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Die Dame aus Potsdam

Titel: Die Dame aus Potsdam
Autoren: Georg R. Kristan
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was trennend zwischen ihnen gestanden hatte.
    »Mein Gott«, flüsterte er schließlich, »wie kann man einander so verfallen sein.«
    »O Bernd, daß ich dich wieder spüren darf – ich war tot ohne dich«, flüsterte sie.
    »Jetzt hat das Leben uns wieder«, sagte er und ließ seine Finger über ihren Nacken gleiten. »Dich habe ich in jeder Frau gesucht – aber nie gefunden.«
    »Ich habe dich verraten«, schluchzte Beate.
    Er schüttelte sie. »Nein, sag das nicht – du hattest keine andere Wahl. Es waren die Stasi-Methoden, die unseren Verstand und den eigenen Willen kaputtgemacht haben. – Wir müssen erst wieder lernen zu leben.«
    »Bernd, ich habe Angst. Sie sind alle noch da, die Ehemaligen mit ihren jetzt so glatten Gesichtern, all die Zellen und Seilschaften. Sie kommen eines Tages zurück aus der Kälte, und wir erstarren wieder zu Eis. Dann wird es noch schlimmer als vorher.«
    »Nein, sie kommen nicht zurück, sie dürfen nicht zurückkommen. Auch wir, die Mitschuldigen, müssen das verhindern. – Und jetzt raus aus der Tristesse der Vergangenheit! – Unsere Gastgeber warten oben.«
    An der Etagentür mit dem blankgeputzten Messingknauf empfing Stefan Munskau die Besucherin mit einem überzogen lauten »Hallo«, das seine Verlegenheit erkennen ließ.
    Beate wußte, wie sehr ihr Make-up gelitten hatte, und fragte:
    »Darf ich mich frisch machen?«
    »Bitte, gleich drüben rechts ist die Tür.«
    Die beiden Männer warteten und tauschten belanglose Bemerkungen aus. Es dauerte nicht lange, und die drei konnten den Kreis im kleinen Salon erweitern.
    Ellen Munskau begrüßte Beate herzlich und machte sie mit den übrigen Gästen bekannt. »Herr Hartenstein und seine Lebensgefährtin Frau Mühlberg – Frau Randolf aus Potsdam. Sie fördert dort die Kultur und ist außerordentlich vielseitig. Randolfs haben ein wunderschönes Haus am Griebnitzsee, in dem wir kürzlich zu Gast sein durften.«
    Nachdem die Gläser mit Sherry gereicht waren, fuhr Ellen fort:
    »Herr Hartenstein ist Chef eines weit über die Grenzen bekannten Handelsunternehmens. Bei ihm gibt’s Kraftfahrzeugzubehör für Autos aus aller Welt. – Frau Mühlberg sorgt mit ihren süperben Sprachkenntnissen dafür, daß der Laden läuft. – Unseren Flieger Bernd Kalisch brauche ich ja nicht mehr vorzustellen.«
    Beate dankte mit ein paar leise gesprochenen Worten. Ihr fiel es immer noch schwer, Fremden gegenüber spontan zu reagieren. Jetzt kam hinzu, daß sie das soeben Gehörte mit verschwommenen Eindrücken aus einer weit zurückliegenden Zeit in Einklang zu bringen versuchte. Den Namen Hartenstein meinte sie schon einmal gehört zu haben, aber es gelang ihr nicht, ihn einem Ereignis oder einem Eindruck zuzuordnen.
    »Sind Sie allein nach Bonn gekommen?« erkundigte sich Hartensteins Lebensgefährtin.
    »Ja, mit dem Bonn-Zirkel. Die Reise wurde unter dem Stichwort Kulturaustausch organisiert. Mein Mann ist durch sein ›Special-Transports‹-Unternehmen so eingespannt, daß er für nichts anderes Zeit hat. Ich sehe ihn auch zu Hause kaum.«
    Als das Wort »Special-Transports« gefallen war, sah Hartenstein sie aufmerksam an. Es schien, als ob er zu einer Frage ansetzen würde. Doch dann preßte er kurz die Lippen zusammen und schwieg.
    In dieser Sekunde wurde Beate deutlich, daß es Valentin gewesen war, der den Namen vor längerer Zeit erwähnt hatte. Aber an das Gespräch und worum es ging, konnte sie sich nicht erinnern. – Doch jetzt hatte eine Alarmglocke angeschlagen. Silke Marino im Bus und Hartenstein hier im Haus! Beate beschloß, vorsichtig zu sein.
    »Wir hatten heute eine sehr schöne Dampferfahrt auf dem Rhein«, erzählte sie ablenkend. »Und Freunde wiederzusehen, ist ja auch eine Reise wert.« In ihrem Kopf bohrten die Gedanken weiter: Da Valentin den Namen erwähnt hatte, dürfte auch Hartenstein eine Beziehung zur alten Firma gehabt haben. Vielleicht führte er eines der auch heute noch geheimnisumwitterten Auslandsgeschäfte, die Devisen in die Wandlitzkasse gebracht hatten, um den älteren Politikern den Lebensabend zu verschönen. – Und wenn dieser Mann mit seiner Partnerin im Hause Munskau eingeladen war, dann war auch denen gegenüber Vorsicht geboten. Beates Mißtrauen war geweckt. Sie wollte unter keinen Umständen in ein Spiel hineingezogen werden, dessen Regeln sie nicht kannte. Sie hatte das Gefühl, auch Bernd warnen zu müssen.
    Erst Ellens Bitte, Platz zu nehmen und das Kalbsfilet zu genießen, löste
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