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Die blutende Statue

Die blutende Statue

Titel: Die blutende Statue
Autoren: Pierre Bellemare
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in Wahrheit war sie Denis R. Bergson, ein kräftig gebauter, junger Mann, der sich in den Kopf gesetzt hatte, sich mit Hilfe von Hormonen und mittels einer Dauerwelle in eine Frau zu verwandeln. Doch brach alles in sich zusammen und unser Hersteller (Herstellerin) bekam Ärger mit der Polizei, da man ihn seit einiger Zeit wegen anderer Delikte in Florida suchte.
    Loretta-Denis wurde schließlich in Kalifornien vor Gericht gestellt und wegen Diebstahls und Börsenbetrugs verurteilt. Sie ließ sich aber nicht aus der Fassung bringen und legte Berufung ein. Allerdings wurde sie dann erneut verurteilt. Als Loretta-Denis ihre Strafe abbüßen sollte, verschwand sie spurlos.
    Die Jahre vergingen. Nach neun Jahren war Loretta-Denis erneut, wenn auch dieses Mal unfreiwillig, Star einer neuen Art von Fernsehsendung. Es ging darum, alte Fälle, die nie gelöst worden waren, aufzudecken, um Geheimnisse also, die nie gelüftet worden waren. Die Bevölkerung von ganz Amerika wurde aufgerufen, in ihren Erinnerungen zu graben, nach dem Telefon zu greifen und die Fernsehanstalt anzurufen, wenn es auch nur einen minimalen Verdacht gab, der dazu führen könnte, den raffinierten Gauner, der sich in nichts aufgelöst hatte, ausfindig zu machen. Es meldeten sich daraufhin viele Amateurdetektive beim Sender. Schließlich stieß man zufällig in Tyler, einer Stadt in Texas, auf unsere Loretta-Denis, die jetzt den Namen Gloria Louise Stemperly führte und vollbusiger denn je war.
    Nachdem man sie festgenommen hatte, erklärte sie, dass sie endgültig das Geschlecht gewechselt habe. Doch stellte man fest, dass sie trotz ihrer weiblichen Formen unter den Miniröcken immer noch als Mann erkennbar geblieben war. Und so wurde sie ins Männergefängnis gebracht, wo sie ab 1989 ihre zwanzigjährige Gefängnisstrafe absitzen musste.
     

Ein echter Freund
     
    »Ich gehe jetzt baden. Kommst du mit, Antoine?«
    Es war im Sommer 1992. Trotz der warmen Jahreszeit war die Luft in den schönen Schweizer Bergen recht frisch. Antoine, der am Flussufer saß, schien über den Vorschlag seines Freundes Edouard nicht besonders begeistert zu sein. Edouard jedoch, vom Fluss angelockt, streifte schnell seine Hose ab und watete in das eiskalte Wasser, das von den Bergen herunterfloss. »Juhu!«, rief Edouard ausgelassen.
    Antoine sah ihm mit vorwurfsvollem Schweigen zu. Edouard hatte, wie man so zu sagen pflegt, »wieder genug geschluckt«. Wie gewöhnlich hatte er in den letzten Stunden gut gekühlten Fendant und Bier in großen Mengen durcheinander hinuntergekippt, sodass er bereits reichlich benebelt war. Und sein guter Freund Antoine, sein Kumpel, sein Partner, sein Chef, hatte nicht mehr als sonst versucht, ihn vor dem völligen Abrutschen in den Alkohol zu bewahren. Es war deprimierend, wenn man miterleben musste, wie ein so netter junger Mann mit keckem Schnurrbart und sympathischem Gesicht immer mehr dem Alkohol zusprach. Ja, Edouard hatte in letzter Zeit viel Pech gehabt: Scheidung, Trennung von seinen Kindern, Verlust des Arbeitsplatzes, den er vor dem jetzigen gehabt hatte. Trotz der Zuwendungen durch seine Mutter und seine Schwester musste er in einem Heim leben, unter der
    Kontrolle einer Sozialhelferin, die sein kleines Budget verwaltete, mit dem er nie auskam.
    Diese Gedanken gingen Antoine durch den Kopf, als er Edouard beobachtete, der zitternd im Wasser stand und darin herumplantschte. Die Kälte griff mit Eisesklauen nach ihm und jeder scharfsichtige Beobachter hätte sehen können, dass Edouard nicht gerade in guter Verfassung war. Antoine aber bemerkte es nicht oder wollte es nicht bemerken. Wer weiß, was Antoine, dem guten Freund, durch den Kopf ging. Da wurde Edouard plötzlich ohnmächtig und vom Strom weggetrieben. Er lag auf dem Bauch, das Gesicht unter Wasser, das ihm in die Nasenlöcher drang und allmählich auch seine Lungen füllte. Antoine sah dem Freund nach, der regungslos auf dem Fluss dahintrieb.
    Doch Betrunkene haben offensichtlich einen besonderen Schutzengel. Etwas weiter entfernt gingen zwei Portugiesen am Ufer entlang und betrachteten das ruhig dahinfließende Wasser, ein Symbol der friedlichen Schweiz. Plötzlich wurden ihre Blicke von Edouard angezogen; sie glaubten zuerst, es handele sich um einen Ertrunkenen. Die Portugiesen machten einen Polizisten, der sich in der Nähe aufhielt, auf den Mann aufmerksam. Zu dritt gelang es ihnen dann, den leblosen Körper an Land zu ziehen. Die beiden jungen Männer führten eine
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