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Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Ludlum
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höher als alle anderen, ist der achte. Im Altertum war er dem Kult des Janus geweiht – des Gottes des Ein- und Ausgangs; des Gottes mit den zwei Gesichtern. Todd Belknap würde sie beide brauchen. Im zweiten Stock der Villa an der Via Angelo Masina, einem hoch aufragenden klassizistischen Bau mit ockergelber Stuckfassade und flachen weißen Wandpfeilern, sah der Agent zum fünften Mal in zehn Minuten auf seine Armbanduhr.
    Das ist eben dein Job, versicherte er sich im Stillen.
    Aber dies entsprach nicht seinem ursprünglichen Plan. Dies entsprach niemands Plan. Er bewegte sich lautlos durch die Eingangshalle, die zum Glück mit solide verfugten Fliesen ausgelegt war; hier gab es kein knarrendes Parkett. Bei der Renovierung war der verrottende Holzboden einer früheren Instandsetzung herausgerissen worden … und wie viele solcher Renovierungen hatte es seit der Fertigstellung im 18. Jahrhundert gegeben? Die auf einem Aquädukt des Trajan erbaute Villa hatte eine illustre Vorgeschichte. Im Jahr 1848, auf dem Höhepunkt der italienischen Einigungsbewegung, hatte sie Garibaldi als Hauptquartier gedient; damals war angeblich ihr Keller zum provisorischen Waffenlager vergrößert worden. Heutzutage diente die Villa wieder militärischen Zwecken, auch wenn diese ruchloser waren: Sie gehörte Chalil Ansari, einem jemenitischen Waffenhändler. Cons-Ops-Analysten hatten nachgewiesen, dass er nicht nur in Südostasien, sondern auch in Afrika zu den größten Lieferanten zählte. Was ihn von anderen in dieser Branche unterschied, war
seine Scheu vor der Öffentlichkeit: wie sorgfältig er seine Geschäfte, seinen Aufenthaltsort, seine Identität getarnt hatte. Jedenfalls bisher.
    Belknaps Timing hätte nicht besser – oder schlechter – sein können. In den gut zwei Jahrzehnten seines Agentenlebens im Außendienst hatte er gelernt, den glücklichen Zufall zu fürchten, der sich fast zu spät einstellt. Einen hatte er ziemlich zu Beginn seiner Laufbahn in Ostberlin erlebt. Einen weiteren hatte es vor sieben Jahren in Bogotá gegeben. Und hier in Rom war es wieder einmal so weit. Aller guten Dinge sind drei, wie sein guter Freund Jared Rinehart ironisch festgestellt hätte.
    Ansari, das wussten sie, stand vor einem riesigen Waffengeschäft, das einen gleichzeitigen Ringtausch zwischen mehreren Beteiligten erforderte. Allen Anzeichen nach war dieses Geschäft unglaublich kompliziert und außerordentlich umfangreich – ein Deal, wie ihn vielleicht nur Chalil Ansari einfädeln konnte. Nach Informationen aus zuverlässiger Quelle sollten die abschließenden Vereinbarungen heute Abend bei einer interkontinentalen Telefonkonferenz getroffen werden. Doch die Verwendung scheinbar harmloser Codebezeichnungen und modernster Verschlüsselung schlossen die gewöhnlichen technischen Entschlüsselungsverfahren aus. Das alles hatte sich durch Belknaps Entdeckung geändert. Gelang es ihm, eine Wanze an der richtigen Stelle anzubringen, würde Consular Operations wertvolle Aufschlüsse darüber erhalten, wie Ansaris Netzwerk funktionierte. Mit etwas Glück würde eine verbrecherische Organisation zerschlagen werden – und ein Händler des Todes, der Milliardenumsätze machte, würde seine gerechte Strafe erhalten.
    Das war die gute Nachricht. Die schlechte war, dass Belknap Ansari erst vor wenigen Stunden identifiziert hatte. Keine Zeit für ein koordiniertes Unternehmen. Keine Zeit für die Heranführung von Reserven, für die Ausarbeitung eines von der Zentrale genehmigten Einsatzplans. Ihm blieb nichts anderes
übrig, als allein einzugreifen. Diese Gelegenheit durfte nicht ungenützt verstreichen.
    Ein auf den Namen Sam Norton ausgestellter und mit einem Clip an seinem Polohemd befestigter Lichtbildausweis identifizierte ihn als einen der Architekten, die mit den abschließenden Renovierungsarbeiten zu tun hatten: als einen Mitarbeiter des englischen Architekturbüros, das die Projektleitung hatte. Damit war er ins Haus gelangt; aber der Ausweis konnte nicht erklären, was er im zweiten Stock zu suchen hatte. Vor allem konnte er sein Eindringen in Ansaris privates Arbeitszimmer nicht rechtfertigen. Wurde er hier ertappt, war alles aus. Das galt auch für den Fall, dass jemand den Wachposten entdeckte, den er mit einem winzigen Carfentanil-Wurfpfeil außer Gefecht gesetzt und in einer Besenkammer auf dem Flur verstaut hatte. Damit wäre das Unternehmen zu Ende gewesen. Das wäre sein Ende gewesen.
    Diese Tatsachen akzeptierte
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