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Die Braut des Vagabunden

Die Braut des Vagabunden

Titel: Die Braut des Vagabunden
Autoren: CLAIRE THORNTON
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entgegnete er. „Guten Abend, Mylord.“
    „Guten Abend.“ Swiftbourne sah Kilverdale nach. Zwei Söhne und ein Enkel waren bereits vor ihm dahingegangen. Er wollte nicht noch von dem Tod dieses Enkels erfahren müssen. Von allen Kindern und Enkelkindern war Kilverdale derjenige, der ihm am ähnlichsten war. Vierundsiebzig Jahre war Swiftbourne alt geworden, bei guter körperlicher und geistiger Gesundheit, und hatte sein Vermögen stets vergrößert. Er tröstete sich mit dem Gedanken, dass Kilverdale durchaus in der Lage war, es ihm gleichzutun.
    Auf seinem Weg nach draußen wurde Kilverdale mehrmals von verschiedenen seiner Freunde angesprochen – oder von jenen, die seine Freundschaft suchten. Leicht belustigt sah Swiftbourne zu, wie ein munteres Mädchen sich ihm beinahe vor die Füße warf in dem Bemühen, seine Aufmerksamkeit zu erregen. So etwas geschah bei weitem nicht zum ersten Mal. Der junge, unverheiratete und reiche Duke war das Ziel ehestiftender Eltern und ehrgeiziger Töchter, seit er vor sechs Jahren nach England zurückgekehrt war.
    Der nächste Versuch, sich ihm in den Weg zu stellen, geschah allerdings weitaus energischer. Der Earl of Windle verließ den Bassetttisch und stellte sich direkt vor Kilverdale hin. Selbst aus der Ferne konnte Swiftbourne den bedrohlichen Ausdruck in Windles Gesicht erkennen. Alle Welt wusste, dass das Vermögen des Earls sich in denkbar schlechter Verfassung befand. Seine Pläne konzentrierten sich darauf, einen reichen Gemahl für seine Tochter zu finden. Zuerst hatte er versucht, Kilverdale zu Eheverhandlungen zu überreden. Seit Kurzem aber ging er weitaus weniger subtil vor.
    „Ich bin sicher, Euer Gnaden, Ihr habt noch genug Zeit, um etwas Wein mit mir zu trinken“, sagte Windle.
    „Unglücklicherweise nicht. Bei Tagesanbruch muss ich nach Flandern aufbrechen“, erwiderte der Duke. „Ich …“ Er kniff die Augen zusammen, als Windle ihn am Ärmel packte.
    „Es wäre mir ein Vergnügen, mit Euch gemeinsam bis zur Küste zu reisen, sodass wir unser Gespräch beenden können“, sagte er.
    „Ich kann mich nicht erinnern, mit Euch ein Gespräch begonnen zu haben, das wir nicht mit einem schlichten ‚guten Abend‘ beenden könnten“, erwiderte Kilverdale und wandte sich ab.
    „Meine Güte, Kilverdale, Ihr müsst ohnehin bald eine Gemahlin nehmen!“, rief Fotherington aus. „Warum nicht Windles Tochter?“ Er blickte zwischen den beiden Männern hin und her, wohl in der Hoffnung, durch seine Einmischung ein paar interessante Funken gezündet zu haben.
    „Bei aller Höflichkeit gegenüber Lady Anne, aber ich bin bereits einer anderen versprochen“, gab Kilverdale zurück. „Gute Nacht, meine Herren.“ Er machte auf dem Absatz kehrt und ging hinaus, ehe einer der Männer etwas sagen konnte.
    Nach einem Moment der Überraschung bemerkte Swiftbourne, dass alle Blicke auf ihn gerichtet waren. Die Erklärung seines Enkels hatte ihn genauso überrumpelt wie alle anderen, aber seine Miene blieb ausdruckslos, als er sagte: „Erwartet nicht von mir, dass ich Kilverdales Geheimnisse enthülle, meine Herren. Zweifellos wird er weitere Erklärungen bieten, wenn es ihm zupasskommt.“
    „Besitzt Ihr sein Vertrauen, Mylord?“, fragte Fotherington. „Mir war nicht bewusst, dass Ihr in der letzten Zeit mit ihm auf so gutem Fuße steht.“
    Swiftbourne zog eine Braue hoch. „Es ist mir ein Vergnügen, Euch mitzuteilen, dass Kilverdale und ich mehr als nur in angemessener Weise vertraut miteinander sind, Sir“, sagte er, und es bereitete ihm besonderes Vergnügen zu sehen, wie Fotherington sich unter seinem eisigen Blick wand.
    Am Bassetttisch gab es gerade einige Aufregung, weil einer der Spieler einen größeren Gewinn erzielt hatte. Das war das Zeichen für eine allgemeine Neuordnung der einzelnen Gruppen, und gleich darauf entdeckte Swiftbourne, dass der König neben ihm stand.
    „An eine Braut gebunden oder an eine Geliebte?“, fragte Charles, und in seinen Augen funkelte es belustigt. „Beides wäre etwas Neues für Kilverdale – falls in dem, was er zu Windle sagte, überhaupt ein Körnchen Wahrheit steckte. Hoffen wir, dass er bald an den Hof zurückkehrt, sodass wir den nächsten Akt dieses Dramas genießen können.“

1. KAPITEL
    London. Freitag, den 31. August 1666
    Während Temperance dem Botenjungen durch die dunklen Straßen folgte, beobachtete sie aufmerksam ihre Umgebung. Es war beinahe Mitternacht, und die vielen geschäftigen Menschen,
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