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Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Titel: Die Daemonen 01 - Die Daemonen
Autoren: Tobias O. Meißner
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ungehemmter hingeben kann. Schon lange ärgert mich mein langweiliger Posten. Bauern zur Räson bringen. Säumige Stadtbürger verdreschen lassen. Das sind alles keine echten Taten. Keine Manneswerke. Jetzt komme ich mal raus, zu den Wasser- und Lavafontänen der Brüchigen Berge. Genauso, mein werter Matutin, genauso wie Lava und Wasser, die hoch und brüllend aufsteigen, sich vermischen, schreiend zu Dampf werden und dann ermattet und glücklich zu Boden sinken – genauso wird unsere Nacht sein.«
    »Unsere Nacht?«
    »Meine und die der Baroness, natürlich. Gott, stellt Euch doch nicht so begriffsstutzig! Es schwelt, das wundervolle Weib. Und ich senge singend in ihrem Schwelen.«
    »Und jetzt? Meldet Ihr Euch allen Ernstes bei den Ställen?«
    »Freilich! Wer könnte denn schlafen, in einer Nacht, so aufreizend wie diese? Der tierhafte, leibliche Duft der Ställe wird mir ein Vorgeschmack sein, eine Ahnung der folgenden Freuden.«
    So trennten sie sich. Faur Benesand eilte rasant in den Hof der Burg und ließ sich dort vom verdutzten Stallmeister Hafersäckchen, Bürsten und eine Heugabel aushändigen. Eiber Matutin ging, die Begegnung mit anderen Bewohnern durch geschicktes Verstecken meidend, zeitig zu Bett.
    Er lag noch lange wach und dachte nach.
    Die Baroness wollte ihn womöglich tatsächlich loswerden, hoffte darauf, dass er vom bröckeligen Rand des Schlundes in die Tiefe gleiten würde. Dass ausgerechnet dieser wahnsinnige und zu plötzlichen Bewegungen neigende Benesand ihn begleiten sollte, machte ihm zusätzliche Sorge.
    Und dann noch der König. Der König höchstpersönlich! Denn mit dem dämlichen Kind – Gott möge verhüten, dass ihm diese Bezeichnung in Gegenwart des Königs herausrutschte! – war natürlich kein Geringerer als König Tenmac III. gemeint. Seit dem unzeitigen Tod seines Vaters Tenmac II. saß nun ein sechzehnjähriger Knabe mit Oberlippenflaum und kieksender Stimme auf dem Elefantenbeinthron von Orison. Die Baroness und die übrigen acht Barone des Landes lebten auf ihren Ländereien in steter Erwartung einer unbedachten, unreifen Entscheidung ihres neuen Regenten. Erste Vorstöße in dieser Richtung hatte er bereits unternommen. Er hatte eine Verkleinerung der stehenden Baronatsheere vorgeschlagen, was von allen neun Baronen jedoch einstimmig und entrüstet abgelehnt worden war. Er hatte angeordnet, die Jagd auf Blauaugenfüchse einzustellen, weil er diese Tiere so sehr liebte. Murrend hatten die Barone ihm dieses neue Gesetz zugebilligt. Er hatte laut darüber nachgedacht, die Sklaverei einzuschränken und nicht mehr in einzelnen Haushalten, sondern allenfalls noch in großen Fertigungsstätten zuzulassen. Man munkelte, sein Berater Tanot Ninrogin habe ihn von diesem umstürzlerischen Gedanken wieder abgebracht. Ferner hatte der junge König Emissärenach Coldrin entsandt, dem unheimlichen Nebelland der Hornbewehrten. Seit über zweihundert Jahren schon hatte Orison jeglichen Kontakt mit Coldrin abgebrochen, und den meisten Einwohnern Orisons war das nur recht so. Womöglich würden die Hornbewehrten denken, dass es in Orison etwas zu holen gab, wenn jetzt plötzlich wieder Kontakt aufgenommen wurde.
    Und nun wollte Tenmac III., der unreife, überschwängliche Tenmac III. sich aus seinem sicheren Thronschloss in Orison-Stadt begeben und sich den Dämonenschlund ansehen, diesen stetigen Unruhequell im Baronat der Baroness. Eiber Matutin schauderte es alleine schon bei dem Gedanken an diesen wirbelnden, brausenden Seelenmahlstrom. Erzählte man im Volk nicht, dass die Dämonen nach einem greifen konnten und einem die Seele heraussaugten wie das weiche Innere aus einer Frucht?
    Hätte Tenmac II. nicht einfach weiterleben können? Warum musste dieser erfahrene, alles beim Alten lassende König ausgerechnet beim Eröffnen eines Hofturnieres in einer Pfütze öliger Speisesoßen ausgleiten und über den Balkon zu Tode stürzen? Hatten bei diesem Unfall nicht auch schon die Dämonen ihre Klauen im Spiel gehabt?
    Wie jede Nacht verrichtete der Heereskoordinator Eiber Matutin vor dem Einschlafen noch sein Gebet: »Gott, mache, dass es keinen Krieg gibt. Mögen die Eitelkeiten und Sticheleien der Barone sich in Wohlgefallen auflösen und einfach dem Vergessen anheimfallen. Möge unser junger König die Finger vom furchtbaren Coldrin lassen. Möge unsere hochverehrte Baroness imentscheidenden Augenblick ein einziges Mal ihr Temperament zu zügeln verstehen. Und bitte, vergiss das
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