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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea
Autoren: Jim Butcher
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der jüngere Mann Julius nicht so gut kannte wie Kestus, verriet seine Miene, dass er zum gleichen Schluss gelangt war – am besten, sie zogen sich still und leise zurück.
    »Na, da ist ja unser alter Julius«, murmelte Tonnar. »Seid ihr jetzt zufrieden?« Er knurrte und brachte sein Pferd mit den Hacken in Bewegung. »Hat er doch tatsächlich das Feuer ausgehen lassen. Jetzt müssen wir ein neues anmachen, ehe wir essen können.«
    »Nicht, du Narr!«, zischte Kestus.
    Tonnar sah sie über die Schulter hinweg wütend an. » Ich bin hungrig«, sagte er nachdrücklich. »Kommt schon.«
    Ein solches Wesen, wie es sich jetzt aus der Erde unter den Hufen von Tonnars Pferd erhob, hatte Kestus noch nie gesehen.
    Es war riesig, so groß wie ein Wagen, und mit einem grün schillernden, glatten Panzer überzogen. Es hatte Beine, und zwar viele, fast wie ein Krebs, und große Zangen wie die Scheren eines Hummers. Die glitzernden Augen saßen in tiefen Löchern in dieser eigenartigen Hülle.
    Und stark war es auch.
    Es riss Tonnars Pferd ein Bein aus, ehe Kestus auch nur eine Warnung rufen konnte.
    Das Tier ging schreiend zu Boden, und Blut spritzte in alle Richtungen. Kestus hörte, wie Tonnars Knochen brachen, als das Pferd auf ihm landete. Tonnar brüllte in höchster Pein und schrie weiter, als ihm das Ungeheuer, was immer es sein mochte, mit der anderen Klaue den Bauch durch das Kettenhemd aufriss, so dass die Eingeweide offen an der kalten Luft lagen.
    Kestus schoss ein halb hysterischer Gedanke durch den benommenen Verstand: Dieser Kerl konnte nicht einmal schweigend sterben.
    Die Bestie begann, das Pferd methodisch zu zerlegen, mit schnellen Bewegungen wie ein hart schuftender Schlachter.
    Kestus’ Blick wurde von Julius angezogen. Sein Kommandant wandte ihnen langsam das Gesicht zu und öffnete den Mund weit.
    Julius schrie. Doch dieser ohrenbetäubende Laut, der aus seiner Kehle gellte, hatte nichts Menschliches an sich. Er klang irgendwie metallisch und seltsam trällernd. Kestus wurde unheimlich zumute, und die Pferde tänzelten, warfen den Kopf zurück und verdrehten die Augen vor Angst.
    Plötzlich wurde es still.
    Doch im nächsten Augenblick begann es im Wald zu rascheln.
    Ivarus zog die Kapuze zurück, damit er das Geräusch besser hören konnte. Es kam von allen Seiten, ein Knistern wie von gefallenem Laub, ein Schaben, als würden Tannennadeln über etwas streichen, ein Knacken von Zweigen, Kiefernzapfen und abgebrochenen Ästen. Kein einzelnes Geräusch war lauter als ein Murmeln. Dafür aber waren es tausende .
    Der Wald klang, als würde ein gewaltiges Feuer darin lodern.
    »Oh, bei den großen Elementaren«, keuchte Ivarus. »Oh, verfluchte Krähen.« Er warf Kestus mit aufgerissenen Augen einen Blick zu, riss sein Pferd herum und wurde vor Schrecken ganz blass. »Keine Zeit für Fragen!«, fauchte er. »Flieh! Flieh!«
    Ivarus ließ seinen Worten sofort Taten folgen und gab seinem Tier die Hacken.
    Kestus löste den Blick von diesem Ding mit den leeren Augen, das bisher sein Kommandant gewesen war, und jagte mit seinem Pferd Ivarus hinterher.
    Währenddessen spürte er …
    Dinge.
    Dinge im Wald. Dinge, die sich bewegten und Schritt mit ihnen hielten, Schatten, die in der zunehmenden Dunkelheit nur halb zu erkennen waren. Keines dieser Wesen ähnelte einem Menschen. Keines sah aus wie irgendein Geschöpf, das Kestus kannte. Das Herz schlug ihm vor Angst bis zum Hals, und er schrie sein Pferd an und verlangte, dass es schneller rannte.
    Es war Wahnsinn, so durch den Wald und durch fast vollständige Dunkelheit zu preschen. Ein Baumstamm, ein niedriger Ast, eine hervorstehende Wurzel oder irgendein anderes gewöhnliches Hindernis könnten ihn oder sein Pferd töten, wenn sie in der Nacht damit zusammenstießen.
    Aber diese Dinge schlossen auf, hinter ihnen und neben ihnen, und Kestus begriff, was das bedeutete: Sie wurden gejagt und flohen wie Wild, während sie von einem Rudel verfolgt wurden, das zusammenarbeitete, um sie zur Strecke zu bringen. Die Angst vor diesen Jägern ließ seinen Verstand aussetzen. Er wünschte nur noch, sein Pferd könnte schneller laufen.
    Ivarus galoppierte spritzend durch einen Bach, änderte urplötzlich die Richtung und hetzte sein Pferd durch ein Dornendickicht, und Kestus blieb dicht hinter ihm. Während sie durch die Büsche galoppierten und während die Dornen ihnen und den Tieren die Haut aufrissen, griff Ivarus in einen Beutel am Gürtel und holte eine kleine
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