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Die blutende Statue

Die blutende Statue

Titel: Die blutende Statue
Autoren: Pierre Bellemare
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hergestellt werden. Dagegen schmeckte die Butter aus der Charente, dem Konkurrenzgebiet, geradezu ranzig.
    Wenn man Vater Dubourg nach dem Geheimnis seines Erfolges fragte, war er nicht sehr gesprächig, nur einmal ließ er sich zu einer Bemerkung hinreißen. Seit einigen Monaten arbeitete Hans Schlemig, ein ehemaliger deutscher Kriegsgefangener, bei ihm. Dieser hatte nach dem Krieg beschlossen, in Frankreich zu bleiben und nicht mehr nach Sachsen zurückzukehren, um dort einsam und ohne Familie das karge Land eines ärmlichen Bauernhofs zu bearbeiten. Hans war ursprünglich als landwirtschaftlicher Arbeiter eingestellt worden. Dann hatte er sich jedoch immer intensiver um die Kühe gekümmert, bis ihm Vater Dubourg die Pflege, die Fütterung, das Melken und die Verantwortung für seine besten Tiere anvertraut hatte, die im HBN, dem »Herd Book normand«, aufgeführt waren und die selbst die Gewerkschaft durch ihre Effizienz verblüfften.
    Seit sich Hans persönlich um Caroline, Maryvonne und Doucette kümmerte, muhten sie bereits von weitem, wenn er sich ihnen näherte, um ihre prallen Euter zu melken. Hans verstand es, mit den Kühen umzugehen. Er hielt mit größter Genauigkeit die Zeiten der Fütterung und des Melkens ein. Er versicherte, dass sie ansonsten nervös würden und ihre Euter sich entzündeten, was die Menge und Qualität der Milch beeinträchtigen würde. Außerdem stopfte er sie buchstäblich mit gutem Futter voll, sodass der Kuhhirt Gaston Lemarchant, der schon lange auf dem Hof war, nur noch mit den Schultern zuckte und verschmitzt grinste. Doch die Ergebnisse waren unumstritten und wurden ordnungsgemäß überprüft.
    Als die Mitglieder des Komitees zur Kontrolle kamen, organisierte Hans alles aufs Sorgfältigste. Um die Kühe nicht nervös zu machen, wies er jedem einzelnen Mitglied seinen Platz zu und bat alle, keinen weißen Arbeitskittel zu tragen, da diese grelle Farbe Caroline oder Maryvonne irritieren würde. Dann machte sich Hans, der sich eine lange Schürze umgebunden hatte, ans Werk. Für diese Zeremonie standen die Kühe auf einem dichten trockenen Strohteppich. Zusätzliche Strohballen bildeten mitten im Stall eine kleine Mauer. Die Einrichtung war perfekt. Und die Dubourgs waren so sympathisch, vor allem Ermeline, die stets während dieser eintönigen Milchkontrollen die Unterhaltung zu beleben versuchte und gut gekühlten Cidre auftischte.
    Nach gründlichem Nachdenken beschlossen die Komiteemitglieder jedoch, die Polizei zu benachrichtigen, damit sie eine weitere, überraschende Kontrolle vornehmen konnte. Eines Morgens herrschte Aufregung im Dorf, da die Polizisten den Mühlenhof umzingelt hatten. Stillschweigend sprangen sie, den Revolver in der Hand, vom Wagen, drangen gewaltsam in den Hof ein und eilten zum Stall. Dort fanden sie Hans und Ermeline. Er war gerade damit beschäftigt, die gute, rahmhaltige Milch zu melken.
    »Hände hoch! Keiner rührt sich«, rief ein Polizist wie in den besten Kriminalfilmen. Caroline, Maryvonne und Doucet wedelten mit den Schwänzen und blickten erstaunt drein.
    Doch der Überfall erwies sich als nützlich. In den Schürzentaschen von Hans fand man Metallverschlüsse, die so ähnlich aussahen wie jene, die man für Gummiwärmflaschen benutzte. Tief unter dem Stroh, das den Kühen als Streu diente, waren sechs Wärmflaschen vergraben, die den Rest einer Flüssigkeit enthielten, welche das Labor später als Sahne identifizierte. Die Verschlüsse waren bei einigen Kühen durch schmale Gummischläuche mit den Melkkübeln verbunden.
    Die Erklärungen, die folgten, waren verworren. Vater Dubourg und seine Tochter versicherten, sie hätten keine Ahnung gehabt. Der Kuhhirte behauptete jedoch, sie seien über alles informiert gewesen und er selbst habe nur aus Angst, seine Arbeit sowie die Dienstwohnung, in der er mit seiner kleinen Familie wohnte, zu verlieren, geschwiegen. Hans, der Superkuhhirte, wanderte für einige Tage hinter Gitter. Er behauptete, der Zusatz der Sahne sei ausnahmsweise erfolgt, nur um einen Rückgang der Milchproduktion aufgrund einer Euterentzündung auszugleichen. Er erklärte, dass er die Sahne auf vierzig Grad erhitzt und dann, unter dem Schutz seiner Schürze, sofort der gemolkenen Milch hinzugefügt habe. Einige vermuteten, dass Ermeline seine Komplizin war, die im kritischen Moment durch ihr Geplauder und den Cidre die Aufmerksamkeit der Inspektoren abgelenkt hatte.
    Vater Dubourg behauptete, die Wärmflaschen beim
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