Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees
Autoren: Sue Monk Kidd
Vom Netzwerk:
und ich hatte seine Augen vorquellen sehen. Und ich hatte den Geruch der Farm an seiner Hand bemerkt, den Geruch von Pfirsichen.
    Die Wucht warf mich nach hinten, gegen Unsere Liebe Frau. Sie stürzte dröhnend auf den Boden, nur eine Sekunde vor mir. Zuerst spürte ich den Schmerz gar nicht, aber als ich mich aufrichtete und die Füße aufstellen wollte, hämmerte der Schmerz von meinem Ohr bis zum Kinn. Ich fiel rückwärts zurück auf den Boden. Ich sah ihn an, die Arme vor der Brust verschränkt, und fragte mich, ob er mich jetzt an den Füßen packen und in den Laster zerren würde.
    Er brüllte: »Wie kannst du es wagen abzuhauen! Dir muss mal jemand zeigen, wo’s langgeht, und zwar dringend!«
    Ich füllte meine Lungen mit Luft und versuchte, mich zu beruhigen. Die schwarze Maria lag neben mir auf dem Boden, von ihr ging ein überwältigender Geruch nach Honig aus. Es erinnerte mich daran, wie wir sie eingerieben hatten, jedes noch so winzige Loch und jede noch so feine Ritze, bis sie voll Honig gesogen und gesättigt war. Ich lag da und hatte Angst, mich zu rühren, das Messer war immer noch da, es steckte immer noch in der Lehne des Stuhls. Er trat nach mir, sein Fuß trat nach meiner Wade, als ob ich eine Blechdose wäre, die er auf der Straße aus dem Weg trat.
    Er stand über mir. »Deborah«, hörte ich ihn murmeln. »Du verlässt mich nie wieder.« Seine Augen blickten irre, verängstigt. Ich fragte mich, ob ich ihn richtig verstanden hatte.
    Ich merkte, dass meine Hände noch immer auf meiner Brust lagen. Ich drückte sie fester dagegen, fest in mein Fleisch.
    »Steh auf!«, brüllte er. »Ich bring dich jetzt nach Hause.«
    Er packte mich beim Arm und zog mich mit einem Schwung hoch. Als ich auf die Füße kam, riss ich mich los und lief zur Tür. Er kam mir nach und packte mich bei den Haaren. Als ich mich zu ihm umdrehte, sah ich das Messer. Er hielt es mir vors Gesicht.
    »Du kommst jetzt mit mir zurück!«, brüllte er. »Du hättest erst gar nicht abhaun sollen!«
    Ich begriff, dass er nicht mehr zu mir sprach, sondern zu Deborah. Als ob sein Verstand zehn Jahre zurückgegangen wäre.
    »T. Ray«, sagte ich. »Ich bin’s, Lily.«
    Er hörte mich nicht. Er hatte meine Haare mit einer Faust gepackt und ließ nicht locker. »Deborah«, sagte er.
    »Du gottverdammtes Miststück!«, sagte er.
    Er schien verrückt vor Angst, er schien seinen Schmerz noch einmal zu durchleben, den Schmerz, den er all die Zeit in sich verschlossen hatte, und jetzt, wo er aus ihm herausbrach, hatte er ihn überwältigt. Ich fragte mich, wie weit er gehen würde, um Deborah zurückzubringen. Ich nahm an, er würde sie sogar töten.
    Du bist meine Heimstatt. Fürchte dich nicht. Ich bin für dich stark. Wir sind uns beide genug.
    Ich sah in seine Augen. Sie waren seltsam vernebelt. »Daddy«, sagte ich.
    Dann rief ich es. »Daddy!«
    Er sah verwirrt aus, dann starrte er mich an, er atmete schwer. Er lockerte den Griff um mein Haar und ließ das Messer auf den Teppich fallen.
    Ich stolperte rückwärts und fing mich gerade noch auf. Ich hörte meinen schweren Atem. Das Geräusch füllte das Zimmer. Ich wollte nicht, dass er bemerkte, dass ich hinunter auf das Messer sah, aber ich konnte nicht anders. Ich sah auf die Stelle, an der es lag. Als ich wieder zu ihm sah, starrte er mich immer noch an.
    Einen Augenblick lang bewegte sich keiner von uns. Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht entziffern. Ich zitterte am ganzen Leibe, aber ich hatte das Gefühl, ich sollte sprechen. »Es, es tut mir Leid, es tut mir so Leid, dass ich einfach abgehauen bin«, sagte ich und ging in kleinen Schritten rückwärts.
    Die Haut über seinen Augen hing bis auf die Augenlider herunter. Er sah weg, zum Fenster, als ob er darüber nachdachte, welcher Weg sie hierher gebracht hatte.
    Draußen in der Halle hörte ich eine Diele quietschen. Ich drehte mich um und sah Augusta und Rosaleen in der Tür. Ich machte ihnen ein Zeichen mit der Hand, wegzubleiben. Ich fand, ich sollte das hier alleine erledigen, mit ihm hier alleine sein, bis er wieder bei Sinnen war. Er schien so harmlos, wie er dort stand.
    Ich dachte zuerst, sie würden mich ignorieren und trotzdem hereinkommen, aber dann legte Augusta ihre Hand auf Rosaleens Arm und zog sie zur Seite.
    Als sich T. Ray wieder zu mir wandte, war er nur ein Meer von Schmerzen. Er sah auf die Brosche an meiner Bluse. »Du siehst ihr so ähnlich«, sagte er, und ich wusste, damit hatte er alles
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher