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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition)
Autoren: Mo Hayder
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können.«
    »Ist mir egal, wie du es nennst, mich interessiert nur, dass es funktioniert.«

34. KAPITEL
     
    (3. August)
    In der folgenden Woche brachte die Polizei die Familie Church in ihr Haus zurück. Der Bauarbeiter beäugte den Streifenwagen, der in die Zufahrt einbog. Jeder wusste, dass die armen Leute fast verhungert und verdurstet waren, alle redeten ständig darüber, wie es wohl in dem Haus gewesen sein mochte – »direkt vor unserer Nase« -, weshalb niemand etwas bemerkt hatte. Der Arbeiter hatte leichte Schuldgefühle. Er hatte Roland Klare einoder zweimal kommen und gehen sehen, allerdings nicht weiter darüber nachgedacht. Und natürlich hatte er niemandem etwas davon gesagt. Jetzt legte er seine Werkzeuge beiseite und rutschte auf dem Stahlträger ein Stück nach vorne, damit er die Churches besser sehen konnte. Er war überrascht – die Leute hatten tatsächlich abgenommen. Die übergewichtige Familie war plötzlich superschlank.
    Ein Uniformierter stieg aus dem Wagen und breitete die Arme aus, als ob er die Familie vor neugierigen Augen schützen wollte, die ihm über die Schulter blickten. Doch es gab sonst keine Zuschauer: weder Presseleute noch Nachbarn – nur den Bauarbeiter. Trotzdem schien der Polizeibeamte sich irgendwie dafür verantwortlich zu fühlen, die Familie zu schützen. Und so stellte er sich fürsorglich vor die Frau, die gerade aus dem Wagen stieg. Obwohl sie am Fußgelenk einen Verband hatte, sah sie echt super aus in ihrem blauen Sommerkleid – fand der Arbeiter. Und verdammt schlank. Echt’ne heiße Braut .
    Sie öffnete die Tür zum Fond und streckte ihrem Sohn die Arme entgegen. Eigentlich war der Junge ja schon zu alt, um getragen zu werden, und sie konnte ihn kaum heben, trotzdem klammerte er sich schweigend wie ein Äffchen an seine Mutter und starrte auf ihren Hals. Hal Church war bereits ausgestiegen und stand mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck ein Stück abseits. Er starrte zu Boden. Dann schloss er die Autotür und ging mit gesenktem Kopf ein paar Meter hinter seiner Frau und dem Polizisten her. Als sie vor der Tür angelangt waren, überließ er es dem Polizisten, seine Frau und seinen Sohn in das Haus zu begleiten, während er selbst in einigem Abstand folgte.
    Erstaunlich, dass ein paar Kilo weniger so viel ausmachen, dachte der Arbeiter. Echt Wahnsinn. Sehen echt toll aus, die Leute. Dann beschäftigte er sich wieder mit seiner Arbeit. Glück gehabt – die Herrschaften.
     
    Souness hatte sich erweichen lassen und Caffery zwei Wochen Urlaub gegeben, damit er noch einmal in aller Ruhe über alles nachdenken konnte. Und so hatten Rebecca und er beschlossen, ein paar Tage nach Norfolk zu fahren. Sie hatten dafür gute Gründe. Bevor sie aufbrachen, fuhr er noch schnell ins Büro, um das Verhaftungsprotokoll durchzusehen. Er machte sich früh auf den Weg, während Rebecca noch duschte und sich um das Gepäck kümmerte. Dann saß er mit Souness in ihrem gemeinsamen Dienstzimmer, trank mit ihr einen Kaffee und sprach noch mal alles mit ihr durch. Ein heißer Augustmorgen – so heiß, dass draußen vor dem Fenster die Luft flirrte. In der Ferne ragte wie ein silbernes Gebirge die Croydoner Skyline empor. Souness berichtete ihm, dass man Roland Klare inzwischen in die Psychiatrische Abteilung der Haftanstalt Brixton eingewiesen und ihn dort gezwungen hatte, Kleider anzuziehen, die nicht nach Urin stanken. »Natürlich ist er krank«, sagte sie, »trotzdem ist er ein mieses Schwein. Am besten, Sie hören endlich auf, sich Vorwürfe zu machen, weil Sie bei seiner Verhaftung ein bisschen ausgeflippt sind. Der Kerl ist ein pathologisches Dreckschwein, hören Sie also endlich auf, mich so schuldbewusst anzusehen.«
    Als sie dann seinen Bericht durchsprachen und ihre Aussagen aufeinander abstimmten, hatte Caffery ein mulmiges Gefühl. Er glaubte fest daran, dass ihn seine Strafe schon noch ereilen und der Finger Gottes ihn irgendwann wie ein Blitzstrahl treffen würde. Und dann überlegte er, ob er es in Zukunft wohl noch häufiger mit Figuren wie Klare oder Bliss zu tun bekommen würde. Und er fragte sich, wohin das alles führen sollte.
    »Das wär’s dann.« Er schob seinen Schlüssel in die Tasche und stand auf. »Also, dann verdrück ich mich jetzt mal.«
    »Ich nehme an, dass Sie ein paar Tage mit Becky wegfahren?«
    »Richtig.«
    »Ein bestimmtes Ziel?«
    »Nein«, log er. »Nichts Bestimmtes.«
    Nebenan lehnte Kryotos mit verschränkten Armen an ihrem
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