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Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Titel: Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten
Autoren: Tobias O. Meißner
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Adain ihn erreichen konnte. Der ehemalige König der Bescheidenen legte mehr Wert auf die Gesetze der Schicklichkeit als ein Dämon. So fand sich Voy in den Armen der schwarzgeflügelten Frau wieder, und Koaron saß auf den Schultern des schwarzgeflügelten Mannes.
    »So wird es gehen«, stellte Orison zufrieden fest. »Nun versucht, mir zu folgen, meine Kinder.« Er rannte los, auf allen vieren wie ein Hund, mit einer Geschwindigkeit, die es den beiden Geflügelten schwer machte, ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Unter ihm staubte die Wüste mehrere Mannslängen in die Höhe, und hinter ihm kehrte zögerlich, als wolle er sich erst vergewissern, ob die Luft wieder rein sei, der Wind in die winterliche Wüste zurück.
    Des Schlafens müde.
    Grün.
    Grün, grün, grün wie die See.
    Schon das Meer war ein Fest dieser Farbe gewesen, durcheilt von Ungetümen, manche nur ein Schatten, manche ein nassglänzender Rücken inmitten von Gischt.
    Doch die Insel war nochmals eine Steigerung. Ihr Grün leuchtete von innen heraus und war gesprenkelt mit Blüten in sämtlichen Farben. Die Wüstengewöhnten blinzelten und hatten das Gefühl, unter dem Ansturm der Buntheit erblinden zu müssen. Orison jedoch, nass noch vom Schwimmen und hinter seiner regungslosen Maske, lächelte.
    Sie landeten auf dem höchsten Gipfel, den Orison erklommen hatte, und erkundeten von dort aus Kelm zu Fuß und vermittels der Schwingen. Adain und Paner Eleod flogen Seite an Seite, während Voy und Koaron ihnen Lager bereiteten aus Palmwedeln und Blattwerk. Voy kam gar nicht über die Dicke und Fleischigkeit der Pflanzen hinweg – sie und Koaron kannten früchtetragende Gewächse nur aus den schwer zugänglichen Zuchtgärten der Besamer .
    Auf der Insel gab es Vögel in allen denkbaren Farben und Formen, selbst ganz winzige, die kaum größer waren als Hummeln. Es gab Äffchen mit großen Nasen und Äffchen, die so nasenlos waren, dass sie wie Totenköpfe aussahen. Von den Ästen hingen zottelige Faultiere. Schlanke, schwärzliche Schweine huschten in den Büschen herum und wühlten grunzend nach Knollen und Wurzeln. Einen Wasserfall fanden sie, versteckt zwischen Felsen, dessen stetes Getöse sich in Regenbögen aufzulösen schien. Alles war Farbe und Duft, betörender, überwältigender Duft, aus jedem Blütenkelch reckte er sich einem entgegen, aus jeder Frucht fiel er einen an. Adain war wie berauscht von den Formen und Geschmacksrichtungen der Obstsorten, die im Überfluss von Bäumen hingen. Paner Eleod hatte sogar Tränen in den dunklen Augen. So wie hier hatte er sich immer das Ergebnis von Eschenneks Bemühungen vorgestellt. Einen Gramwald, nur ohne Gram, schöner, leibhaftiger, lebendiger als alles, was man in Coldrin und der winterlichen Wüste kannte.
    Selbst die leuchtenden Städte des Himmels schienen über der Insel heller zu strahlen als irgendwo sonst. Vielleicht lag es daran, dass die Umgebung nicht so hell war wie die Wüste, vielleicht war auch die Luft hier anders, leichter und klarer beschaffen. Jedenfalls funkelten die Städte dicht an dicht, bildeten Formationen, Ringe, Ballungen, Nebel und dunklere Zonen. Der Himmel sah aus wie ein Teich, auf dessen Grund sich eine Epidemie von Diamanten ausbreitete. Je länger man hinschaute, desto mehr wurden es.
    Paner Eleod staunte. In den Nächten schaute er aufwärts, an den Tagen ringsumher. Weswegen führten die Menschen Krieg, wenn nicht um diese Insel? Sie allein war es wert, dass man um sie stritt. Alles andere war Irrtum.
    Und dennoch barg sogar dieses Idyll eine furchtbare Überraschung.
    An ihrem vierten Tag, als Adain sich gerade an einem Bach niedergekniet hatte, um das klare, kühle Süßwasser zwischen ihren Fingern zu spüren und leckend wie eine Hündin davon zu trinken, wurde sie von hinten von einem Speer durchbohrt. Die Waffe war primitiv, ein behauener Feuerstein auf einer Art Bambusrohr, aber nichtsdestotrotz wirksam. Der Speer, mit großer Wucht geschleudert, drang ihr zwischen die Schulterblätter, an denen ihre Flügel entsprossen, und zwischen ihren Brüsten wieder hervor. Blut quoll ihr aus der Nase, und sie fiel nach vorne, wo ihr Gesicht in rötlichen Schlieren das Quellwasser färbte. Sie schaute noch immer. Die Welt war ein Strudel von sauberen Kieseln.
    Paner Eleod, der bei ihr gewesen war, ruckte herum.
    Dort stand ein Mensch zwischen den Bäumen. Ein Mann. Nackt bis auf einen Rock, der wie aus Stroh geflochten aussah. Die Haare und der Bart lang und
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