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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See
Autoren: Andrzej Sapkowski
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wollte so sein wie Philippa Eilhart, wie Sheala de Tancarville, wie Assire var Anahid   …«
    Beide schauten auf eine Gouache, die einen in subtiles
Chiaroscuro
gehüllten Schlosssaal darstellte, einen Tisch und daran sitzende Frauen. Legendäre Frauen.
    »An der Akademie«, fuhr Nimue fort, »an die ich es übrigens erst im zweiten Anlauf schaffte, widmete ich mich dem Mythos nur unter dem Aspekt der Großen Loge im Fach Magiegeschichte. Um etwas zu meinem Vergnügen zu lesen, fehlte mir anfangs einfach die Zeit, ich musste büffeln, um   … um Schritt zu halten mit den Töchtern von Grafen und Bankiers, denen alles zuflog, die sich über das Mädchen vom Lande lustig machten   …«
    Sie verstummte, knackte laut mit den Fingern.
    »Endlich«, fuhr sie fort, »fand ich Zeit zum Lesen, doch da stellte ich fest, dass mich die Schicksale Geralts und Ciris wesentlich weniger interessierten als in der Kindheit. Es war ein ähnliches Syndrom wie bei dir eingetreten. Wie hast du es genannt? Eheliche Verpflichtung? So war es bis zu dem Augenblick, als   …«
    Sie verstummte abermals, rieb sich das Gesicht. Condwiramurs bemerkte verwundert, dass die Hand der Dame vom See zitterte.
    »Ich war wohl achtzehn Jahre alt, als   … Als etwas geschah. Etwas, das die Legende von Ciri in mir lebendig werden ließ. Das mich veranlasste, mich ernsthaft und wissenschaftlich mit ihr zu befassen. Ihr mein Leben zu weihen.«
    Die Adeptin schwieg, obwohl sie vor Neugier fast barst.
    »Tu nicht so, als wüsstest du es nicht«, sagte Nimue bitter. »Es ist doch allgemein bekannt, dass die Dame vom See geradezu krankhaft von der Legende um Ciri besessen ist. Alle wetzen die Zungen darüber, wie diese anfangs harmlose Marotte sich zu einer Art Suchtabhängigkeit oder geradezu Manie ausgewachsen hat. An diesen Gerüchten ist viel Wahres, meine liebe Condwiramurs, viel Wahres! Und da ich dich als Assistentin ausgewählt habe, wirst auch du in Manie und Abhängigkeit verfallen. Denn ich werde das verlangen. Zumindest für die Zeit des Praktikums. Verstehst du?«
    Die Adeptin nickte bestätigend.
    »Du glaubst, es zu verstehen.« Nimue fand die Beherrschung wieder und gewann Abstand. »Aber ich werde es dir erklären. Schritt für Schritt. Und wenn es an der Zeit ist, werde ich dir alles erklären. Vorerst   …«
    Sie brach ab, schaute zum Fenster hinaus, auf den See, auf den schwarzen Fleck, der das Boot des Fischerkönigs war und sich deutlich von der golden schimmernden Wasserfläche abhob.
    »Vorerst ruh dich aus. Sieh dir die Galerie an. In den Schränken und Vitrinen findest du Alben und Kartons mit Grafiken, alle thematisch mit der Sage verknüpft. In der Bibliothek befinden sich alle Versionen und Travestien der Legende, ebenso der Großteil der wissenschaftlichen Arbeiten dazu. Widme ihnen ein wenig Zeit. Sieh sie dir an, lies ein wenig, konzentriere dich. Ich möchte, dass du Stoff zum Träumen hast. Einen Anknüpfungspunkt, wie du es nanntest.«
    »Das werde ich tun. Frau Nimue?«
    »Ja.«
    »Diese beiden Porträts   … Die nebeneinander hängen   … Ist das auch nicht Ciri?«
    »Es existiert kein Porträt Ciris«, wiederholte Nimue geduldig. »Spätere Künstler haben sie ausschließlich in Szenen dargestellt, jeder nach seiner eigenen Phantasie. Was diese Porträts angeht, so ist das linke auch die ziemlich freie Variation eines Themas, denn es stellt die Elfe Lara Dorren aep Shiadhal dar, eine Person, die die Malerin nicht gekannt haben kann. Die Malerin war nämlich die dir aus der Legende sicherlich bekannte Lydia van Bredevoort. Eins ihrer erhalten gebliebenen Ölgemälde hängt noch in der Akademie.«
    »Ich weiß. Und das andere Porträt?«
    Nimue betrachtete das Bild lange – die Darstellung eines schmächtigen Mädchens mit hellen Haaren und traurigem Blick. Gekleidet in ein weißes Kleid mit grünen Ärmeln.
    »Gemalt hat es Robin Anderida«, sagte sie, während sie sich umwandte und Condwiramurs geradezu in die Augen sah. »Wen es aber darstellt   … Das sollst du mir sagen, Träumerin und Oneiromantin. Erträume es. Und erzähl mir deinen Traum.«
     
    Meister Robin Anderida bemerkte als Erster den herankommenden Kaiser, verneigte sich. Stella Congreve, die Gräfin auf Liddertal, stand auf, machte einen Knicks und gebot mit einer raschen Geste dem in dem geschnitzten Sessel sitzenden Mädchen, es ihr gleichzutun.
    »Ich grüße die Damen.« Emhyr var Emreis nickte. »Auch dir einen Gruß, Meister Robin. Wie
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