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Die Company

Die Company

Titel: Die Company
Autoren: Robert Littell
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Selbstmorden in Russland nach dem Putsch zu sprechen – sie haben mehrmals gefragt, ob ich irgendwas darüber wüsste.«
    »Was hast du gesagt?«
    »Die Wahrheit, Jack. Ich habe ihnen gesagt, ich hätte darüber in der Zeitung gelesen. Ich habe ihnen versichert, dass die Company bei so etwas nicht die Finger im Spiel hat, solange ich am Ruder bin.« Ebby legte den Kopf schräg und taxierte seinen Freund. »Es könnte nicht sein, dass du was über diese Todesfälle weißt, was du mir noch nicht erzählt hast, Jack?«
    »Aber nein«, erwiderte er, durch und durch der Lehrling des Zauberers. »Ich schwöre es beim Grab meiner Mutter.«
     

 
Nachspiel
    Anatomie einer
Infiltration
    » Schnickschnack mein Kind! «,
    sagte die Herzogin.
    » Alles hat seine Moral,
    man muss nur ein Auge dafür haben. «
     
    LEWIS CARROLL, Alice hinter den Spiegeln
     

Vienna, Virginia,
Sonntag, 6. August 1995

    H
    och über der Stadt trieb eine lang gezogene Federwolke so träge vor dem Großen Bären vorbei, dass es aussah wie ein Film in Zeitlupe. In einer menschenleeren Straße entlang des Nottoway Park in Fairfax County, Virginia, eine Meile Luftlinie von der Stadt Vienna entfernt, beobachtete ein breitschultriger Mann in den Fünfzigern, der bei seinen russischen Kontaktleuten nur unter dem Decknamen Ramon bekannt war, die Gegend durch ein Prismenfernglas, mit dem man im Dunkeln sehen konnte. Seit Mitternacht saß er reglos auf dem Rücksitz seines Isuzu und behielt die Straßen und Wege im Auge. Gelegentlich erspähte er jemanden, der seinen Hund ausführte, dann ein Paar, das sich die ganze Zeit stritt, schließlich eine angetrunkene, torkelnde Frau unbestimmten Alters auf Stöckelschuhen, deren Klacken laut durch die stille Sommernacht hallte. Dann wieder Totenstille. Kurz nach zwei Uhr morgens sichtete er den dunklen, viertürigen Ford, in dem zwei Männer saßen. Der Wagen fuhr langsam vorbei und verschwand in einer Seitenstraße. Zehn Minuten später tauchte er aus einer anderen Richtung wieder auf. Als er das vierte Mal vorbeikam, hielt er am Bordstein der Old Courthouse Road, nicht weit vom Haupteingang des Parks. Die Scheinwerfer erloschen. Geraume Zeit blieben die beiden Männer im Ford sitzen. In regelmäßigen Abständen zündete sich einer von ihnen eine neue Zigarette an der Glut der letzten an. Um Viertel vor drei stiegen die Männer schließlich aus und gingen durch den Park zu der Holzbrücke. Der rauchende Mann blieb mit dem Rücken zur Brücke stehen und hielt Wache. Der andere bückte sich rasch und zog einen grünen Abfallsack aus Plastik aus einem Versteck unter der Brücke und schob eine Einkaufstüte aus Papier in den Spalt. Auf dem Rückweg zu ihrem Wagen rissen die beiden Männer das weiße Klebeband ab, das vertikal über einem Fußgängerschild angebracht war (das Zeichen, dass Ramon bereit war, das Paket in Empfang zu nehmen), und ersetzten es durch einen horizontalen Klebestreifen (das Zeichen, dass der tote Briefkasten beliefert worden war). Dann schauten sie sich ein letztes Mal um, stiegen, in den Wagen und fuhren davon.
    Ramon wartete noch zwanzig Minuten. Er spionierte inzwischen seit zehn Jahren für die Russen und wusste seit langem, dass dieser Augenblick der einzig Gefährliche war. Seine russischen Kontaktmänner hatten keine Ahnung, wer er war. Aufgrund der Dokumente, die er lieferte, dachten sie wohl, dass er in der Gegenspionage bei der CIA arbeitete; sie würden nie auf die Idee kommen, dass er in Wahrheit beim FBI arbeitete. Das bedeutete, dass die Amerikaner, auch wenn sie einen Maulwurf oder einen Überläufer in hoher Position enttarnten, von den Russen niemals seine Identität erfahren würden, denn die Russen kannten sie nicht. Er selbst bekleidete in seiner Abteilung einen so hohen Rang, dass er Zugang zu Computercodes und Akten hatte, die ihn frühzeitig warnen würden, falls irgendwer den Verdacht hegte, dass ein amerikanischer Maulwurf beim FBI für die Russen arbeitete.
    Ramon, der als alter Hase seines Fachs akribisch zu Werke ging, hatte die Operation von allen Seiten gründlich ausgelotet. Die einzige Möglichkeit, dass er geschnappt werden könnte, bestand beim Abholen des Geldes aus dem toten Briefkasten, und deshalb nahm er sich so viel Zeit, den Park zu beobachten, bevor er zur Tat schritt.
    Damals, Mitte der Achtzigerjahre, als er seine ersten Abfallsäcke mit Geheimnissen lieferte, war Geld das ausschlaggebende Motiv gewesen. Die Menschen um ihn herum – seine
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