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Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)

Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)

Titel: Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)
Autoren: James Dashner
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einzig Bemerkenswerte in seinem erhitzten, fetten Gesicht waren die strahlend blauen Augen.
    Thomas nickte ihm zu. »Ein Käferwas?«
    »Käferklinge«, sagte der Junge und zeigte hinauf in den Baum. »Tut nichts, solang man nicht so doof ist und sie anfasst.« Er zögerte. »Äh … Strunk.« Das letzte Wort sagte er etwas unbeholfen, als ob ihm der Sprachgebrauch auf der Lichtung auch noch nicht recht vertraut wäre. Ein weiterer Schrei ertönte, so lang und nervenzerfetzend, dass Thomas beinahe das Herz stehenblieb. Die Angst legte sich wie eisiger Tau auf seine Haut. »Was geht da vor sich?«, fragte er und zeigte auf das Gebäude.
    »Weiß nicht«, antwortete der kleine Dicke. Er hatte noch eine relativ hohe Kinderstimme. »Ben ist todkrank und liegt im Bett. Sie haben ihn gekriegt.«
    »Sie?« Es gefiel Thomas gar nicht, wie bedrohlich das Wort geklungen hatte.
    »Genau.«
    »Wer SIE?«
    »Das wirst du hoffentlich nie erfahren«, sagte der Junge ein wenig zu beiläufig. Er streckte ihm die Hand hin. »Ich heiße Chuck. Ich war hier der Frischling, bevor du gekommen bist.«
    Und der soll sich um mich kümmern? , dachte Thomas. Er wurde sein Unbehagen einfach nicht los. Langsam wurde er auch sauer. Nichts ergab irgendeinen Sinn und der Kopf tat ihm weh.
    »Und warum nennen mich alle Frischling?«, fragte er und gab Chuck schnell die Hand.
    »Weil du der Neue bist, der gerade frisch eingetroffen ist.« Chuck zeigte auf Thomas und lachte. Ein weiterer Schrei kam vom Haus her, der klang, als ob ein verendendes Tier gefoltert würde.
    »Wie kannst du da lachen?«, fragte Thomas entsetzt. »Das klingt, als ob jemand im Sterben liegt.«
    »Der wird wieder. Niemand stirbt, wenn er rechtzeitig zurückkommt und das Serum kriegt. Ist immer alles oder nichts, tot oder lebendig. Tut aber ziemlich weh«, sagte er wichtigtuerisch.
    Thomas stutzte. »Was tut ziemlich weh?«
    Chuck wandte den Blick ab, als wüsste er nicht genau, was er sagen sollte. »Ä-häm. Von den Griewern gestochen zu werden.«
    »Griewer?« Thomas wurde immer verwirrter. Gestochen. Von Griewern. Es klang ziemlich grässlich und auf einmal wollte er gar nicht mehr unbedingt wissen, wovon Chuck da redete.
    Chuck zuckte die Achseln, verdrehte die Augen und sah weg.
    Thomas seufzte deprimiert und lehnte sich an den Baum. »Hört sich an, als würdest du nicht sehr viel mehr wissen als ich«, sagte er, dabei wusste er, dass das nicht stimmte. Sein Gedächtnisverlust war seltsam. Wie die Welt funktionierte, war ihm relativ klar – aber ihm fehlten alle spezifischen Erinnerungen, Namen, Gesichter. Wie ein Buch, das komplett war, bei dem aber in jeder Zeile ein Wort fehlte und bei dessen Lesen man immer verwirrter und frustrierter wurde. Er wusste nicht mal, wie alt er war.
    »Du, Chuck … was meinst du, wie alt ich bin?«
    Der Junge musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Ich würde sagen, du bist sechzehn. Ein Meter fünfundsiebzig, falls du das wissen wolltest … braune Haare. Und hübsch wie ein Pott gequirlte Scheiße.« Er prustete los.
    Thomas war so verblüfft, dass er den letzten Satz gar nicht richtig mitbekommen hatte. Sechzehn? Er war erst sechzehn ? Er fühlte sich viel älter.
    »Ganz im Ernst?« Er unterbrach sich und suchte nach Worten. »Wie …« Er wusste nicht, was er fragen sollte.
    »Mach dir nichts draus. Du bist ein paar Tage lang voll matsche in der Birne, aber dann gewöhnst du dich an den Laden. Wir wohnen hier, so ist das halt. Immer noch besser als aufm Klonkhaus.« Er verengte die Augen, weil er wahrscheinlich wusste, was Thomas als Nächstes fragen würde. »Klonk ist unser Wort für Kacke. Von dem Geräusch, wenn die Kacke in den Pisspott fällt.«
    Thomas starrte Chuck an. Das Gespräch war ihm peinlich. »Wie schön« war das Einzige, was er herausbrachte. Er stand auf und ging an Chuck vorbei auf das alte Haus zu: Bruchbude war eigentlich zutreffender. Es war drei oder vier Stockwerke hoch und sah aus, als könnte es jeden Moment zusammenbrechen – die verschiedensten Baumstämme und Bretter waren mit dicken Seilen wüst zusammengebunden, völlig wahllos saßen ein paar Fenster dazwischen, dahinter erhob sich die massive, efeuüberwucherte Steinmauer. Als Thomas über den Hof ging, knurrte ihm der Magen, weil ihm der Geruch eines Lagerfeuers, auf dem Fleisch gebraten wurde, in die Nase stieg. Er fühlte sich schon ein bisschen besser, weil er jetzt wusste, dass es nur ein kranker Junge war, der da herumschrie. Solange er
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