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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute
Autoren: Lisa J. Smith
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darüber, hereingelegt worden zu sein, dass er dem Jäger den Kopf abschlug und ihn auf dem Boden liegen ließ.
    Sobald der Häuptling fort war, sagte der Schädel zu dem abgetrennten Kopf neben ihm: ›Nun, wie bist du denn hierhergekommen?‹ Und der Kopf antwortete: ›Ich bin durch Reden hierhergekommen, mein Freund!‹«
    In der darauffolgenden Stille hörte Jenny ein Telefon entfernt klingeln und Stimmen vor dem Raum.
    »Sie meinen«, sagte Michael schließlich, »dass wir zu viel geredet haben?«
    »Ich meine, dass ihr nicht allen alles erzählen sollt, was ihr wisst. Es gibt eine Zeit zu schweigen. Außerdem solltet
ihr nicht darauf bestehen, dass eure Sicht die einzig wahre ist, selbst wenn ihr es aufrichtig glaubt. Der Jäger hätte vielleicht weitergelebt, wenn er gesagt hätte: ›Ich denke, ein Schädel hat mit mir gesprochen, aber ich könnte es auch geträumt haben.‹«
    »Aber wir haben es nicht geträumt«, flüsterte Jenny.
    Und was Aba dann sagte, gab den Ausschlag. Es machte alles irgendwie einfacher.
    »Ich glaube euch«, sagte sie leise und legte eine sanfte, knotige Hand auf Jennys.
    Als die Polizei zurückkam, waren alle ganz ruhig. Jennys Clique gab jetzt zu, dass sie zwar glaubten, die Wahrheit zu sagen, dass es aber auch eine Art Traum oder Halluzination gewesen sein könnte. Die Polizei vertrat jetzt die Theorie, dass Summer tatsächlich etwas zugesto ßen war, etwas so Schreckliches, dass die Jugendlichen nicht akzeptieren konnten, was sie gesehen hatten, und sich daher in eine hysterische Geschichte flüchteten, um die Erinnerung zu verdrängen. Teenager wären besonders anfällig für Massenhalluzinationen, erklärte Inspektor Sowieso Aba. Wenn sie einen Lügendetektor-Test bestehen und beweisen konnten, dass sie Summer nichts angetan hatten …
    Sie bestanden.
    Dann durften sie wieder zu ihren Eltern. Zu Hause schlief Jenny sechzehn Stunden lang ohne Unterbrechung. Als sie aufwachte, war Sonntag, und Summer war immer noch verschwunden. Genauso wie Slug und P.C.

    So kam die Suchaktion in Gang.
    Es kursierte das Gerücht, dass Slug und P.C. Summer verschleppt hatten oder dass jemand anders sich mit allen dreien aus dem Staub gemacht hatte. Die örtliche Shopping-Mall stellte einen Raum für ein Suchzentrum zur Verfügung. Hunderte von Freiwilligen machten sich auf die Suche in Abwasserkanälen, Gräben und Müllkippen.
    Jenny war nicht in der Lage, irgendetwas davon zu verhindern. Mit jedem Tag wurden die Freiwilligen mehr und die Suche wurde immer größer.
    Sie fühlte sich schrecklich. Aber dann wurde ihr etwas klar.
    Summers Leichnam war nicht auf einer Müllkippe – aber vielleicht das Papierhaus. Die Suche nach Summer würde nichts bringen – aber vielleicht die Suche nach Slug und P.C.
    »Denn«, erklärte sie Dee und den anderen niedergeschlagen, »es sieht alles danach aus, dass sie tatsächlich in das Papierhaus gelangt sind. Und das bedeutet, dass sie vielleicht auch Großvaters Keller erreichen. Und das bedeutet, dass sie vielleicht eine gewisse Tür öffnen und Julian herauslassen …«
    Seitdem schlossen sie sich jeden Tag aufs Neue den anderen Freiwilligen an und suchten nach Hinweisen darauf, wohin Slug Martell und P.C. Serrani das Spiel gebracht haben könnten. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, dachte Jenny, das Haus zu finden, bevor Slug und
P.C. Julian finden. Denn nach allem, was sie Julian angetan hatte, indem sie ihn – trotz ihres Versprechens, für immer bei ihm zu bleiben – überlistet und hinter diese Tür gesperrt hatte, um dann einfach wegzulaufen …
    Wenn er jemals herauskam, würde er sie finden. Er würde Jagd auf sie machen. Und er würde sich rächen.

Während sie auf dem Grashügel saßen, stöhnte Michael noch immer bei dem Gedanken daran, das weinende Mädchen suchen zu müssen.
    »Wahrscheinlich weiß sie gar nichts«, sagte Zach, dessen Augen so grau waren wie Winterwolken. »Wahrscheinlich fragt sie sich einfach, ob wir es getan haben könnten. Ich denke, tief im Innern stellen sich alle Leute diese Frage.«
    Jenny betrachtete ihre Freunde: Dee, die sich träge im Gras lümmelte und deren dunkle Glieder im Sonnenlicht glänzten; Audrey, die auf einem Aktenordner hockte, um ihren weißen Hosenanzug nicht schmutzig zu machen; Michael mit dem Körper eines Teddybären und den treuen Spanielaugen; und Zach, der dasaß wie eine Art tibetischer Mönch mit Pferdeschwanz. Sie sahen nicht aus wie Mörder. Aber was Zach sagte, war die
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