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Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Ludlum
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Belknap ohne Angst, sondern eher fatalistisch wie Straßenverkehrsvorschriften. Während er sich im Arbeitszimmer des Waffenhändlers umsah, empfand er eine Art operativer Taubheit; er sah sich selbst aus der Perspektive eines körperlosen Beobachters, der weit über ihm schwebte. Das Keramikelement des Kontaktmikrofons ließ sich … wo verstecken? In der Orchideenvase auf dem Schreibtisch. Die Vase würde als natürlicher Verstärker dienen. Selbstverständlich würde der Spürtrupp des Jemeniten sie routinemäßig nach Wanzen absuchen, aber das würde erst morgen früh passieren. Ein Tastaturlogger  – er hatte das neueste Modell – würde alles aufzeichnen, was auf der Tastatur von Ansaris PC geschrieben wurde. In Belknaps Ohrhörer erklang ein leises Piepsen: eine Reaktion auf einen Funkimpuls des winzigen Bewegungsmelders, den Belknap draußen auf dem Korridor versteckt angebracht hatte.
    Würde gleich jemand hereinkommen? Das war nicht gut. Gar nicht gut. Eine schlimme Ironie des Schicksals. Er hatte über ein
halbes Jahr gebraucht, um Chalil Ansari zu finden. Jetzt bestand die Gefahr, dass Ansari ihn fand.
    Verdammt! Ansari hätte nicht so schnell zurückkommen sollen. Belknap sah sich hilflos in dem marokkanisch gefliesten Raum um. Außer einem Schrank mit Lamellentür, der in der Ecke neben dem Schreibtisch stand, gab es hier eigentlich kein Versteck. Keineswegs ideal. Belknap trat rückwärts hinein, ging in die Hocke und zog die Tür wieder zu. In dem Schrank, vor dessen Rückwand ein Regal mit summenden Routern stand, war es unangenehm warm. Er zählte die Sekunden. Der Bewegungsmelder im Miniaturformat, den er auf dem Flur installiert hatte, konnte auf eine Kakerlake oder eine Maus angesprochen haben. Bestimmt war dies ein Fehlalarm.
    War es nicht. Jemand betrat das Zimmer. Belknap spähte durch die Lamellen, bis er die Gestalt erkennen konnte. Chalil Ansari: ein Mann, der überall zum Rundlichen neigte. Ein aus Ovalen bestehender Körper, wie im Zeichenunterricht zu Übungszwecken skizziert. Sogar sein kurz geschnittener Vollbart war an den Rändern abgerundet. Seine Lippen, seine Ohren, sein Kinn, seine Wagen waren voll, weich, rund, ausgepolstert. Er trug einen Kaftan aus weißer Seide, das sah Belknap jetzt, der seinen massiven Körper locker umgab. Der Mann trat mit geistesabwesender Miene auf seinen Schreibtisch zu. Nur der Blick des Jemeniten war scharf, suchte den Raum ab wie das wirbelnde Schwert eines Samurais. War Belknap gesehen worden? Er hatte darauf gezählt, in der Dunkelheit des Schranks unentdeckt zu bleiben. Er hatte auf viele weitere Dinge gezählt. Noch eine Fehlkalkulation, dann würde er ausgezählt werden.
    Der Jemenit parkte sein Lebendgewicht in dem Ledersessel am Schreibtisch, ließ seine Fingerknöchel knacken und tippte etwas nicht sehr Langes – ohne Zweifel ein Passwort. Belknap hockte weiter unbequem in dem Schrank, der nur eine Wandnische ausfüllte. Seine Knie begannen zu protestieren. Er war
jetzt Mitte vierzig, hatte die Geschmeidigkeit seiner Jugend verloren. Aber er durfte sich keine Bewegung erlauben; das Knacken seiner Kniegelenke hätte ihn sofort verraten. Wäre er nur ein paar Minuten früher – oder Ansari ein paar Minuten später – gekommen! Dann wäre der Tastaturlogger installiert gewesen und hätte elektronisch die von den angeschlagenen Tasten erzeugten Impulse aufgezeichnet. Vorerst hatte er nichts Wichtigeres zu tun, als einfach nur zu überleben, das Debakel zu ertragen. Für Einsatzanalysen und -berichte war später noch genügend Zeit.
    Der Waffenhändler beugte sich in seinem Sessel nach vorn und tippte angestrengt mehrere Sätze ein. Anscheinend verschickte er E-Mails. Ansari trommelte mit den Fingern auf der Schreibtischplatte, dann drückte er auf einen Knopf auf einem Kästchen mit Furnier aus Rosenholz. Vielleicht organisierte er eine Telefonkonferenz über VoIP. Vielleicht würde die ganze Konferenz wie in einem Chat-Room abgewickelt werden – nur eben mit verschlüsselten Texten. Es gab so vieles, was er hätte herausbekommen können, wäre er nur … Alles Bedauern kam zu spät, aber Belknap ärgerte sich trotzdem über die verpasste Chance.
    Er erinnerte sich an seine Hochstimmung vor nicht allzu langer Zeit. Er hatte seine Beute endlich in ihrem Bau aufgespürt. Es war Jared Rinehart gewesen, der ihm als Erster den Spitznamen »Spürhund« gegeben hatte, und dieser wohlverdiente Ehrentitel war ihm geblieben. Obwohl Belknap
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