Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea
Autoren: Jim Butcher
Vom Netzwerk:
tragen, oder wegen ihrer paar Münzen im Schlaf umgebracht? Wie viele sind krank geworden und verreckt, genau wie die Wehrhöfer? Und falls es deiner Aufmerksamkeit bisher entgangen ist, Tonnar, es gibt da auch noch die Gesetzlosen, die genügend Gründe haben, dich ins Jenseits zu befördern. Vermutlich wärst du viel zu sehr damit beschäftigt, dein Leben zu retten, als dass dir Zeit bliebe, Frauen zu demütigen.«
    Tonnar setzte eine finstere Miene auf.
    »Pass auf«, sagte Kestus. »Julius hat uns heil durch Kalares Rebellion gebracht. Aus unserer Truppe ist keiner ums Leben gekommen. Und hier draußen haben wir das Schlimmste hinter uns. Vielleicht werden wir nicht so gut bezahlt, und uns bieten sich auch nicht so gute … Möglichkeiten wie in der Nähe der Ödnis. Aber wir sterben nicht an irgendeiner Seuche, und es kommt niemand und schlitzt uns im Schlaf die Kehle auf.«
    Tonnar höhnte: »Du hast nur Angst vor dem bisschen Risiko.«
    »Genau«, stimmte Kestus zu. »Und Julius auch. Und deshalb leben wir noch.« Bisher.
    Das Großmaul schüttelte den Kopf, drehte sich um und funkelte Ivarus trotzig an. »Wenn du mich noch einmal anrührst, weide ich dich aus wie einen Fisch.«
    »Gut«, meinte Ivarus. »Versuch es doch. Nachdem wir deine Leiche versteckt haben, können Kestus und ich schneller reiten, weil wir dein Pferd als Reserve benutzen.« Der Mann mit der Kapuze schaute zu Kestus. »Wie lange dauert es noch bis zum Lager?«
    »Zwei Stunden«, antwortete Kestus und blickte Tonnar an. »Ungefähr.«
    Tonnar murmelte ein paar Worte vor sich hin und gab Ruhe. Den Rest des Ritts über herrschte wohltuendes Schweigen, wie es sich für ihren Beruf gehörte.
    Kestus konnte den neuen Mann gut leiden.
    Die Dämmerung senkte sich über das Land, als sie schließlich die Lichtung erreichten, die Julius als Lagerplatz ausgesucht hatte. Es war eine gute Stelle. Ein steiler Hügel bot die Gelegenheit, mit Hilfe von Erdkräften eine Schutzhöhle zu wirken. Ein kleiner Bach plätscherte vorbei. Die Pferde wieherten und liefen schneller, denn sie erkannten den Ort, wo sie ausruhen durften und ein bisschen Hafer zu fressen bekamen.
    Kurz bevor sie den Gürtel aus dichtem Grün verließen, der die Lichtung umgab, hielt Kestus sein Pferd an.
    Irgendetwas stimmte nicht.
    Sein Herz klopfte, weil ihn ohne sichtlichen Grund Unruhe erfasste. Er blieb still im Sattel sitzen und versuchte, die Quelle seines Unbehagens zu entdecken.
    »Verfluchte Krähen«, seufzte Tonnar. »Was ist denn jetzt …«
    »Ruhig«, flüsterte Ivarus angespannt.
    Kestus blickte sich zu dem drahtigen kleinen Mann um. Ivarus war ebenfalls nervös.
    Aus dem Lager war kein Geräusch zu hören.
    Der Trupp Aufseher, die das Gebiet durchstreiften, das früher dem Hohen Fürsten Kalarus Brencis gehört hatte, bestand aus einem Dutzend Männer, doch waren die meist in Gruppen zu dritt oder zu viert unterwegs. Daher war es denkbar, dass sich nur zwei der Aufseher im Lager aufhielten. Und diese beiden waren möglicherweise gerade zu einem kurzen Ausflug in die Umgebung aufgebrochen, um ein wenig Wild zu schießen.
    Sehr wahrscheinlich war das jedoch nicht.
    Ivarus lenkte sein Pferd neben Kestus und murmelte: »Das Feuer brennt nicht.«
    Und genau das war der springende Punkt. In einem Lager wurde das Feuer ständig am Leben erhalten. Es bedeutete mehr Arbeit, wenn es ausging und man es ganz neu entfachen musste. Selbst wenn es zu Glut heruntergebrannt wäre, würde man noch den Rauch in der Nase haben. Aber Kestus konnte das Lagerfeuer nicht mehr riechen.
    Der Wind drehte leicht, und Kestus’ Pferd zuckte zusammen und schnaubte. In ungefähr dreißig Schritt Entfernung bewegte sich etwas. Kestus verharrte still, denn er wusste, jede Bewegung würde die Aufmerksamkeit auf ihn lenken. Er hörte Schritte im trockenen Herbstlaub rascheln.
    Julius tauchte vor ihnen auf. Der grauhaarige Waldaufseher trug wie immer seine lederne Waldkleidung in dunkelbraunen, grauen und grünen Tönen. Er blieb an der Feuerstelle stehen, starrte sie an und regte sich ansonsten nicht. Sein Mund stand leicht offen. Er wirkte blass und müde, und seine Augen waren trüb und leer.
    Er stand einfach nur da.
    So benahm sich Julius nie. Ständig gab es Arbeit zu erledigen, und er konnte es nicht leiden, Zeit zu verschwenden. Wann immer der Mann sich doch mal eine Pause gönnte, nutzte er die Gelegenheit und fiederte Pfeile für die Truppe.
    Kestus wechselte einen Blick mit Ivarus. Obwohl
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher