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Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Titel: Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung
Autoren: Veronica Roth
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erklärt. Wir können nicht alleine überleben, und selbst wenn wir es könnten, wir würden es nicht wollen. Ohne eine Fraktion hat unser Leben keinen Sinn und Zweck.
    Energisch schüttle ich den Kopf. An so etwas darf ich nicht denken! Jetzt bloß nicht die Nerven verlieren.
    Endlich öffnet sich die Tür und Tori kommt zurück. Nervös umklammere ich die Stuhllehne.
    » Es tut mir leid, falls dich das, was ich dir jetzt sage, erschreckt«, fängt sie an und stellt sich neben mich, die Hände in die Taschen vergraben. Sie ist blass und wirkt angespannt.
    » Beatrice, deine Ergebnisse waren nicht eindeutig«, verkündet sie. » Normalerweise kann man bei jeder Testphase eine oder mehrere Fraktionen ausschließen, aber bei dir war das lediglich bei zweien der Fall.«
    » Nur zwei?«, frage ich verdattert. Meine Kehle ist so eng, dass ich kaum sprechen kann.
    » Wenn du einen spontanen Widerwillen gegen das Messer gezeigt und stattdessen den Käse gewählt hättest, dann hätte dich die Simulation in ein anderes Szenario geführt, das deine Eignung für Amite unter Beweis gestellt hätte. Aber das ist nicht geschehen, weswegen diese Fraktion für dich nicht infrage kommt.« Sie hält inne und reibt sich nachdenklich den Nacken. » Für gewöhnlich verläuft die Simulation eindeutig, am Schluss bleibt eine Fraktion übrig, alle anderen scheiden nacheinander aus. Aber dein Verhalten ließ es nicht zu, auch nur eine der übrigen Fraktionen auszuschließen. Deshalb musste ich die Simulation verändern und dich in den Bus setzen. Erst da hat deine hartnäckige Unehrlichkeit Candor ausgeschlossen.« Sie zieht eine Grimasse. » Keine Sorge, in dieser Situation sagt wirklich nur ein Candor die Wahrheit.«
    Ein Zentnerstein fällt mir vom Herzen. Vielleicht bin ich doch keine Niete.
    » Genau genommen stimmt das nicht ganz«, korrigiert sie sich. » Kandidaten, die in dieser Situation die Wahrheit sagen, gehören zu Candor… oder Altruan. Und genau das ist das Problem.«
    Ich starre sie mit offenem Mund an und versuche zu verstehen, was sie sagt.
    » Einerseits hast du dich lieber auf den Hund geworfen, als mit anzusehen, wie er das kleine Mädchen attackiert, was typisch ist für eine Altruan. Andererseits hast du dich standhaft geweigert, dem Mann im Bus die Wahrheit zu sagen, selbst als er dir erklärt hat, dass die Wahrheit ihn retten könnte. Das ist überhaupt kein selbstloses Verhalten.« Sie seufzt. » Dass du nicht vor dem Hund davongelaufen bist, deutet auf Ferox hin, aber auch das Messer ist ein Zeichen der Ferox, und das wolltest du partout nicht nehmen.«
    Sie räuspert sich, dann fährt sie fort. » Dein kluges Verhalten dem Hund gegenüber zeigt eine Neigung zu Ken. Ich weiß nicht, wie ich deine Weigerung, dich zu entscheiden, im ersten Prüfungsabschnitt bewerten soll, aber…«
    » Moment mal«, falle ich ihr ins Wort. » Heißt das, es ist unklar, für welche Fraktion ich mich eigne?«
    » Ja und nein«, antwortet Tori. » Ich schließe daraus, dass du gleichermaßen für Altruan, Ferox und Ken infrage kommst. Leute mit einem solchen Ergebnis nennt man…«, sie späht über die Schulter, als fürchte sie, jemand könnte uns belauschen, » man nennt sie… Unbestimmte.« Tori spricht das letzte Wort so leise aus, dass ich es fast nicht höre, und da ist auch wieder dieser angespannte, besorgte Gesichtsausdruck. Sie geht um den Stuhl herum und beugt sich ganz dicht zu mir.
    » Beatrice«, wispert sie, » du darfst unter keinen Umständen mit jemandem darüber sprechen. Das ist sehr wichtig, hörst du?«
    Ich nicke. » Ja, ich weiß. Wir dürfen unsere Testergebnisse nicht ausplaudern.«
    » Nein.« Tori hat sich vor den Stuhl gekniet und die Arme auf die Lehnen gelegt. Unsere Gesichter berühren sich fast. » Du verstehst mich nicht. Ich meine nicht, dass du sie vorerst für dich behalten sollst. Du darfst niemals mit jemandem darüber sprechen, niemals, egal, was passiert. Eine Unbestimmte zu sein, ist äußerst gefährlich. Verstehst du?«
    Ich verstehe nichts– was bitte ist an Testergebnissen gefährlich, die nicht ganz eindeutig sind?–, aber ich nicke trotzdem. Ich hatte ohnehin nicht vor, mit jemandem darüber zu sprechen.
    » Okay.« Ich lasse die Armlehnen los und stehe auf. Meine Beine fühlen sich so wacklig an, dass ich umgeknickt wäre, wenn Tori mich nicht gestützt hätte.
    » Ich werde deine Testergebnisse manuell in das System eingeben und dich offiziell als Altruan deklarieren. Ich
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