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Die Besteigung Des Rum Doodle

Die Besteigung Des Rum Doodle

Titel: Die Besteigung Des Rum Doodle
Autoren: W. E. Bowman
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dass er mich missverstanden habe, und bat ihn, mir mehr zu erzählen. Das tat er, und meine Neugierde wurde mehr als befriedigt. Seine Braut war offensichtlich genauso normal und zufrieden wie er, und man konnte sehen, dass sie sehr glücklich miteinandersein würden. Ich fragte ihn, was sie an Samstagnachmittagen täten. Er sagte, sie besuchten die hochbetagte und bettlägerige Tante seiner Braut.
    Ich hatte bemerkt, dass das Rülpsen, mit dem Pong und So Lo mich am Berg täglich begrüßt hatten, auch von den anderen Trägern übernommen worden war. Ich fragte Constant, ob er das zu deuten wisse. Er sagte, da das Yogistanische aus dem Magen gesprochen werde, gelte das Rülpsen – das Zeichen höchster Zufriedenheit des Magens – als Ausdruck der Hochachtung. Es drücke die große Freude aus, die der Rülpsende in der erlauchten Gegenwart des Berülpsten empfinde.
    Das freute mich sehr, nicht nur, weil ich die Ehre zu schätzen wusste, sondern auch, weil es mich in meinem Glauben an Pong und an die menschliche Natur bestärkte. Ich wünschte, meine Zeit und meine Pflicht hätten es erlaubt, mit jedem der Träger Freundschaft zu schließen. Welche Fülle von Zuneigung sie doch hinter ihren teilnahmslosen Mienen verbargen. Ich verbrachte viel Zeit mit Pong, der mir manches Interessante aus seinem Leben erzählte. Der gute Kerl schien eine große Zuneigung zu mir entwickelt zu haben. Er erzählte Constant, ich sei der einzige Mensch, der je freundlich zu ihm gewesen sei, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Das berührte mich tief. Er nahm außerdem die Gewohnheit an, mir zu allen Tageszeiten kleine Happen zu bringen. Auch das berührte mich tief.
    *
    Nach einigen Tagen reiflicher Überlegung sandte ich folgende Meldung ab: »Expedition mehr als erfolgreich, weil beide Doodle bestiegen wurden. Alle gesund und munter. Die Moral der Mannschaft ist ausgezeichnet, und die Träger können nicht hoch genug gelobt werden.«
    Versehentlich unterzeichnete ich die Nachricht mit »Binder« statt mit meinem richtigen Namen. Daheim löste das einiges Rätselraten aus, und die Meldung wurde zuerst als Jux angesehen. Dann kam das Gerücht auf, eine unbekannte Mannschaft unter der Führung eines gewissen Binder sei uns am Berg zuvorgekommen. Nachforschungen in Bergsteigerkreisen wurden angestellt, doch fand man keine Anhaltspunkte. Die Angelegenheit verursachte beträchtlichen Wirbel, und die Presse machte so viel Aufhebens darum, wie sie nur konnte. Letztlich wurde die Sache erst bei unserem Eintreffen in Chai khosi aufgeklärt, wo wir mit Telegrammen aus allen Kontinenten überschüttet wurden und drei Sekretäre beschäftigen mussten, um sie abzuarbeiten. Einer der Sekretäre namens Pluke erwies sich als Spaßvogel, der aus der einmaligen Gelegenheit das Beste machte, indem er die Weltpresse mit den närrischen und widersprüchlichen Nachrichten, die er aussandte, zur Verzweiflung trieb. So mussten wir sechs weitere Sekretäre einstellen, um den Unfug aus der Welt zu schaffen, den er verursacht hatte.
    Aber ich greife schon wieder vor. Die Tage vergingen ohne ein Lebenszeichen von Prone, und ich wurde immer besorgter. Gott allein wusste, welche Qualen der arme Kerl durchlitt – sofern er überhaupt noch am Leben war. Schließlich konnte ich es nicht länger aushalten. Ich rief die anderen im Kantinenzelt zusammen und sagte, dass etwas geschehen müsse. Einer müsse auf den Berg steigen. Die Frage war: Wer? Alle sahen einander an, aber niemand sprach.
    Das machte mich sehr demütig. »Liebe Kameraden«, sagte ich, »ich weiß ja, ihr alle wollt gehen, aber es muss nun mal jemand zurückbleiben. Ich fühle meine Verantwortung. Ich hoffe, ihr werdet es mir nicht als egoistisch ankreiden, wenn ich gehe.«
    Ein Schweigen trat ein. Dann sah Burley mich scharf anund sagte mit seiner tiefen Stimme: »Bei Gott, Binder, ich glaube, das würden Sie tun.«
    Ich sah ihn überrascht an. Aus irgendeinem Grund schien er von Gefühlen übermannt zu werden. »Wenn Sie gehen«, sagte er schließlich, »dann gehe ich auch.« In diesem Augenblick wurde der Vorhang des Zelteingangs aufgerissen, und hereinspaziert kam – Prone.
    *
    Ein neuer Prone.
    Ein aufrechter Prone.
    Ein hagerer, aber gesund aussehender Prone.
    Ein Prone mit breitem Lächeln und lässigem Schwung.
    Prone, der Held des Rum Doodle, der Mann, der höher als jeder andere gewesen war, denn – wie Wish bemerkte – er überragte ja jeden der Träger um mehr als
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