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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben
Autoren: Joseph Wambaugh
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zwischen einem Konsul und einem Botschafter?«
    »Soviel ich gehört habe«, meldete sich Roscoe Rules von 7-A-85 zu Wort, »wischen sich doch diese Konsulatswichser in New York mit den Strafzetteln, die sie wegen Falschparken bekommen, nur den Arsch ab.«
    »Wenn man für die UNO arbeitet, kann man sich wirklich alles erlauben«, schimpfte Spencer Van Moot von 7-A-33.
    »Na gut, ich hoffe, ihr lest euch die schriftlichen Mitteilungen alle durch«, ergriff Lieutenant Finque wieder das Wort. Er war sich nicht recht sicher, ob er dieses Verhalten nun als Aufmüpfigkeit auffassen sollte.
    »Finques Appelle sind ungefähr so aufregend wie ein Strafzettel wegen Falschparkens«, flüsterte Francis Tanaguchi von 7-A-77 seinem Partner Calvin Potts zu.
    »Und ich Idiot habe mich noch extra vom Krankenbett erhoben, um zum Dienst zu erscheinen«, brummte Calvin.
    »Wieso, geht's deiner Freundin nicht gut?« wollte Francis wissen.
    »Aber jetzt zu wichtigeren Dingen, Männer«, fuhr Lieutenant Finque fort, während Sergeant Nick Yanov, der auf dem kleinen Podest vor den versammelten Polizisten links von ihm saß, zur Decke aufsah und mit den Fingern nervös auf den Tisch trommelte. »Ich hoffe, ihr habt euch auch bemüht, möglichst viele Pfeifen zu verkaufen. Im Vergleich mit den Jungs von der Tagesschicht haben die Leute von der Nachtschicht recht gut abgeschnitten.« Bei dieser Ankündigung lehnte Sergeant Yanov sich in seinem Stuhl zurück, und er begann, sich mit den Handrücken die Augen zu reiben, damit er nicht mitansehen mußte, wie die Männer vor ihm die Augen zur Decke wandten, die Lippen spitzten, die Köpfe schüttelten, mit den Füßen scharrten und sich den Bauch kratzten, was jedoch Lieutenant Finque, im übrigen Urheber der Trillerpfeifenverkaufsaktion, gar nicht bemerkte.
    Die Idee zu dieser Meisterleistung rührte eigentlich von einer achtzigjährigen alten Jungfer her, die sich kein einziges Basiswagentreffen entgehen ließ. Da sich Lieutenant Finque sicher war, daß die alte Dame in ihrer Verkalktheit baldigst vergessen haben würde, daß die Idee von ihr stammte, gab er sie als seine eigene aus, und so sahen sich die uniformierten Streifenpolizisten der Wilshire Station gezwungen, den Frauen, mit denen sie bei ihrer Arbeit in Berührung kamen, für fünfzig Cents schwarze Plastiktrillerpfeifen anzubieten. Sollte eine Frau auf der Straße von einem Dieb angefallen werden, sollte sie ihre Pfeife herausziehen und Alarm blasen.
    Der Erlös aus den Trillerpfeifenverkäufen kam dem Jugendarbeitsfond zu und belief sich binnen kurzem auf mehrere tausend Dollar. Lieutenant Finque hoffte, diese Idee würde ihm eine schriftliche Empfehlung von Deputy Chief Lynch eintragen, was sich auf seine Personalakte sicher nicht nachteilig ausgewirkt hätte.
    Die meisten Trillerpfeifen hatte Spermwhale Whalen verkauft; insgesamt waren es ganze sechs Stück. Allerdings hatte er die Dinger selbst erstanden und dann seinen bevorzugten Strichmädchen zusammen mit der Anweisung gegeben, einfach mal kurz in ihr Pfeifchen zu stoßen, wenn gerade ihr alter Kumpel im 7-A-1 vorbeikam und sie einen schlechten Abend hatten, so daß sie auch genausogut mal eine kleine Gratisnummer einlegen konnten.
    Es wurde zwar kein Fall bekannt, in dem eine Funkstreife durch eine solche Trillerpfeife zu Hilfe gerufen worden wäre, aber man erzählte sich, daß die Pfeife auf dem La Cienega Boulevard das Eigentum einer Frau rettete, als ein Handtaschendieb vor Lachen fast in den Rinnstein gekullert wäre, als er plötzlich eine sechzigjährige Matrone in einem Chinchillamantel vor sich hatte, die aus Leibeskräften in eine Trillerpfeife pustete, bis ihr Gesicht wie eine verfaulte Erdbeere aussah.
    »Und zuletzt noch eine kurze Anweisung, bevor wir zur Inspektion schreiten und den Dienst antreten«, schloß der Lieutenant. »Die Detektive hätten gern, daß ihr auf Wilburns Tavern in der Sixth Street ein Auge werft. Ihnen liegen Meldungen vor, daß der Besitzer seine Bardamen verprügelt. Die Mädchen haben allerdings zuviel Angst, um Anzeige zu erstatten. Offensichtlich stellte er nur Mädchen ein, die willens sind oral mit ihm zu verkehren. Und wenn sie sich nach einer Weile weigern, verprügelt und bedroht er sie. Sieben-A-Neunundzwanzig? Wie wär's, wenn Sie dort alle paar Tage mal vorbeischauen würden?«
    »Aber selbstverständlich, Lieutenant«, nickte Harold Blooguard und warf seinem grinsenden Partner Sam Niles einen kurzen Blick zu.
    Wenige
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