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Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai
Autoren: Pierre Boulle
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an den Pfeilern gesehen habe, und diese Drähte ...«
    Er hatte sich dem Dschungel zugewandt, während Saito über den Ernst der Worte nachdachte. Der Blick von Shears wurde angespannter. Im gleichen Augenblick, da seine Faust einen Schlag von rechts nach links durchführte, sah er auf dem gegenüberliegenden Ufer einen Sonnenstrahl aufblitzen. Gleich darauf erkannte er in der Haltung des niedergekauerten Mannes die Veränderung, die er erwartet hatte.
     
    Er hatte es fertiggebracht. Es war ihm gelungen. Kein Muskel seines angespannten Körpers hatte nachgelassen, bis der Stahl fast ohne Widerstand tief eingedrungen war.
    Er hatte die zusätzlichen Bewegungen ohne zu zittern durchgeführt. Und in dem gleichen Augenblick hatte er, um die erhaltenen Instruktionen zu befolgen, und auch, weil er das würgende Verlangen spürte, sich an etwas Gegenständlichem festzuklammern, seinen linken, gekrümmten Arm um den Hals des erstochenen Feindes geschlagen. Saito hatte im Krampf zuerst die Beine von sich gestreckt und sich zur Hälfte aufgerichtet. Joyce hatte ihn mit all seiner Kraft gegen seinen eigenen Körper gepreßt, ebensosehr aus dem Wunsche, ihn zu erdrosseln, wie um das in seinen Gliedern aufsteigende Zittern zu überwinden.
    Der Japaner war daraufhin schlaff zusammengesunken. Er hatte keinen Schrei von sich gegeben. Kaum ein Röcheln.
    Joyce blieb mehrere Sekunden gelähmt unter dem Gegner liegen, der auf ihn zurückgefallen war und ihn mit seinem Blut überströmte. Er hatte die Kraft gehabt, diesen neuen Sieg davonzutragen. Jetzt war er nicht sicher, ob er genügend Kraft aufbringen könnte, um sich von ihm zu befreien. Endlich schüttelte er sich. Mit einem plötzlichen Sprung aufwärts warf er den entseelten Körper zurück, der zur Hälfte ins Wasser rollte, und blickte um sich.
    Die beiden Ufer lagen verlassen da. Er hatte triumphiert, doch der Stolz darüber zerstreute weder seinen Ekel noch sein Entsetzen. Er richtete sich mühsam auf Händen und Knien auf. Es blieben nur noch wenige einfache Handgriffe zu tun. Zuerst mußte er seine zweideutige Situation klären. Zwei Worte würden genügen. Oberst Nicholson war reglos wie versteinert über das plötzliche Geschehen stehengeblieben.
    »Offizier, englischer Offizier, Sir«, murmelte Joyce. »Die Brücke wird gleich in die Luft fliegen. Bringen Sie sich in Sicherheit.«
    Er erkannte den Ton seiner Stimme nicht wieder. Die Anstrengung, seine Lippen bewegen zu müssen, kostete ihn eine unendliche Mühe. Und da war der andere, der ihn nicht zu verstehen schien.
    »Bin englischer Offizier, Sir«, wiederholte er verzweifelt. »Force 316 aus Kalkutta. Sind hierher kommandiert. Haben Befehl, die Brücke zu sprengen.«
    Endlich gab Oberst Nicholson ein Lebenszeichen von sich.
    Ein seltsames Aufleuchten kam in seine Augen. Mit dumpfer Stimme sagte er:
    »Die Brücke zu sprengen?«
    »Entfernen Sie sich, Sir, der Zug kommt. Man wird Sie für einen Mittäter halten.«
    Der Oberst blieb immer noch vor ihm aufgepflanzt stehen.
    Dies war nicht der Augenblick, um Verhandlungen zu führen. Man mußte noch handeln. Das Keuchen der Lokomotive war undeutlich hörbar. Joyce bemerkte, daß seine Beine sich weigerten, ihn aufrecht zu halten. Er kletterte auf allen vieren auf seinen Posten zurück.
    »Die Brücke zu sprengen?« wiederholte Oberst Nicholson.
    Er hatte keine Bewegung gemacht. Mit ausdruckslosem Blick war er dem mühseligen Fortkriechen von Joyce gefolgt, als suche er den Sinn seiner Worte zu erfassen.
    Jählings rührte er sich und ging hinter ihm her. Wütend riß er den grünen Blättervorhang auseinander, der sich hinter ihm schloß, und entdeckte das Versteck mit dem Auslösegerät, auf das der andere bereits seine Hand gelegt hatte.
    »Die Brücke sprengen!« rief der Oberst noch einmal aus.
    »Bin englischer Offizier, Sir«, stammelte Joyce fast wehklagend. »Englischer Offizier aus Kalkutta… Wir haben Befehl …«
    Er brachte seinen Satz nicht zu Ende. Oberst Nicholson hatte sich auf ihn geworfen, indem er einen Wutschrei ausstieß – »Hilfe!«

8
    »Zwei Mann verloren. Einige Schäden, doch Brücke dank Heldenmut von britischem Oberst unversehrt.«
    Das war der kurzgefaßte Bericht, den Warden als einziger Geretteter bei der Rückkehr in sein Quartier nach Kalkutta absandte.
    Beim Lesen dieser Meldung fand Oberst Green, daß eine ganze Reihe von Punkten in dieser Angelegenheit dunkel blieben, und verlangte nähere Erklärungen. Warden antwortete, er
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