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Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)

Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)

Titel: Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)
Autoren: James Dashner
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vertraut. Er zwang sich, aus zusammengekniffenen Augen in Richtung Licht und Stimmen zu blicken. Zuerst sah er nur Schatten, die sich bewegten, dann Körper – Leute, die sich über das Loch in der Decke beugten und auf ihn herunterblickten.
    Und dann konnte er auch Gesichter erkennen, als ob eine Kamera sie scharf gestellt hätte. Es waren Jungs – manche jünger, andere etwas älter. Thomas wusste nicht, was er erwartet hatte, aber die Gesichter verwirrten ihn. Es waren nur Jugendliche. Seine Furcht legte sich ein wenig, aber das Herz schlug ihm immer noch bis zum Hals.
    Von oben wurde ein Strick heruntergelassen, an dessen Ende eine große Schlaufe geknotet war. Nach kurzem Zögern trat Thomas mit dem rechten Fuß hinein und hielt sich am Seil fest, mit dem er himmelwärts gezogen wurde. Hände streckten sich ihm entgegen, viele Hände, fassten nach seinen Klamotten, zogen ihn hoch. Alles schien sich zu drehen, ein Strudel von Gesichtern und Farben und Licht. Eine Sturzflut von Gefühlen brach über ihn herein; am liebsten hätte er geschrien, geweint, sich übergeben. Das Stimmengewirr war jetzt verstummt, aber eine Stimme sprach zu ihm, als er über die scharfe Kante des dunklen Kastens ins Freie gezogen wurde. Und Thomas wusste, dass er die Worte nie vergessen würde.
    »Schön, dass du da bist, Strunk«, sagte der Junge. »Willkommen auf der Lichtung.«

 
     
    Die helfenden Hände ließen Thomas erst los, als er aufrecht stand und sie ihm den Staub von T-Shirt und Hose geklopft hatten. Er konnte immer noch nicht richtig sehen und taumelte ein wenig. Obwohl er vor Neugier fast platzte, war ihm so übel, dass er sich noch nicht richtig umschauen konnte. Die anderen schwiegen, während er langsam den Blick wandern ließ.
    Er drehte sich einmal im Kreis, worüber die anderen kicherten; sie starrten ihn an, ein paar pikten ihn mit dem Finger. Es mussten mindestens fünfzig Jugendliche sein, in allen Größen und Hautfarben und Frisuren, mit dreckigen, verschwitzten Klamotten, als ob sie hart arbeiten müssten. Thomas wurde schwindlig, als sein Blick zwischen den Jungen und dem absonderlichen Ort, an dem er gelandet war, hin- und herwanderte.
    Sie standen auf einem riesigen Platz, der die Größe von mehreren Fußballfeldern hatte und von vier riesigen Wänden aus grauem Stein umgeben wurde, die mit dickem Efeu bewachsen waren. Die Mauern mussten Hunderte von Metern hoch sein und bildeten ein Quadrat. Jede der Wände hatte genau in der Mitte eine Öffnung, die so hoch wie die Wände selber war. Soweit Thomas das erkennen konnte, befanden sich dahinter Gänge und Wege.
    »Oh Mann, jetzt guckt euch bloß den Frischling an«, sagte eine heisere Stimme. »Der Neppdepp verrenkt sich noch den Hals vom vielen Glotzen.« Einige Jungs lachten.
    »Halt die Fresse, Gally!«, erwiderte eine tiefere Stimme.
    Thomas richtete den Blick wieder auf die Unbekannten, die ihn umringten. Er sah garantiert aus, als ob er völlig durch den Wind wäre – er fühlte sich wie unter Drogen. Ein großer Junge mit blonden Haaren und einem kantigen Kinn beschnüffelte ihn mit ausdruckslosem Gesicht. Ein kleiner Pummeliger verlagerte nervös das Gewicht von einem Fuß auf den anderen und blickte mit großen Augen hoch zu Thomas. Ein stämmiger junger Asiate mit dicken Muskelpaketen verschränkte die Arme vor der Brust, die Ärmel seines engen T-Shirts hochgerollt, so dass sein Bizeps zu sehen war, und musterte Thomas. Ein dunkelhäutiger Junge sah ihn mit gerunzelter Stirn an – es war der, der ihn zuerst begrüßt hatte. Unzählige andere starrten einfach nur.
    »Wo bin ich?«, fragte Thomas und war erstaunt seine eigene Stimme zu hören. Sie klang irgendwie falsch – höher, als er erwartet hatte.
    »An keinem guten Ort.« Das hatte der Schwarze gesagt. »Mach dir nicht ins Hemd.«
    »Und zu welchem Hüter kommt er?«, rief jemand von hinten.
    »Hab ich dir doch gesagt, du Neppdepp«, erwiderte eine hohe Stimme. »Er ist ein Klonk, da wird er natürlich Schwapper – ist doch klar.« Der Kerl kicherte, als ob er einen wahnsinnig komischen Witz gemacht hätte.
    Thomas war wie gelähmt vor Verwirrung – ständig hörte er Worte, die er überhaupt nicht verstand: »Klonk.« »Nepp.« »Hüter.« »Schwapper.« Es kam ihm seltsam vor, dass den Jungs die Ausdrücke so leicht über die Lippen gingen und er sie nicht kannte. Als wäre mit seinem Gedächtnis auch ein Teil seiner Sprache verloren gegangen – es war alles unangenehm
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