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Die Braut des Silberfinders - historischer Roman

Die Braut des Silberfinders - historischer Roman

Titel: Die Braut des Silberfinders - historischer Roman
Autoren: Gmeiner-Verlag
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nicht selbst die giftigen
Winde einzuatmen. Auch verlangte die Positionierung des Feuers besonderes
Fingerspitzengefühl, denn die Hitze ließ beileibe nicht jeden Fels aufplatzen.
Da ihre sachkundige Arbeit eine ertragreiche Ausbeute der Minen erst möglich
machte, waren die Feuersetzer in jeder Grube gern gesehene und auch gut
bezahlte Gesellen, doch nur wenige von ihnen erreichten in Anbetracht ihres
gefährlichen Handwerks ein respektables Alter.
    Die tief stehende
Sonne warf bereits lange Schatten, als Robert und Osman nach getaner Arbeit
endlich den Stollen verließen. Und wie immer zog beiden ein wohliger Schauer
über den Rücken, da ihnen nach einem Tag unter Tage bei frostigen Temperaturen
nun wieder die warme Sommerluft eines lauen Augustabends ins Gesicht wehte. Mit
Grausen dachte Robert in diesem Moment an die vor ihnen liegenden Wintermonate,
in denen sie die Sonne gar nicht mehr zu sehen bekommen würden.
    Ein schweres Ochsengespann rumpelte an
ihnen vorüber und blieb in den tiefen Spurrillen stecken, die von den
Förderschächten des Berges zuhauf in die Stadt führten. Ohne eine Aufforderung
des Fuhrmanns abzuwarten, stemmten sich die beiden gegen den Karren und
brachten ihn wieder in Fahrt.
    Weiter führte sie ihr Weg über ein Gelände,
das trostloser kaum sein konnte. Der Rammelsberg war nahezu kahl geschlagen,
Holz wurde reichlich benötigt sowohl zum Abstützen und Sichern der Stollengänge
als auch zum Feuersetzen, und die Spurrillen, in den Berg hineingefressen von
zahllosen, schwer mit Erz beladenen Fuhrwagen, überzogen ihn wie Falten die
Stirn eines Greises. Hier schien mitten auf fruchtbarsten Boden eine Wüste zu
entstehen, von Menschenhand geschaffen.
    Vor ihnen und der
eigentlichen Stadt lag zu Füßen des Rammelsberges das Bergdorf, eingefasst durch
einen mannstiefen Graben sowie anschließendem Hagenwall. Sowohl der Graben als
auch der Wall konnten der Bergarbeitersiedlung und ihren Bewohnern kaum Schutz
bieten, dafür waren sie viel zu leicht zu überwinden. Sie bildeten wohl eher
eine natürliche Markung, die das Dorf umsäumte, mutmaßte Osman. Wozu auch eine
Befestigung, war doch von den Grubenarbeitern ohnedies nichts zu holen.
    Reihum gab es
ebenerdige Durchlässe in der Umgrenzung des Dorfes, sogenannte Schläge. Schmal
waren sie, gerade einmal breit genug für einen Einspänner und natürlich
unbewacht. Durch einen dieser Schläge im Süden gelangten die beiden ins
Bergdorf. Kaum zu glauben, dachte Robert angesichts der schäbigen Baracken,
dass Goslar eine der reichsten Städte des Reiches sein sollte. Doch schließlich
fristeten hier nur die Arbeiter, die dem Berg mühsam mit ihrer Hände Arbeit
seine Schätze entrissen, ihr armseliges Leben, die Grubenbesitzer hatten ihre
weitaus feudaleren Domizile allesamt in der Stadt.
    Üblicherweise hätten sie, zu Tode erschöpft
von der harten, körperlichen Arbeit, ihre Schlafstelle in einer Hütte im
äußersten Westen des Dorfes aufgesucht. Heute jedoch trieb sie nun die vage
Aussicht zur Hurengasse, dort jenes Mädchen aufzuspüren, das sie nicht nur
ihres Geldes, sondern auch der Freiheit beraubte. Sie ließen ihre Baracke mit
den verwanzten Betten, die sie sich mit den nachts arbeitenden Feuersetzern
teilten, hinter sich und hielten geradewegs auf die Mauern der Kaiserpfalz und
der vis-à-vis liegenden Stiftskirche Simon und Judas zu. Stolz überragten ihre
zwei Spitztürme die Befestigungsanlage, in Pracht und Ausmaß einer Kathedrale
gleich. Die Goslarer nannten die Kirche liebevoll ihren Dom, obwohl hier kein
Bischof zu Hause war.
    Über die Via alta, einem künstlich erhöhten
Weg, von den Goslarern schlicht Hoher Weg genannt, durchquerten sie das
Wiwarium regis, ein Sumpfgebiet im Südwesten der Stadt. Als die Sonne endgültig
hinter den Hängen des Steinbergs versank, passierten die beiden Freunde den
inneren Ring der Stadtmauer und betraten Goslarer Boden. Ihr Weg führte sie
über eine Holzbrücke und Osman schaute angewidert auf das graubraune Gebrodel
der Abzucht, jenes Abwasserkanals, der sich eine Meile weiter am nordöstlichen
Rand der Stadt mit der Gose vereinte. Bis dorthin diente die Gose den Städtern
als Trinkwasserquelle, und so führte eine Vielzahl künstlich angelegter Kanäle
in die entlegensten Winkel Goslars. Das Wasser des Flusses hatte durch das
starke Gefälle sogar genügend Kraft, wider die Natur emporzuschießen und durch
Bleirohre in die feinsten Häuser der Stadt zu fließen oder aus
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