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Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Ludlum
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konnte es nicht rechtfertigen, ein Team zu entsenden, nur weil ein Amerikaner über ein kleines Hotel in seiner Nähe
eine Marmite-Bestellung aufgegeben hatte. Für eine offizielle Reaktion war das viel zu dürftig. Aber für Belknap lag ein schlüssiger Beweis vor. Er trat Williams gegenüber, und der Physiker schien fast erleichtert zu sein, aufgespürt worden zu sein. Sein teuer erkauftes tropisches Paradies hatte sich als das erwiesen, was solche Zufluchtsorte im Allgemeinen waren: auf die Dauer ein Ort lähmender, quälender Langeweile.
    Die Tastatur des Jemeniten klickte wieder. Ansari griff nach einem Handy – zweifellos ein Modell mit einem Chip, der eine automatische Verschlüsselung ermöglichte – und sprach auf Arabisch. Seine Stimme klang ruhig und zugleich unverkennbar drängend. Eine längere Pause, dann wechselte Ansari ins Deutsche über.
    Jetzt sah er kurz auf, als das Dienstmädchen ihm die Teetasse hinstellte. Sie lächelte, wobei sie völlig ebenmäßige weiße Zähne sehen ließ. Ansari wandte sich wieder seiner Arbeit zu, und ihr Lächeln verschwand wie ein in einen Brunnen geworfener Kiesel. Sie verließ lautlos den Raum: die perfekte unaufdringliche Dienerin.
    Wie lange noch?
    Ansari hob die kleine Tasse an die Lippen und kostete einen Schluck von dem Tee. Dann sprach er wieder in sein Handy, diesmal auf Französisch. Ja, ja, alles läuft nach Plan . Beruhigende Worte, die jedoch keine spezifische Aussage enthielten. Sie wussten alle, wovon die Rede war; sie brauchten nicht deutlicher zu werden. Der Schwarzhändler trennte die Verbindung und tippte eine weitere Nachricht. Er nahm einen weiteren Schluck Tee, stellte die Tasse ab und – das geschah ganz plötzlich, als habe er einen kleinen Anfall – erzitterte kurz. Im nächsten Augenblick sackte er nach vorn, sodass sein Kopf auf die Tastatur fiel, wie gelähmt, anscheinend bewusstlos. Tot?
    Das kann nicht sein.
    Doch so war es.
    Plötzlich wurde die Tür des Arbeitszimmers wieder geöffnet, und das Dienstmädchen erschien. Würde sie in Panik geraten, würde sie Alarm schlagen, wenn sie diese schreckliche Entdeckung machte?
    Tatsächlich ließ sie sich keinerlei Überraschung anmerken. Sie bewegte sich rasch, verstohlen, trat auf den Mann zu, legte ihm zwei Finger an den Hals, fühlte nach seinem Puls und fand offenbar keinen. Dann streifte sie rasch weiße Baumwollhandschuhe über und rückte Ansari so in seinem Sessel zurecht, dass er nach rückwärts gelehnt zu ruhen schien. Als Nächstes beugte sie sich über die Tastatur und tippte ihrerseits hastig eine Nachricht. Zuletzt stellte sie Teekanne und Tasse wieder auf ihr Tablett und verließ damit das Arbeitszimmer. Womit sie das Tatwerkzeug abservierte.
    Chalil Ansari, einer der mächtigsten Waffenhändler der Welt, war soeben ermordet worden – vor Belknaps Augen. Tatsächlich war er vergiftet worden. Von … einem jungen italienischen Dienstmädchen.
    Belknap richtete sich jetzt unter ziemlichen Beschwerden aus der Hocke auf. Sein Verstand summte wie ein auf die Mitte zwischen zwei Sendern eingestelltes Radio. So hatte er sich den Ablauf nicht vorgestellt.
    Dann hörte er ein dezentes elektronisches Piepsen. Es kam aus der Gegensprechanlage auf Ansaris Schreibtisch.
    Und wenn Ansari sich nicht meldete?
    Scheiße! Bald würde wirklich Alarm geschlagen werden. Sobald das passierte, würde es keinen Fluchtweg mehr geben.

BEIRUT
    »Das Paris des Nahen Ostens«, so war die Stadt einst genannt worden, wie Saigon einst als das Paris Indochinas und das von Konflikten erschütterte Abidjan als das Paris Afrikas gegolten hatte: ein Beiname, der sich mehr als ein Fluch, weniger als eine Ehre erwiesen hatte. Diejenigen, die in der Stadt zurückblieben, erwiesen sich als Überlebenskünstler verschiedenster Couleur.
    Die gepanzerte Daimler-Limousine rollte lautlos durch den Abendverkehr auf der Rue Maarad in dem bekannten Zentrum der unruhigen Stadt. Straßenlampen warfen ihr grelles Licht auf staubige Straßen, als sollten sie glasiert werden. Der Daimler ließ den Place de l’Étoile hinter sich – einst hoffnungsvoll nach Pariser Vorbild angelegt, jetzt nur noch ein meist verstopfter Verkehrskreisel  – und glitt durch Straßen, an denen restaurierte Gebäude aus Ottomanen- und französischer Mandatszeit zwischen modernen Bürogebäuden standen. Das Gebäude, vor dem die Limousine zuletzt hielt, war absolut unauffällig: ein graubrauner sechsstöckiger Bau wie ein halbes Dutzend
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