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Die Augen der Ueberwelt

Die Augen der Ueberwelt

Titel: Die Augen der Ueberwelt
Autoren: Jack Vance
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einzulullen. Alles in allem war die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs groß.
    Genüßlich aß er den Rest der Wurst auf, bestellte sich eine zweite Flasche Wein und freute sich des herrlichen Ausblicks auf den Xzan. Zur Eile bestand kein Grund, im Gegenteil, bei Iucounu aus dem Stegreif zu handeln wäre ein gefährlicher Fehler, wie er zu seinem Leidwesen bereits am eigenen Leib erfahren hatte.
    Als er am nächsten Tag trotz eingehenden Überlegens immer noch keine schwache Stelle in seinem Plan gefunden hatte, suchte er einen Glasbläser auf, dessen Werkstatt sich am Scaumufer, etwa eine Meile östlich von Azenomei befand, in einem Hain immerzitternder gelber Bilibobs.
    Der Glasbläser studierte die Kuppe eingehend. »Ein genaues Gegenstück von gleicher Form und Farbe? Bei einem so ungewöhnlichen Blau ist das nicht einfach. Eine solche Farbe in Glas einzuarbeiten ist äußerst schwierig, denn fertig gibt es sie nicht, und den richtigen Ton zu mischen, wird es vieler Versuche bedürfen. Trotzdem – ich werde eine Schmelze vorbereiten. Dann werden wir sehen, ja, wir werden sehen.«
    Nach vielen Versuchen gelang es ihm, Glas von genau der richtigen Tönung herzustellen, aus dem er eine Kuppe anfertigte, die rein äußerlich nicht von der echten zu unterscheiden war.
    »Ausgezeichnet!« lobte Cugel. »Was bekommt Ihr dafür?«
    »Nun, eine solche Kuppe aus diesem bläulichen Glas ist hundert Terces wert«, antwortete der Glasbläser gleichmütig.
    »Was?« schrie Cugel entrüstet. »Wofür haltet Ihr mich? Dieser Preis ist unverschämt!«
    Der Glasbläser räumte sein Werkzeug auf, den Schmelztiegel und das Gesenk, ohne sich um Cugels Empörung zu kümmern. »Selbst das Universum ist nicht ohne Schwankungen«, sagte er gleichmütig. »Alles verändert sich, hat sein Auf und Ab. Meine Preise sind Teil des Kosmos, sie gehorchen den gleichen Gesetzen und richten sich nach dem Wert, den der Kunde selbst meiner Arbeit beimißt.«
    Verärgert wich Cugel einen Schritt zurück, da streckte der Glasbläser die Hand aus und bemächtigte sich beider Kuppen. »Was soll das?« rief Cugel aufgebracht.
    »Ich gebe das Glas in den Schmelztiegel zurück, was sonst?«
    »Und was ist mit der Kuppe, die mir gehört?«
    »Ich behalte sie als Andenken an Euch.«
    »Halt!« Cugel holte tief Luft. »Vielleicht bin ich bereit, Euren Wucherpreis zu bezahlen, wenn die neue Kuppe so vollkommen ist wie die alte.«
    Der Glasbläser begutachtete erst die eine, dann die andere. »Ich sehe keinerlei Unterschied«, behauptete er.
    »Und wie ist es mit der Sichtweite?« fragte Cugel. »Ihr könnt sie nur vergleichen, indem Ihr durch beide gleichzeitig schaut!«
    Der Glasbläser hob nunmehr beide Kuppen an die Augen. Eine gestattete ihm einen Blick in die Überwelt, die andere zeigte ihm die Wirklichkeit. Benommen durch den Gegensatz schwankte der Glasbläser und wäre gefallen, hätte Cugel ihn nicht gestützt – damit nur ja seinen Kuppen nichts zustieß – und zu einer Bank geführt.
    Cugel nahm die beiden Kuppen an sich und warf drei Terces auf den Tisch. »Wie Ihr selbst sagtet, alles ist Schwankungen und Veränderungen unterworfen. So wurden aus den verlangten hundert Terces drei.«
    Der Glasbläser, der immer noch zu benommen war, ein vernünftiges Wort hervorzubringen, bemühte sich, abwehrend eine Hand zu heben, doch Cugel achtete nicht auf ihn und verließ seine Werkstatt.
    Er kehrte in die Herberge zurück und schlüpfte in seine alte Kleidung, die von der langen Reise zerlumpt war. Dann machte er sich auf den Weg, das Xzanufer entlang.
    Und während er so dahinschritt, bereitete er sich auf das Wiedersehen mit Iucounu vor und versuchte, sich jede Möglichkeit vorzustellen. Vor und über ihm spiegelte der Sonnenschein sich im grünen Glas der Spiraltürme, die zu des Lachenden Magiers Burg gehörten.
    Cugel blieb stehen, um zu dem ungewöhnlichen Bauwerk zu schauen. Wie oft während seiner unfreiwilligen Abwesenheit hatte er sich ausgemalt, wie er hier stand, mit Iucounu ganz in der Nähe!
    Er stieg den dunkelbraun gepflasterten Serpentinenweg hoch, und mit jedem Schritt erhöhte sich seine Erregung. Als er sich dem Eingang näherte, sah er an der schweren Tür etwas, das ihm bei seinem letzten Besuch entgangen war: eine in das Holz geschnitzte Fratze mit eingefallenen Wangen, schmalem Kinn, die Augen entsetzt aufgerissen, die Lippen zurückgezogen und der Mund weit zu einem Schrekkens- oder auch Trotzschrei geöffnet.
    Cugel hob die Hand, um
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