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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin
Autoren: Petra Durst-Benning
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Champa­gnerfahrten zu schonen.
    Während Isabelle ihre Ungeduld nur mühsam zügeln konnte, trabten sie gemächlich durch die Waldlandschaft, die zwischen Reims und dem Rebenland lag.
    Und dann war er da – der Moment, auf den sie unbewusst die ganze Reise über gewartet hatte. Der Wald lichtete sich, und vor ihnen lag die Montagne de Reims, das unendliche Meer aus Rebzeilen. Sanfte Hügel, die sich senkten und wieder hoben, saftiges Grün auf silbrig glänzendem Kreideboden und dazwischen die tiefrot blühenden Rosenstöcke.
    Ein seliges Lächeln breitete sich auf Isabelles Gesicht aus, ihre Nasenlöcher weiteten sich wie die Nüstern eines Pferdes, als der sanfte Wind den Duft der blühenden Rosenstöcke zu ihnen trug. Und wieder nahm der Zauber der Champagne sie gefangen, genauso, wie er es bei ihrer ersten Ankunft getan hatte.
    Wie unerfahren sie damals gewesen war, dachte Isabelle. Wie arrogant und hochfahrend – kein Wunder, dass Daniel sie, die Städterin, so verachtet und verspottet hatte. Viel hatte sich seitdem geändert, sie hatte sich geändert, und dazu hatte letztlich auch die Reise mit Raymond beigetragen. Nun wusste sie immerhin schon, was sie nicht wollte: ein Leben im goldenen Käfig. Dem war sie schon einmal entflogen, nie mehr würde sie sich solche Fesseln anlegen lassen. Sie brauchte solch eine Sicherheit nicht, die Weinberge, ihre Reben und ihre Freunde gaben ihr allen Schutz, den sie benötigte.
    Überall waren Weinbauern und ihre Helfer mit Hacken, Reb­scheren und anderem Werkzeug zugange. Mit kräftigen Spaten­stichen lockerten sie den Boden, vorsichtig banden sie junge Triebe fest oder knipsten überflüssige Blätter ab.
    Mit welchen Arbeiten Daniel und Claude wohl beschäftigt waren? Und was war mit der Reblaus? Unruhig rutschte Isabelle auf dem Kutschbock hin und her, sie konnte es kaum mehr erwarten, endlich anzukommen und alles zu erfahren. Nach Hause …
    Die Vorstellung war so tröstlich und ergreifend zugleich, dass Isabelle leise aufschluchzte.
    »Alles in Ordnung, Madame?«, fragte der Kutscher.
    Zu seinem Erstaunen lachte sie laut auf. Ja, jetzt war alles in Ordnung.
    Die vier Räder der Kutsche waren noch nicht zum Stehen gekommen, als Isabelle schon vom Bock sprang. Noch während der Fahrer ihr umfangreiches Gepäck ablud, öffnete sie die Haustür. Auf ihr Rufen folgte nur Stille, doch statt enttäuscht zu sein, dass zu ihrer Ankunft keine Fanfarenklänge ertönten, lächelte Isabelle. Sie wusste ganz genau, wo alle waren.
    Der Boden fühlte sich unter ihren eleganten Stadtschuhen weich wie ein Samtteppich an, der blaue Himmel mit seinen hauchzarten Federwölkchen sah aus wie gemalt, als sie ruhig in Richtung der Weinberge spazierte. Jetzt, wo sie endlich da war, verspürte sie keine Eile mehr.
    Bald darauf trat sie an die ersten Reben heran. Die Blätter waren sattgrün, die Trauben so groß wie Kirschkerne, von einem Reblausbefall war nirgendwo etwas zu sehen.
    »Gott sei Dank«, murmelte sie vor sich hin. Zumindest dieser Krug schien an ihnen vorübergegangen zu sein. Wenn es überall so gut aussah …
    Als sie von hinten Hufe sich nähern hörte, drehte sie sich um. Es war Claude mit dem Pferdegespann.
    »Madame Isabelle, Sie sind zurück, wie schön!« Abrupt hielt er die Tiere an. »Lucille und die kleine Margerite sind bei Daniel und den anderen in den Weinbergen ganz hinten im Südwesten. Kommen Sie, ich fahre Sie hin!«
    Behende sprang Isabelle auf den Bock. Hinten auf der offenen Ladefläche sah sie einen großen Korb mit Brot, Wasserkaraffen, Wurst und anderen Lebensmitteln. Sie lächelte. »Haben Sie etwa während meiner Abwesenheit die Weinbergarbeiter mit Essen versorgt?«
    »Einer musste es ja tun«, knurrte Claude. »Da die liebe Lucille selbst weder Wurst noch Schinken isst, tischt sie selbiges auch nicht auf. Daniel und die Tagelöhner haben sich mächtig beschwert, als immer nur Käse und Baguette auf den Tisch kam.«
    Isabelle lachte. »Allem Anschein nach haben Sie sich während meiner Abwesenheit ja alle bestens arrangiert.« Was für Tagelöhner?, fragte sie sich gleichzeitig stumm. Nun, mit der Zeit würde sie schon alles erfahren, was wichtig war. Von Daniel …
    »Mehr noch, wir haben alle Hand in Hand gearbeitet. Aber Sie haben uns schrecklich gefehlt«, erwiderte Claude. Er blickte verlegen geradeaus und fügte ein wenig ruppig hinzu: »Jedenfalls bin ich froh, dass Sie wieder da sind.«
    »Ich bin auch froh, endlich wieder zu Hause zu sein«,
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