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Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)

Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)

Titel: Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)
Autoren: Nate Silver
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einigen Staaten, in denen die Demokraten normalerweise nicht siegen wie Colorado und Virginia. Statistische Modelle, wie ich sie für meine Internetseite FiveThirtyEight entwickelt habe, legten nahe, dass die Chancen Obamas, die Wahl zu gewinnen, über 95 Prozent betrugen. Wettbüros waren etwas vorsichtiger, räumten ihm aber trotzdem eine Gewinnchance von 7 zu 1 ein. 2
    McLaughlins erster Experte, Pat Buchanan, wich der Frage aus. »Die Unentschiedenen werden dieses Wochenende entscheiden«, meinte er, und die anderen Experten lachten lauthals. Clarence Page von der Chicago Tribune sagte ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus. Monica Crowley von den Fox News prognostizierte kühner, dass McCain mit einem »halben Prozent« gewinnen würde. Nur Eleanor Clift von der Newsweek verkündete das Offensichtliche, dass Obama und Biden siegen würden.
    Am folgenden Dienstag wurde Obama von 365 Wahlmännern gewählt. John McCain erhielt 173 Stimmen. Dieser Ausgang entsprach den Meinungsumfragen und den statistischen Modellen. Es war zwar kein überragender Sieg historischer Proportionen, aber alles andere als »knapp«. Obama hatte John McCain um fast zehn Millionen Stimmen geschlagen. Jeder, der eine gegenteilige Prognose abgegeben hatte, musste Rede und Antwort stehen.
    Als dieselbe Expertenrunde eine Woche später wieder zusammentrat, wurden jedoch keine Erklärungen abgegeben. 3 Man diskutierte statistische Details des Obama-Siegs, Obamas Ernennung Rahm Emanuels zum Stabschef des Weißen Hauses und seine Be
    ziehungen zu Dimitri Medwedew. Die Fehlprognose, die allen anderslautenden Ergebnissen zum Trotz im ganzen Land ausgestrahlt worden war, wurde mit keinem Wort erwähnt. Die Experten klangen in der Tat so, als sei dieses Ergebnis vollkommen unvermeidlich gewesen. Crowley erklärte, eine Veränderung habe sich abgezeichnet und dass McCain einen lausigen Wahlkampf geführt habe, wobei sie geflissentlich übersah, dass sie noch eine Woche zuvor auf diesen Kandidaten gesetzt hatte.
    Man sollte keinen Prognostiker anhand einer einzigen Prognose beurteilen, aber in diesem Fall ist vielleicht doch eine Ausnahme gerechtfertigt. Am Wochenende vor der Wahl hätte sich ein Wahlsieg McCains nur noch annehmen lassen, wenn irgendwelche während der Umfragen unentdeckten rassistischen Vorbehalte gegen Obama aufgetaucht wären. 4 Keiner der Experten trug jedoch diese Hypothese vor. Stattdessen schienen sie sich in einem Paralleluniversum ohne Meinungsumfragen zu befinden mit einer boomenden Wirtschaft und einem halbwegs beliebten Präsidenten Bush, der McCain nicht in den Abgrund zog.
    Nichtsdestoweniger nahm ich mir vor herauszufinden, ob es sich bei dieser Fehleinschätzung um eine Ausnahmeerscheinung handelte. Sind die Experten der M c L a u g hlin G r o u p, die ja Geld dafür erhalten, über Politik zu reden, befähigt, Prognosen zu stellen?
    Ich wertete fast tausend Prognosen von McLaughlins Expertenrunde aus. Ein Viertel davon waren zu vage, um sich analysieren zu lassen, oder sie betrafen Ereignisse in ferner Zukunft. Den Rest bewertete ich mittels einer 5-Punkte-Skala von »vollkommen falsch« bis »vollkommen zutreffend«.
    Die Expertengruppe hätte genauso gut eine Münze werfen können. Ich kam zu dem Schluss, dass 338 ihrer Prognosen entweder überwiegend oder ganz falsch waren. Genau dieselbe Zahl, 338, waren entweder weitgehend oder ganz richtig. 5
    Kein Experte, nicht einmal Clift, der immerhin in Bezug auf die Wahl 2008 recht behalten hatte, schnitt besser ab als die anderen. Für jeden Experten berechnete ich eine Trefferquote. Wie viele Prognosen hatten sich bewahheitet? Clift und die drei anderen häufigsten Teilnehmer, Buchanan, der verstorbene Tony Blankley und McLaughlin schnitten mit fast identischen Trefferquoten von 49 bis 52 Prozent ab. Das bedeutete, dass bei ihnen die Wahrscheinlichkeit einer richtigen Prognose genauso groß war wie die einer falschen. 7 Sie legten genauso viel Scharfsinn in politischen Fragen an den Tag wie ein Barbershop-Quartett.
    vollkommen zutreffend
285
39%
überwiegend richtig
53
7%
teilweise richtig, teilweise falsch
57
8%
überwiegend falsch
70
10%
ganz falsch
268
37%
Zahl der bewerteten Prognosen
733
100%

Prognosen nicht bewertet 6
249
    Abbildung 2-1: Analyse der Analysen der McLaughlin-Expertengruppe
    The M c L a u g hlin G r o u p ist natürlich mehr oder weniger ausdrücklich als Slapstick-Unterhaltung für Politiksüchtige zu verstehen. Es handelt sich um ein Überbleibsel aus den
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