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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes
Autoren: Norman Spinrad
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dich davor zu bewahren, auf der Nase liegenzubleiben. Außerdem habe ich keine Lust, mit dem Kugelkopf in diesem verdammten Blechsarg eingeschlossen zu sein, während du draußen frische Luft schnappst.“
    Fraden betrachtete sie, ihre grünen, blitzenden Augen, ihren angespannten Körper, und er erkannte wieder einmal, wie sehr sie ihn wirklich liebte.
    Aber Liebe war etwas, das keiner von ihnen vor dem anderen eingestehen würde.
    „Wenn du darauf bestehst“, sagte er, „habe ich wohl keine Wahl. Du darfst mitkommen.“
    Insgeheim mußte er sich eingestehen, daß er ohnehin irgendeinen Vorwand gefunden hätte, um sie mitzunehmen. Sophia besaß mehr Mut und Verstand als drei Männer, und aus Gründen, die er sich selbst kaum eingestand, wollte er sie an seiner Seite haben. Man sollte sie sehen, aber nicht hören.
    „Eine Sache noch“, sagte er. „Ich besorge das Rede. Alles Reden. Du bist schön, gescheiht, leidenschaftlich und die Liebe meines Lebens, aber ein Diplomat, Sophia O’Hara, bist du nicht.“
     
    Die Luft von Sangre war heiß und stickig. Bart Fraden half Sophia O’Hara durch die Luftschleuse des Beiboots und fing sie auf, als sie auf die Landepiste des Raumhafens hinabsprang. Es war deutlich zu sehen, daß die Sangraner den Raumhafen seit Jahrzehnten, vermutlich länger, nicht mehr benutzt hatten. Die Betondecke der Landebahn wies tiefe Risse und Sprünge auf. Aus jeder Spalte wuchs gelbliches Unkraut in hohen Stauden; hier und da hatte sogar ein kleiner Baum einen Weg durch die zerstörten Betonplatten gefunden. Die Fenster des Kontrollturms waren zerbrochen, von allen Geräten und Gebäuden blätterte die Farbe, und am fernen Ende der Startbahn verrosteten vier altmodische Schiffe. Ein Spitzenteam von Ingenieuren könnte es vielleicht schaffen, aus Teilen dieser vier Schiffe ein flugfähiges Fahrzeug zusammenzubauen, dachte Fraden. Doch, ich hatte schon recht; sie kommen an unser Schiff nicht heran.
    „Dieses Wunderding enthält vermutlich unser Empfangskomitee“, sagte Sophia und wies mit dem Finger auf ein großes, schwarzes Bodenmobil, das ihnen quer über das Feld entgegenrumpelte. Es rollte tatsächlich auf altehrwürdigen Gummireifen, anstatt auf zeitgemäßen Luftkissen zu gleiten. Es war zwar ein altertümliches Gefährt, doch der schwarze Lack und die Messingverzierungen glänzten frisch poliert in der rötlichen Sangre-Sonne, als das Mobil mit quietschenden Reifen vor ihnen zum Stehen kam. Fraden hörte, daß das Triebwerk regelmäßig lief.
    Zwei große Männer in schwarzen Uniformen und mit schwarzen Schirmmützen sprangen aus dem hinteren Teil des Wagens, und Fraden bemerkte, daß zwei weitere Uniformträger auf der vorderen Sitzbank neben dem Fahrer saßen, der ein elend verkrüppelter kleiner Mann war und in einer Art schwarzer Livree steckte.
    Die uniformierten Männer kamen näher. Sie trugen bizarre, aber offensichtlich gut gepflegte Projektil-Gewehre. In Schnellzug-Halftern an ihren Gürteln pendelten fremdartig aussehende Waffen: siebzig Zentimeter lange Stahlstäbe, die an einem Ende in eine schwere Kugel ausliefen. Wie ein Stachelschwein war diese Kugel mit schmalen, scharfen Klingen gespickt. Fraden erkannte in diesen Waffen eine scheußliche Abwandlung des alten irdischen Morgensterns.
    Noch verwirrender aber war das Aussehen der Soldaten selbst. Beide waren groß, schlank und athletisch gebaut. Und beide hatten dünnes Haar, dessen Ansatz oben auf dem Kopf lag, sie hatten das gleiche vorspringende Kinn, die gleiche schmale Nase und kleine, tiefliegende, blaßblaue Augen, die fast farblos wirkten. Vielleicht waren sie Brüder. Aber aus einem unerklärlichen Grund war sich Fraden sicher, daß sie es nicht waren.
    „Sie sind Bart Fraden“, sagte der vorn stehende Soldat. Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, und seine Stimme hatte den gleichen beherrscht-aggressiven Klang, den die Stimme des Sangraners am Sender gehabt hatte, bevor dieser in seinen wahnsinnigen Tobsuchtsanfall ausgebrochen war.
    „Ich bin Präsident Bart Fraden vom Gürtel …“
    „Sie folgen uns, Bart Fraden“, sagte der Soldat und deutete mit dem Gewehrlauf auf die offene Tür des Bodenmobils. Fraden bemerkte plötzlich, daß die Zähne des Mannes zu nadelscharfen Spitzen gefeilt waren.
    „Sie werden sich vor das Antlitz des Propheten begeben“, sagte der andere Soldat, dessen Stimme den gleichen Klang hatte. Auch seine Zähne waren zu Spitzen gefeilt. „Sie werden sich beeilen.
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