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Die Buecherfluesterin

Die Buecherfluesterin

Titel: Die Buecherfluesterin
Autoren: Anjali Banerjee
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Klempnerin.«
    » …oder falls es einen Stromausfall oder, die Götter mögen es verhindern, ein Feuer gibt.«
    » Ein Feuer?«
    » Wir haben Feuerlöscher. Außerdem finden hier abends und am frühen Morgen einige Veranstaltungen statt. Also musst du hier sein…«
    » Veranstaltungen?« Ich traue meinen Ohren nicht. Was für Veranstaltungen kann sie hier in diesem Provinznest wohl abhalten?
    » Am Mittwochvormittag kommt eine Autorin ziemlich früh zur Signierstunde…«
    » Kann Tony das nicht übernehmen?«
    » Ich wohne in Seattle«, erwidert Tony stirnrunzelnd, » und pendle mit der Fähre. Normalerweise bin ich nur unter der Woche hier, aber dieses Wochenende bleibe ich, um dir zu helfen.«
    Meine Tante tätschelt mir den Arm. » Siehst du? Tony ist sehr engagiert. Der Buchhandel ist eine Lebensaufgabe, nicht nur ein Job. Du hast doch nicht etwa geglaubt, erst erscheinen zu müssen, wenn der Laden öffnet, und zu gehen, wenn er wieder schließt?« Ihre Augenbrauen heben sich wie zwei silberne Hängebrücken.
    » Offen gestanden, ja.« Mir rutscht die Handtasche von der Schulter. Hastig ziehe ich den Riemen hoch.
    Als Tony kichert, würde ich ihm am liebsten eine runterhauen.
    Meine Tante droht mir mit einem von Ringen strotzenden Finger. » So kann man keinen Buchladen führen. Man muss Überstunden machen. In der Mansarde schlafen. Und nachts den Büchern beim Atmen zuhören.«
    » Atmende Bücher?« Bitte nicht. Meine Tante sollte besser die Zimmer saubermachen, die Fenster aufreißen, zusätzliche Lampen installieren und die neuesten Bestseller ordern.
    » Eine Vollzeitstelle also«, fügt sie hinzu.
    » Aber ich muss während meines Aufenthalts hier eine Menge für meinen richtigen… meinen anderen Job erledigen. Außerdem kriegt mein Mobiltelefon hier keinen Empfang.«
    » Wir sind hier in einem Funkloch.« Sie lächelt mir liebevoll zu. » Sie ist so beschäftigt«, erklärt sie Tony. » Sie hilft Menschen, Geld für die Altersvorsorge anzulegen.«
    » In sozial verträglichen Fonds«, ergänze ich. Und wenn ich bei meiner Rückkehr nach L. A. der Hoffmann Company keine gelungene Präsentation hinlege, könnte ich meine Stelle loswerden.
    Tony mustert mich von Kopf bis Fuß. » Einen guten Klamottengeschmack hast du ja, aber die Sachen eignen sich besser für die Stadt. In diesen hohen Hacken kannst du nicht arbeiten. Da kriegst du Fußschmerzen.«
    Die habe ich jetzt schon. » Ich habe ein Paar Turnschuhe im Koffer.«
    » Dann zieh sie an. Hoffentlich hast du auch Jeans eingepackt.«
    » Nur eine.«
    Er verdreht die Augen. » Wenn du dir keine zweite kaufst, wirst du viel Wäsche waschen müssen. Du wirst nämlich den ganzen Tag auf den Beinen sein.«
    » Ich dachte, ich helfe an der Kasse aus…«
    Tony lacht brüllend auf. » Unter welchem Felsen hast du dich eigentlich bis jetzt versteckt?«
    » Ich lebe in der wirklichen Welt.«
    Lachend legt er den Kopf in den Nacken. » Du nennst L. A. die wirkliche Welt?«
    Ich beiße mir auf die Lippe, um mir die Retourkutsche zu verkneifen. Der Schnarcher schnarcht inzwischen lauter. An der Decke flackert eine Glühbirne. Der Boden knarzt, und eine Staubwolke weht vorbei. Ich bekomme einen Niesanfall. Die nächsten Wochen werden im Schneckentempo dahinkriechen.

Kapitel 3

    D
ie Tante scheucht uns auf den Flur hinaus.
    » Schau dir die Auslage im Salon an«, sagt Tony, bevor er in ein Hinterzimmer entschwindet.
    Die Tante geht mit mir nach vorne in den Laden, wo der Staub aufwirbelt wie bei einem Sandsturm. Die in der Luft schwebenden Teilchen erschweren mir das Sehen, und ich habe das starke Bedürfnis, mich zur Tür hinaus- und die Straße hinunterzuflüchten. Sogar ohne meinen Koffer. Was kümmert mich ein Koffer, solange ich meine digitalen Gerätschaften habe?
    » Tante, hast du dir je überlegt, mehr Licht hier hereinzulassen. Und wenn du gerade dabei bist, könntest du auch Bücher mit hoher Auflage bestellen, wie die Titel, die in der Flughafenbuchhandlung stehen…«
    » Nicht schon wieder!« Meine Tante hält vor einer Schaufensterdekoration inne und stemmt die Hände indie Hüften. » Was für ein Durcheinander. Oh, Ganesh!«
    Es sind alles Klassiker von Jane Austen, Charles Dickens und Charlotte Brontë.
    » Genau hier«, fahre ich fort und zeige darauf. » Bring Ordnung hinein. Stelle die neueren Bücher mit dem Titel nach außen sichtbar auf. Du könntest auch deine Empfehlungen auf Kärtchen tippen…«
    » Du musst meinen Laden erst mal
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