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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition)
Autoren: Mo Hayder
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Gärten von Bury St. Edmunds zu erkennen.

35. KAPITEL
     
    Caffery und Rebecca blieben noch eine Weile in Norfolk, und zwar nördlich von Bury St. Edmunds – nicht weit von Lambs Haus entfernt. Sie quartierten sich in einer strohgedeckten Pension ein, zu der auch zwei schöne Irish Setter gehörten, die ausgelassen im Garten herumtollten. Das Fenster war mit Clematis umrankt, und auf dem Kopfkissen fanden sie bei ihrer Ankunft je eine Rose vor und auf einem Tablett einen Wasserkocher, einige Tütchen Nescafé und ein paar in Zellophan verpackte Gebäckstücke. Am nächsten Morgen kochte Rebecca zwei Tassen Kaffee und kam dann wieder ins Bett gekrochen, schmiegte sich an ihn und rieb ihre neue Kurzhaarfrisur an seiner Brust und an seinem Bauch. So vergingen einige Tage.
    Manchmal malte er sich ihre gemeinsame Zukunft in den schönsten Farben aus, dann wieder erschien sie ihm wie eine Straße, die sich irgendwo in der Unendlichkeit verlor. Wenn Rebecca plötzlich in Schweigen verfiel oder in lautes Gelächter ausbrach, ahnte er, dass es schwierig werden würde. Und natürlich war er sich darüber im Klaren, dass sie die Vergangenheit nicht einfach über Nacht abstreifen konnten. Und trotzdem lächelte er sie an, schlief mit ihr, hielt ihre Hand, wenn sie nachts neben ihm lag, setzte sich morgens zu ihr auf den Rand der Badewanne, wenn sie ein Bad nahm, sah ihr dabei zu, wie sie ihr Haar mit Shampoo einschäumte und mit ihren kräftigen Fingern ihre Kopfhaut massierte.
    In einem Oxfam-Laden hatte sie sich einen verrückten Panamahut zugelegt. Sie drehte Joints und steckte sie zusammen mit irgendwelchen Blumen in das Hutband. Sie sah einfach umwerfend aus, und das sagte er ihr auch. »Wie eine exzentrische Elfenbeinhändlerin oder so was.« In Kings Lynn kaufte sie merkwürdige Lilien und weißen Mohn und nahm die Blumen mit in die Pension, stellte sie dort in ein Weckglas und verwandelte sie draußen auf dem Rasen im Licht der untergehenden Sonne in ein Gemälde. Am zweiten Tag unternahmen sie einen langen Spaziergang durch die uralte Landschaft. Früher einmal waren hier ganze Dörfer unter den Sanddünen verschwunden. Sie gingen vorbei an verfallenen Farmgebäuden und quälten sich durch den Treibsand. Sie sprachen über die Träume, die sie sich erfüllen konnten, falls Caffery das Haus verkaufte – »Wie froh ich bin, dass du dich endlich von deiner Vergangenheit gelöst hast, Jack« -, sprachen von der Zukunft, die ihnen dank Rebeccas Geld und Jacks Unabhängigkeit offen stand. »Warum kaufst du dir nicht einfach eine Wohnung in Thornton Heath? Nicht mal einen Kredit müssest du dazu aufnehmen.« Rebecca wiederum konnte mit ihrem Geld ein Häuschen auf dem Land erwerben, vielleicht in Surrey, oder etwas Größeres hier draußen in Norfolk. Natürlich konnten sie auch eine große Reise machen, »vielleicht nach Südamerika«, sagte sie. »Oder warum nicht nach Mexiko?« Und so spazierten sie immer weiter – Rebecca mit ihrem verrückten Hut auf dem Kopf, und Caffery ging schweigend neben ihr her und dachte nur unentwegt: Nein, das kann ich nicht, Rebecca, ganz unmöglich.
    Als die Sonne dann allmählich unterging, legten sie an einem Hang oberhalb eines flachen Tales eine kleine Pause ein. Auf der anderen Seite der Senke hatte die Sonne die Baumkronen in orangefarbenes Licht getaucht, ließ sie wie gemalt erscheinen, und dann blitzte drüben auf der anderen Seite plötzlich etwas in der Sonne auf, und die reflektierten Strahlen leuchteten Caffery und Rebecca grell ins Gesicht. Caffery machte die Augen ein paar Mal auf und zu und sah dann, dass sich das Licht in dem Fenster eines Wohnwagens brach. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass der Wagen in der Nähe von Lambs Haus oberhalb des Steinbruchs stehen musste. Den ganzen Tag hatte er nicht ein Mal daran gedacht, dass Lambs Haus irgendwo in der Nähe sein musste. Sein erster Impuls war, sofort umzukehren und mit Rebecca zurück zur Pension zu gehen.
    »Du zitterst ja«, sagte Rebecca plötzlich. »Das Haus wirst du ohnehin nicht verkaufen – das spüre ich genau.« Sie sah ihn nicht an, während sie sprach. Sie stand einfach neben ihm und schaute in den Sonnenuntergang. »Und auch die Ewan-Geschichte treibt dich noch immer um.«
    »Stimmt doch gar nicht.« Er nahm ihre Hand. Es war Zeit, zu gehen. »Ehrlich – damit hab ich ein für alle Mal abgeschlossen.«
    »Hast du nicht. Am liebsten würdest du diese Tracey noch heute Abend in Holloway besuchen.«
    »Nein,
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