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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition)
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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fest.
    Aufgeregt drehte sie sich um und rannte die steile Treppe hinunter, um mit ihrer Mutter zu beratschlagen, wie man verhindern konnte, dass er etwas von Maries Krankheit erfuhr.
    Eleonore blickte Katharina missbilligend entgegen, als diese mit hochrotem Kopf in den Lagerraum gestürmt kam, wo sie mit Argusaugen über die Angestellten ihres Mannes wachte, die gerade dabei waren, die von verschiedenen Kunden bestellten Stoffballen zusammenzustellen und auf einen Wagen zu schaffen.
    „Dein Benehmen entspricht nicht dem, was ich dich gelehrt habe“, wies sie Katharina in scharfem Ton zurecht.
    Aber Katharina ließ sich dadurch nicht einschüchtern und sah ihre Mutter entschlossen an.
    „Ich muss sofort mit Euch reden“, forderte sie und bedachte die beiden Männer, die ihre Arbeit unterbrochen hatten und sie neugierig anstarrten, mit einem hochmütigen Blick.
    „Zuallererst werden wir die Bestellungen hier fertig machen. Du weißt, wie ungeduldig dein Vater sein kann, wenn es Verzögerungen gibt und nicht alles nach seinem Plan verläuft“, erwiderte Eleonore kühl.
    Henry, ein gut aussehender Bursche, grinste Katharina daraufhin schadenfroh an. Es war noch nicht lange her, dass sie seine bewundernden Blicke genossen hatte, doch seit ihrer Verlobung mit dem Grafen sah sie durch ihn hindurch, als wäre er Luft. Henry konnte zwar nicht lesen und schreiben, aber immerhin war er sehr geschickt im Umgang mit Zahlen. Und so war es ihm im Laufe der Jahre gelungen, sich zur rechten Hand seines Herrn hochzuarbeiten, der zu seinem großen Kummer keinen leiblichen Sohn besaß.
    Bis zur Verlobung Katharinas hatte er die stille Hoffnung gehegt, sie eines Tages heiraten zu dürfen.
    Katharina war eine Schönheit, auch wenn sie in seinen Augen ein wenig zu hochnäsig war. Ihr langes, dunkelblondes Haar hatte sie ebenso wie die glänzenden, goldbraunen Augen von ihrer Mutter geerbt, und nachts, wenn er in seiner Kammer auf dem Stroh lag und sich vorstellte, wie sich ihr weicher Mädchenkörper mit dem festen Busen wohl anfühlen würde, schoss ihm jedes Mal das Blut in die Lenden, und seine sündigen Gedanken begannen sich zu verselbstständigen. In Gedanken ritt er sie dann so lange, bis sich ihre Hochnäsigkeit in wilde Leidenschaft verwandelte und sie sich stöhnend vor Lust unter ihm zu winden begann, genauso wie Emma, die Magd des Gewürzhändlers, es tat, die er des Öfteren an seinen freien Abenden traf.
    Anfangs hatte er wegen seiner lüsternen Gedanken an den darauf folgenden Tagen immer ein schlechtes Gewissen gehabt und einen großen Bogen um die Kathedrale geschlagen.
    Aber sein Gewissen hatte sich im Laufe der Zeit beruhigt, und er tröstete sich damit, dass Gott ganz sicher anderes zu tun hatte, als sich um einen so unwichtigen Mann wie ihn zu kümmern. Gewiss waren seine Verfehlungen nicht einmal von Ihm bemerkt worden.
    Jedenfalls geschah es Katharina ganz recht, wenn einmal etwas nicht nach ihrem Willen lief.
    Noch immer vor sich hin grinsend, warf er sich einen Ballen kostbaren Tuches über die Schulter und schaffte ihn zum Wagen, der sich aus Sicherheitsgründen in dem von einer hohen Brandmauer umgebenen Hof direkt hinter dem Haus befand.
    Pierre, der Knecht mit dem dümmlichen Gesichtsausdruck, folgte ihm.
    Katharina war jetzt mit ihrer Mutter allein.
    „Marie hat heimlich die Kammer verlassen und wieder einen ihrer Anfälle bekommen. Was sollen wir nur tun? Wenn Jacques davon erfährt, wird er mich ganz sicher nicht mehr heiraten“, jammerte sie. Ihre Stimme wurde flehend. „Ich bitte Euch, unternehmt etwas, Mutter.“
    Eleonore seufzte gedankenverloren und nickte dann. Katharinas Angst war durchaus berechtigt. So konnte und durfte es nicht weitergehen. Dass Marie die Kammer entgegen ihrer Anordnung verlassen hatte, war schon schlimm genug, und sie würde mit aller Härte durchgreifen müssen, um sich wieder den nötigen Respekt zu verschaffen.
    Aber Maries Krankheit wurde ihr langsam unheimlich. Bereits als kleines Kind hatte sie unter diesen merkwürdigen Anfällen gelitten, und weder Bader noch Magister hatten einen Rat gewusst, sondern Eleonore nur an einen Priester verwiesen, der jedoch ebenso ratlos gewesen war. Der Geistliche hatte Marie mit Weihwasser besprengt, wobei er sorgfältig darauf achtete, sie nicht zu berühren, und den Dämonen in ihrem Körper befohlen, im Namen des Herrn wieder daraus zu verschwinden. Anschließend hatte er den Machauts empfohlen, ihre Gebete durch das Spenden von
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