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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition)
Autoren: Mo Hayder
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Richtung. »Die Straftat, die wir hier heute verhandeln, ist äußerst schwerwiegend – ich hoffe, Sie sind sich darüber im Klaren.«
    »Ja.« Lamb wandte das Gesicht wieder dem Gericht zu. Auf auf ihren Lippen spielte ein Lächeln. »Ja – das weiß ich.«
    »Gut. Dann sollten Sie die Verhandlung vielleicht etwas konzentrierter verfolgen.« Bethuen hatte das Protokoll der ersten Verhandlung vor sich auf dem Tisch und las sorgfältig, was ihr Kollege dort vermerkt hatte. »Ich sehe hier, dass ein gewisser Mr. Cook sich letzte Woche geweigert hat, Sie aus der Untersuchungshaft zu entlassen.« Sie nahm die Brille ab und blickte in den Saal. »Und das, obwohl der Anklagevertreter dies nicht einmal verlangt hat.« Sie hob eine Augenbraue. »Irgendwie beruhigend, dass der Geist des Drako auch im einundzwanzigsten Jahrhundert noch lebendig ist, nicht wahr? Na gut.« Sie musterte den Anklagevertreter. »Wie ich sehe, haben wir heute erneut über die Frage zu befinden, ob es vertretbar ist, die Angeklagte bis zur Hauptverhandlung auf freien Fuß zu setzen. Sehe ich das richtig?«
    »Ja, das ist richtig.«
    Alvarez, die auf dem Platz der Verteidiger saß und unaufhörlich mit einem Kugelschreiber an der Drahtspirale des Notizblocks vor sich auf dem Pult entlangfuhr, nickte kurz. Auf ihrem Gesicht lag der Anflug eines zuversichtlichen Lächelns. »Bethuen spielt gerne die gnadenlose Richterin«, hatte sie noch kurz vor der Verhandlung zu Tracey gesagt. Sie hatte ihre Mandantin bereits morgens in der Zelle aufgesucht und sie mit ihrem schönsten Pferdelächeln begrüßt. »Guten Morgen, Tracey.« Dabei hatte sie mit der Munterkeit eines Guten-Morgen-DJs gesprochen und das »r« in Traceys Namen besonders betont. »Also, diese Bethuen präsentiert sich zwar sehr gerne als Ungeheuer, doch hinter ihrer strengen Fassade schlägt in Wahrheit ein liberales Herz. Verlassen Sie sich darauf: Sie werden schon in einer Stunde auf freiem Fuß sein.«
    Und jetzt hockte auch noch dieser Jack Caffery in seinem hellblauen Freizeithemd hinter ihr auf der Zuschauergalerie. Dann hatte er die Nachricht auf dem Anrufbeantworter also bekommen. Allerdings war er reichlich früh aufgekreuzt, und natürlich musste sie ihn sich wenigstens so lange vom Hals halten, bis sie in dem Wohnwagen alles in Ordnung gebracht hatte. Doch am wichtigsten war, dass er überhaupt gekommen war. Falls er die Kohle dabeihatte, konnten sie vielleicht heute schon handelseinig werden.
    »Dann erteile ich hiermit der Staatsanwaltschaft …« Der Anklagevertreter stand auf. Er legte die rechte Hand auf seinen absurden gelben Schlips, als ob er einen feierlichen Eid ablegen wollte, und verneigte sich knapp vor dem Gericht. »Die Staatsanwaltschaft ist im Besitz …« Er blickte vor sich auf den Tisch und starrte auf ein Blatt Papier. »Also, die Staatsanwaltschaft verfügt seit kurzem über neues Beweismaterial.« Auf der Zuschauergalerie drückte Caffery Rebeccas Hand. »Wir können daher einer Aufhebung der Untersuchungshaft nicht zustimmen, da diese neuen Beweise vermuten lassen, dass Miss Lamb jederzeit wieder straffällig werden könnte.«
    Alvarez sprang auf. »Madam.«
    »Ja, bitte?«
    »Sollte die Staatsanwaltschaft tatsächlich über neue Beweismittel verfügen, hätte ich es für ein Gebot der Höflichkeit gehalten, dass man mir diese zur Kenntnis bringt.«
    »Vielleicht sollten wir uns zunächst einmal anhören, was es mit diesem neuen Beweismaterial auf sich hat.« Bethuen schob sich die Brille auf die Nase und blickte dann mit einem kühlen Lächeln den Anklagevertreter an. »Es handelt sich also um Informationen, die ein erhöhtes Rückfallrisiko belegen? Das würde ich gerne genauer hören.«
    Alvarez setzte sich wieder auf ihren Platz.
    Der Anklagevertreter räusperte sich. »Die ermittelnden Beamten der Polizei haben vier neue Videos in Augenschein genommen, in denen die Angeklagte sich ähnlicher Handlungen schuldig macht, wie sie bereits auf dem ersten Band dokumentiert sind – nur, dass diese Videos wesentlich später entstanden sind.«
    Lambs Schultern fingen an zu zucken. Sie blickte abwechselnd zu Alvarez und dem Anklagevertreter hinüber. Einen halben Meter hinter ihr ballte Caffery die Hände zu Fäusten. Bethuens Stimme gefiel ihm überhaupt nicht – sie klang so, als ob sie den Argumenten des Staatsanwaltes nicht sehr viel Gewicht beimaß. Aber es muss funktionieren . Er atmete tief ein und aus und blickte dann – mit zusammengebissenen Zähnen-
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