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Die BUNTE Story

Die BUNTE Story

Titel: Die BUNTE Story
Autoren: Hubert Burda
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höchster Warte aus gerechtfertigt und erlaubte mir, den spöttischen Vorwurf aus Hamburger Redaktionen zu entkräften, »Bunte« ver-künde bloß die heile Welt.
    Meine Predigten trugen Früchte. Der Enthusiasmus für den Pursuit of Happiness schlug ein. »Bunte« wurde immer dicker, die Anzeigeneinnahmen sprudelten, und ich konnte meine teuren Redakteure bezahlen.

    Markentechnisch wusste ich, dass man »Bunte« neu positionieren musste. Das Beispiel vom »halbvollen Glas« machte die Runde.

7 Media is Art

In meinem Elternhaus wurde ich schon früh dazu angeregt, mich mit den schönen Künsten zu beschäftigen. Es ging dort bürgerlich zu. Verlag und Druckerei bildeten die Basis, aber die musischen Interessen und Fähigkeiten wurden darüber nicht vernachlässigt. Schon mein Großvater aus Böhmen beherrschte acht Instrumente und imponierte durch seine Kunst, Geschichten mit Humor zu erzählen. Diese Fähigkeit vererbte er meinem Vater.
    Der Plattenspieler in unserem Wohnzimmer war ein unerlässliches Medium. Wir hörten Lieder von Hugo Wolf, Klaviersonaten von Franz Schubert, den Klavierzyklus »Bilder einer Ausstellung« von Modest P. Mussorgski, vor allem aber alle Beethoven-Sinfonien, und zwar nur in Wilhelm Furtwänglers Interpretation.
    Die Beschaulichkeit zu Hause verdankte sich der Tatsache, dass wir die Härten der unmittelbaren Nachkriegszeit im nur wenig zerstörten Offenburg kaum zu spüren bekamen. Die Druckerei war intakt geblieben. Die Rotationsmaschine lief im nahen Lahr, und es kamen immer mehr Aufträge herein. Für den eigenen Lehrmittel-Verlag wurden Texte von Thukydides, Platon und Cicero, Goethe, Hölderlin sowie Mörike gedruckt: schöne, billige Bücher in Antiqua-Lettern auf marmoriertem Umschlagpapier. »Burda Moden« wurde erfunden, und mit der Lizenz der französischen Besatzungsmacht entstand die Zeitschrift »Das Ufer«. Auf das Maisbrot bei Kriegsende folgte das weiße Weizenbrot, und in der Kantine der Burda’schen Druckerei gab es peu à peu wieder Butter, Eier und Schweinefleisch. Ernst Jünger erwähnt in seinem Buch »Jahre der Okkupation« den Besuch bei einer gastfreundlichen Familie Burda während der Besatzungszeit. Der Maler Erich Heckel machte Station bei uns auf der Fahrt zum Bodensee.
    Der Mittelpunkt unseres musischen Zuhauses war meine Mutter Aenne. Ihre Leidenschaft galt der bildenden Kunst. Sie besuchte eifrig alle Ausstellungen des Deutschen Künstlerbundes Anfang der fünfziger Jahre, kaufte mit dem ersten übriggebliebenen Geld Bilder mit südlichen Landschaften von Hans Purrmann, symbolische Bilder von Werner Gilles und die in Ischia entstandenen Aquarelle von Hans Kuhn und Eduard Bargheer. Eine von mir sehr geschätzte Berliner Straßenlandschaft von Werner Heldt, die sie damals erworben hatte, hängt heute in meinem Münchner Büro.
    Anfang der fünfziger Jahre tobte ein Weltanschauungs-Krieg zwischen denjenigen, die gegenständlich und figürlich malten wie Hans Purrmann und Karl Hofer, und denjenigen, die sich der abstrakten Malerei zugewendet hatten wie Willi Baumeister. Meine Mutter ließ sich von keiner Partei vollends einnehmen und erwarb eben auch ein Bild von Baumeister.
    Meinen Vater zog es ebenfalls zur bildenden Kunst. Mit dem Maler Hans Kuhn – nach dem Krieg Professor an der Berliner Akademie – hatte er sich befreundet. Als die Kuppel der Offenburger Heilig-Kreuz-Kirche mit Fresken ausgemalt werden sollte, bat er Kuhn um Rat. Der schickte ihm einen jungen Maler, Werner Kunkel, der für mein Kunstempfinden eine Schlüsselrolle spielen sollte. Mit vierzehn Jahren besuchte ich ihn zwei Jahre lang jeden Tag nach der Schule in einem eigens für ihn hergerichteten Atelier im Stadtwald. Dabei brachte er mir bei, wie man perspektivisch zeichnet, Leinwände grundiert, die unterschiedlichen Pigmente zerreibt und Malöl wie Terpentin dazugibt. Werner Kunkel nahm mir die Angst vor der weißen Leinwand, so wie mir später Will Tremper die Angst vor dem Schreiben austrieb.

    Die Empfangshalle im Haus meiner Eltern heute. Rechts das Bild von Willi Baumeister, das meine Mutter 1952 kaufte.
    Wegen dieser fast akademischen Ausbildung trieb mich mit 15 Jahren der Berufswunsch um, Maler zu werden. Meine Freunde folgten einem anderen Drang und schrieben Gedichte oder besuchten – ganz avantgarde-besessen – die Donaueschinger Musiktage, in Deutschland nach wie vor eines der wichtigsten Festivals für zeitgenössische Musik.
    Doch meine Träume von einem
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