fertig war und das Boot jetzt mit Angeln, Haspeln, Keschern, Senken und anderen Paraphernalien des Fischerhandwerks belud.
    »Ich bin ein wenig altmodisch«, fuhr sie fort. »Aber ich bin es gewohnt, bestimmte Dinge zu meiner ausschließlichen Verfügung zu haben. Sagen wir, die Zahnbürste. Die privaten Zimmer,die Privatbibliothek, die Toilette. Und den Fischerkönig. Versuch bitte nicht, über den Fischerkönig zu verfügen.«
    Condwiramurs hätte sich beinahe an der Milch verschluckt. Nimues Gesichtsausdruck war undurchdringlich.
    »Und falls   …«, fuhr sie fort, ehe das Mädchen die Sprache wiedergefunden hatte, »falls er versucht, über dich zu verfügen, weigere dich.«
    Condwiramurs, die endlich heruntergeschluckt hatte, nickte rasch und enthielt sich jeden Kommentars. Obwohl ihr auf der Zunge lag, dass sie sich nichts aus Fischern machte, schon gar nicht aus ungehobelten. Und solchen, deren Haare die Farbe von Weißkäse hatten.
    »Jaaa«, sagte Nimue gedehnt. »Die Einführung hätten wir also hinter uns. Kommen wir zu den konkreten Fragen. Möchtest du nicht wissen, wie es kommt, dass ich unter allen Anwärterinnen gerade dich ausgewählt habe?«
    Wenn Condwiramurs überhaupt mit der Antwort zögerte, dann nur, um nicht allzu eingebildet zu wirken. Sie kam jedoch rasch zu dem Schluss, dass gegenüber Nimue schon das kleinste bisschen an falscher Bescheidenheit zu gekünstelt klingen würde.
    »Ich bin die beste Träumerin in der Akademie«, parierte sie kalt, sachlich und ohne Prahlerei. »Und im dritten Jahr hatte ich den zweiten Rang unter den Oneiromantinnen.«
    »Ich hätte die nehmen können, die den ersten Rang hatte.« Nimue war in der Tat geradezu schmerzhaft offen. »Nebenbei bemerkt, angeboten hat man mir just diese Erstrangige, und das mit gewissem Nachdruck, denn das war anscheinend die wichtige Tochter von jemand Wichtigem. Aber was das Träumen angeht, die Oneiroskopie, da weißt du ja, liebe Condwiramurs, dass das eine ziemlich launische Gabe ist. Selbst die beste Träumerin kann ein Fiasko erleben.«
    Condwiramurs verkniff sich die Entgegnung, dass man die Fälle, in denen sie ein Fiasko erlitten hatte, an den Fingern einerHand abzählen konnte. Immerhin sprach sie mit einer Meisterin. Man muss seinen Platz kennen, Herrschaften, wie einer der Professoren an der Akademie, ein hochgelehrter Mann, zu sagen pflegte.
    Nimue lobte ihr Schweigen mit einem angedeuteten Nicken.
    »Ich habe einen Gewährsmann an der Akademie«, sagte sie nach einer Weile. »Daher weiß ich, dass du den Träumen nicht durch Betäubungsmittel nachzuhelfen brauchst. Das freut mich, denn Narkotika dulde ich nicht.«
    »Ich träume ohne irgendwelche Pülverchen«, bestätigte Condwiramurs ein wenig stolz. »Zu einer Oneiroskopie genügt es mir, wenn ich einen Anknüpfungspunkt habe.«
    »Wie bitte?«
    »Na, einen Anknüpfungspunkt.« Die Adeptin räusperte sich. »Das heißt, irgendeinen Gegenstand, der mit dem in Verbindung steht, wovon ich träumen soll. Irgendein Ding. Oder ein Bild   …«
    »Ein Bild?«
    »Hm. Mit einem Bild träume ich nicht schlecht.«
    »Aha.« Nimue lächelte. »Also wenn ein Bild dir hilft, dann
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