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Die Bucht der schwarzen Perlen

Die Bucht der schwarzen Perlen

Titel: Die Bucht der schwarzen Perlen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sich und spürte plötzlich zwei Hände, die seinen Oberkörper abwuschen und ihn gleichzeitig streichelten.
    Verblüfft sah er auf und blickte in zwei fast schwarze Augen, die direkt über ihm waren. Dann erst sah er die langen schwarzen Haare, die schmale Nase, den lächelnden Mund und versuchte, sich aufzusetzen.
    »'Ikai! 'Ikai!« hörte er eine helle Stimme sagen. (Nein! Nein!) Die schmalen Hände drückten ihn zurück auf die Matte, und wieder ergoß sich Wasser über seinen Körper, wieder wurde er massiert und so das Salz von seiner Haut gespült.
    »Fefe hake?« (Wie geht es?) fragte die Stimme. Der Kopf verschwand aus seinem Blick, Ron stützte sich auf die Ellbogen und sah ein bezauberndes Mädchen neben sich sitzen. Ihre Augen strahlten, sie nickte ihm zu, trocknete ihre Hände an ihrem buntbedruckten Kleid ab und zeigte zur anderen Seite. Dort lagen auf Palmblättern zwei aufgeschlagene Kokosnüsse, ein paar Früchte, die er nicht kannte, ein Stück gebratenes kaltes Fleisch und drei große, gekochte Süßkartoffeln.
    »Du bist ein Engel!« sagte Ron, griff nach der ersten Kokosnuß und trank mit langen, gierigen Zügen die kühle Milch. Es war, als sauge sich ein Schwamm voll. Er spürte, wie die Erschöpfung von ihm abfiel, wie das Atmen leichter fiel und seine ausgedörrte Kehle wieder geschmeidig wurde. Er aß das Fleisch, zerkaute eine der Kartoffeln und biß dann in eine Frucht, die säuerlich schmeckte und ungemein erfrischte.
    Das Mädchen hockte neben ihm, sah ihm zu und lächelte. So schön wie sie können nur Menschen in einem solchen Paradies werden, dachte Ron und trank die zweite Kokosnuß leer. Ein Zauber ist um sie, den man nicht erklären kann. Gauguin hat versucht, dieses ganz besondere Flair zu malen, aber die Wirklichkeit ist viel schöner.
    »Danke«, sagte er. »Wer bist du?«
    Sie hob die Schultern, schüttelte den Kopf und lachte. Dann stand sie auf, sah Ron noch einmal forschend an und ging mit graziösen Schritten. So lautlos verschwand sie, daß er sich mit beiden Händen über das Gesicht fuhr, um festzustellen, daß er nicht träumte.
    Für eine geraume Weile kümmerte sich niemand um ihn. Ron wartete ab, doch als nichts geschah, stand er auf und trat ins Freie.
    Der Mann mit dem Speer saß neben dem Haus, stützte sich am Schaft ab und winkte. Begleitet von den neugierigen Blicken der Frauen und Kinder gingen sie durch das Dorf, bis sie vor einer windschiefen Hütte stehenblieben. Das Flechtdach war an einigen Stellen durchlöchert, die Lattentür hing schief in ihrer Befestigung aus Palmstricken.
    Das Oberhaupt der Insel zeigte auf die Hütte, wies mit einer einladenden Geste auf die Tür, nickte Ron zu und ging zurück ins Dorf.
    Mein neues Heim, dachte Ron. So muß ich das wohl verstehen. So freundlich ihr auch seid, meine Lieben … hier bleibe ich nicht länger als unbedingt nötig. Ihr lebt nicht auf einem anderen Stern, ihr bewohnt eine Insel, die zu Tonga gehört, und das nächste Boot, das hier anlegt, nimmt mich bestimmt wieder mit in die Zivilisation.
    Er drückte die Tür auf, betrat die Hütte, die nur aus einem einzigen Raum bestand, und blieb verwundert stehen. Sie war eingerichtet, als wäre der Bewohner nur einmal kurz weggegangen: Auf einem Tisch standen zwei Gläser und Geschirr aus bemaltem, gebranntem Ton. Ein Bett gab es und zwei Schemel, einen Schrank aus Palmenholz und eine Blechkanne auf einem schmalen Tisch, der an der Wand stand. Papiere lagen auf der Tischplatte und ein dickes, in schwarzes Leinen eingebundenes Buch. Darüber aber, an die Wand genagelt, hing ein kleines, versilbertes Kruzifix.
    »Das ist ja unglaublich!« sagte Ron in die Stille hinein und erschrak vor seiner eigenen Stimme. Er starrte auf das Kreuz, schob dann einen der Schemel heran und setzte sich an den schmalen Tisch. Noch bevor er das Buch aufschlug, wußte er, daß es eine Bibel war. Er klappte den Deckel hoch, las das Titelblatt ›Die Heilige Schrift‹ und ließ den Deckel wieder zufallen. Das silberne Kreuz vor ihm schimmerte im Licht, das durch die Löcher im Dach fiel.
    Ron blickte auf die Papiere, die den kleinen Tisch bedeckten, Blätter, mit Bleistift beschrieben, ein zerfledderter, schon teilweise vergilbter Haufen, aber die Seiten waren numeriert und noch lesbar. Er sortierte die Blätter den Seitenzahlen nach, schob die Bibel zu dem Kreuz hin und begann zu lesen.
    »Ich heiße Emanuel Richards –«, begann der Bericht, geschrieben mit einer steilen, energischen
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