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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin
Autoren: Petra Durst-Benning
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Was für ein Abend!
    »Lassen Sie uns feiern«, hatte Raymond vorgeschlagen, nachdem das kaiserliche Diner zu Ende gegangen war.
    »Was genau sollen wir denn feiern? Es gibt so vieles«, hatte Isabelle kühn geantwortet und war Raymond in die elegante Bar gefolgt, die, in der Nähe der Spreeinsel und somit des Schlosses ge­legen, ein beliebter Treffpunkt der Reichen und Schönen der Stadt war. Dort hatte Raymond naturgemäß Champagner für sie bestellt. Es musste sich um einen besonderen Tropfen handeln, erkannte Isabelle, denn gleich zwei Kellner kamen an ihren Tisch, um das Getränk zu servieren. Während der eine Weinkühler und Gläser brachte, begann der Oberkellner des Etablissements mit gewichtiger Miene die Schleife des Drahtkorbs rund um den Korken aufzudrehen. Er war gerade im Begriff, die Stanniolkappe abzunehmen, als Raymond ihm die Flasche abnahm.
    »Aber, mein Herr –«, hob der Oberkellner irritiert an.
    »Danke, das mache ich«, sagte Raymond und winkte die Herren Kellner davon.
    Isabelle grinste. »Sie lassen sich das Heft nicht gern aus der Hand nehmen, nicht wahr?«
    Der Champagnerhändler lächelte. »Es ist mir ein großes Vergnügen, an unserem letzten Abend eine Flasche vom Besten für Sie zu öffnen. Das hier ist ein 1874 er Pommery – für mich der beste Champagner der letzten fünfzig Jahre!«
    »Sie haben recht, heute ist das Beste gerade gut genug«, sagte Isabelle und prostete Raymond überschwenglich zu. Die beiden Gläser schlugen klirrend gegeneinander, was von einigen Gästen mit einem missbilligenden Blick quittiert wurde. Isabelle war es gleich. Sie fühlte sich so gut wie lange nicht mehr! Dieses Hochgefühl, als sie ihren Vater einfach stehen ließen … Auf ihrem Gesicht breitete sich ein Strahlen aus, als sie sagte: »Mein Leben lang wollte mein Vater nur eins – den hohen Herren nahe sein. Und nun kommt seine nichtsnutzige Tochter an und übertrumpft ihn dabei.« Sie schüttelte den Kopf. »Mir ist immer noch schleierhaft, wie Sie es geschafft haben, am Tisch des Kaisers zwei Plätze zu ergattern.«
    »Wäre es nicht furchtbar, wenn es mir nach so kurzer Zeit schon nicht mehr gelänge, Sie zu überraschen?« Mit einem geheimnisvollen Lächeln schenkte er ihr Glas abermals voll. »Auf die neue Hoflieferantin!«
    »Ein Auftrag vom Hof des deutschen Kaisers, du lieber Himmel …« Isabelle kreischte leise auf, was ihr weitere missbilligende Blicke eintrug. Sie hob ihr Glas an die Lippen und trank hastig. »Verzeihung, aber ich bin so schrecklich aufgeregt. Wenn Vater das wüsste … In all seinen Jahren als Fabrikant hat er noch kein einziges Bettlaken an den Hof geliefert, dabei wäre das sein größter Traum.« Mit einem leichten Zittern stellte sie ihr Glas ab. Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte sich in den Arm gezwickt, um zu prüfen, ob das alles wirklich wahr war oder doch nur ein schöner Traum.
    »Wie heißt es immer? Jeder bekommt das, was er verdient«, sagte Raymond und zündete sich eine Zigarre an.
    Die erste Flasche Pommery ging so schnell zur Neige, dass Raymond eilig eine zweite bestellte. Das eiskalte, moussierende Getränk schmeckte köstlich, befand Isabelle und hatte das Gefühl, nicht genug davon bekommen zu können. Bald war auch die zweite Flasche geleert.
    Als sie die Bar zwei Stunden später verließen, war ihr mehr als ein wenig schummrig zumute. Es war eine laue Nacht, in der, obwohl Mitternacht längst hinter ihnen lag, noch viele Menschen im Licht der Straßenlaternen unterwegs waren. Verliebte Pärchen flanierten eng umschlungen über Brücken, Männer taumelten betrunken durch die Straßen, ein paar Dirnen waren auf der Suche nach einem Freier. Isabelle schaute sinnierend um sich. Sie hätte um nichts in der Welt sagen können, in welche Richtung ihr Hotel lag. Willenlos hängte sie sich an Raymonds Arm und ließ sich von ihm leiten.
    »Was würde ich nur ohne Sie tun«, flüsterte sie und schmiegte sich enger an ihn. Er legte beschützend seinen rechten Arm um sie, dann schlenderten sie langsam zum Hotel, umschwärmt von Nachtinsekten und zum leisen Plätschern des Spreewassers, das an die Ufer schlug.
    Im Foyer angekommen, blieb Isabelle wie angewurzelt stehen, schaute Raymond enttäuscht aus großen Augen an und sagte: »Von mir aus könnte die Nacht noch ewig dauern!« Sie hob den Saum ihres Ballkleides ein wenig an und begann durch die Halle zu tanzen. Gleich bei der zweiten Umdrehung wurde ihr schwindlig, und sie
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