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Die Blutgraefin

Die Blutgraefin

Titel: Die Blutgraefin
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und wimmernd um mein Leben bettele.«
»Wozu auch?«, fragte Blanche. »Ich werde dich so oder so töten.
Also kannst du genauso gut aufrecht und stolz sterben, statt auf den
Knien und als wimmernder Feigling. Obwohl…« Er machte ein
nachdenkliches Gesicht und zog das Schwert ein Stück zurück. »Ich
bin schon sehr, sehr lange allein, Andrej, länger, als du dir vorstellen
kannst. Manchmal wünsche ich mir einen Gefährten, um die Langeweile der Jahrtausende zu ertragen. Ein Mann wie du könnte dieser
Aufgabe gewachsen sein. Überlege es dir.« Er trat einen Schritt zurück und verwandelte sich wieder in Maria. »Ich kann jeder sein, der
ich will.« Sein Aussehen änderte sich, und Abu Dun stand vor Andrej, und schließlich verwandelte er sich zurück in Blanche. Die ganze
Zeit über schien eine andere Gestalt durchzuschimmern, etwas Riesiges, Aufgedunsenes, mit zu vielen Beinen und schrecklichen Klauen.
»Aber nein«, fuhr er fort. »Das hätte wohl keinen Sinn. Du würdest
niemals aufhören, mir nach dem Leben zu trachten, und du bist vielleicht der Einzige, dem es gelingen könnte, einen Weg zu finden,
mich zu töten.«
»Leg das Schwert weg, und wir finden es heraus«, sagte Andrej.
Blanche drehte die Waffe um und reichte sie Andrej. »Nur zu«,
sagte er mit einem auffordernden Nicken, als Andrej zögerte, nach
der Waffe zu greifen. »Es ist kein Trick. Vertrau mir. Wenn es dir
gelingt, mich zu töten, dann habe ich es nicht anders verdient.«
Andrej streckte zögernd die Hand aus und griff nach dem Schwert,
auf eine Falle oder einen heimtückischen Trick des Weißhaarigen
gefasst. Blanche lächelte nur, ließ es zu, dass Andrej die Waffe an
sich nahm, und trat dann mit einer spöttischen Verbeugung zwei
Schritte zurück. »Versuch nur ruhig dein Glück, Unsterblicher«, sagte er.
Andrej griff ohne Vorwarnung an. Nur um Haaresbreite entging der
Weißhaarige der Klinge, die wie der Giftzahn einer silbernen
Schlange nach seinem Gesicht stieß, und brachte sich mit zwei hastigen Schritten in Sicherheit.
»Du überraschst mich immer wieder«, sagte er anerkennend. »Du
bist talentiert. Wenn wir dreißig oder vierzig Jahre Zeit hätten, könnte ich dir beibringen, was man wirklich mit einem Schwert anfangen
kann.«
Andrej stieß wortlos noch einmal zu, änderte im letzten Moment
die Richtung seines Stoßes und erwischte den Weißhaarigen an der
Schulter. Blanche schrie auf und taumelte zurück. Andrej setzte
blitzschnell nach und stieß ihm die Schwertspitze in die Seite. Diesmal brach Blanche mit einem keuchenden Laut in die Knie, griff aber
gleichzeitig nach dem Schwert und entriss es Andrej. Im selben Moment versetzte er Andrej einen Schlag mit der flachen Hand, der so
hart war, dass dieser haltlos zurücktaumelte und gegen die Tischkante prallte.
Als er sein Gleichgewicht wieder gefunden hatte, schien Blanches
Geduld erschöpft. Er war mit einem Satz bei ihm, schlug ihm noch
einmal ins Gesicht und wirbelte ihn herum, als er halb benommen in
sich zusammensackte. Seine Hand packte Andrejs Arm und drehte
ihn so brutal auf den Rücken, dass er spüren konnte, wie sein Handgelenk brach. Wie durch einen dämpfenden Nebel hindurch registrierte er, dass Stanik sich auf die Beine kämpfte und Blanche ihn mit
einem wütenden Tritt abermals zu Boden schleuderte. Dann traf ihn
selbst ein Schlag zwischen die Schulterblätter, der ihn neben dem
jungen Mann auf die Knie fallen und mühsam um sein Bewusstsein
kämpfen ließ.
»Das reicht jetzt!«, zischte Blanche. Er setzte die Schwertspitze unter Andrejs Kinn und drückte so hart zu, dass der den Kopf heben
und ihn ansehen musste. »Ich würde gerne noch ein bisschen mit dir
spielen, Andrej, aber ich fürchte, uns läuft die Zeit davon. Ich erwarte weitere Gäste, und bevor die eintreffen, haben wir noch etwas zu
erledigen. Da ist jemand, der schon seit Tagen darauf brennt, dich
wieder zu sehen.« Er verstärkte den Druck der Klinge, sodass sie
abermals seine Haut ritzte, aber Andrej sah ihn nur trotzig an.
»Stoß zu«, sagte er herausfordernd. Glaubte der Weißhaarige wirklich, dass es noch irgendetwas gab, das schlimmer war als das, was er
ihm bereits angetan hatte?
Blanches Gesicht verfinsterte sich. Es sah ganz so aus, als wollte er
Andrejs Vorschlag annehmen. Dann jedoch lachte er verächtlich,
machte einen schnellen Schritt zur Seite und versetzte Stanik einen
tiefen Stich in den Oberarm. Der Junge brüllte auf vor Schmerz und
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