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Die Augen der Ueberwelt

Die Augen der Ueberwelt

Titel: Die Augen der Ueberwelt
Autoren: Jack Vance
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empfindsamer Mann. Am verwundbarsten ist er in seiner Selbstachtung. Kümmere dich einfach nicht mehr um ihn, wende ihm den Rücken. Durch diese stolze Nichtbeachtung wirst du ihn tiefer treffen als mit jeglichem Racheakt.«
    Cugel runzelte die Stirn. »Diese Art von Vergeltung erscheint mir doch ein wenig unbefriedigend. Wenn du nun die Güte hättest, einen Dämon herbeizubeschwören, werde ich ihm meine Anweisungen geben, was den Lachenden Magier betrifft. Damit wäre diese Sache erledigt, und wir können uns einer anderen zuwenden.«
    Zaraides schüttelte den Kopf. »So einfach ist das nicht. In seiner Verschlagenheit ist nicht so leicht an ihn heranzukommen. Und versuchten wir etwas gegen ihn, würde er sofort wissen, wer dir geholfen hat. Dann wäre unsere bisherige Beziehung unaufdringlicher Höflichkeit in Frage gestellt.«
    »Pah!« höhnte Cugel. »Hat der weise Zaraides Angst, sich zur Gerechtigkeit zu bekennen? Fürchtet und verkriecht er sich vor einem so zaghaften und unentschlossenen Zauberer wie Iucounu?«
    »Ehrlich gesagt – ja«, gestand Zaraides. »Jeden Augenblick mag die Sonne erlöschen. Ich möchte nicht diese letzten paar Stunden Scherze mit Iucounu wechseln, denn er ist in dieser Beziehung viel gewandter als ich. Nun hör zu. In einer Minute muß ich mich mit bestimmten wichtigen Aufgaben befassen. Als endgültigen Beweis meiner Dankbarkeit versetze ich dich an jedweden Ort, den du dir aussuchst. Wohin möchtest du?«
    »Wenn das alles ist, dann bring mich nach Azenomei an die Mündung des Xzans in den Scaum!«
    »Wie du wünschst. Steig auf dieses Podest. Streck die Arme aus – so … Hol tief Atem und halte ihn an. Du darfst während der Versetzung weder ein- noch ausatmen … Bist du bereit?«
    Cugel nickte. Zaraides machte einen Schritt zurück und rief einen Zauberspruch. Etwas erfaßte Cugel und trug ihn davon. Einen Augenblick später hatte er wieder Boden unter den Füßen und stellte fest, daß er sich auf der Hauptstraße von Azenomei befand.
    Tief holte er Luft und seufzte: »Nach all den Entbehrungen und all dem Ungemach bin ich nun wieder in Azenomei!« Staunend den Kopf schüttelnd, blickte er sich um. Die alten Häuser, die Flußterrassen, der Markt, alles war, wie er es in Erinnerung hatte. Er sah sogar Fianosthers Verkaufsbude gar nicht so weit entfernt. Schnell drehte er sich weg, um von dort nicht erkannt zu werden, und schlenderte in die entgegengesetzte Richtung.
    ›Was nun?‹ überlegte er. ›Zuerst werde ich mich wohl neu einkleiden und eine Herberge aufsuchen, wo ich in Ruhe über meine gegenwärtige Lage nachdenken kann. Wenn einer bei Iucounu als letzter lachen möchte, muß er die Sache bedachtsam und mit größter Vorsicht angehen.‹
    Zwei Stunden später – gebadet, die Haare gestutzt, in neuer schwarz-grün-roter Kleidung – saß Cugel in der Gaststube des Wirtshauses zum Fluß bei einem Teller Würzwurst und einer Flasche grünen Weines.
    ›Diese Sache des gerechten Ausgleichs bedarf Fingerspitzengefühls‹, sagte er sich. ›Ich muß sie gut durchdenken und dann mit größter Behutsamkeit vorgehen.‹
    Er schenkte sich Wein nach und nahm ein paar Bissen von der Wurst. Dann kramte er in seinem Beutel und zog etwas Kleines, in weichen Stoff Gewickeltes hervor: die bläuliche Kuppe, die Iucounu als Gegenstück zu der haben wollte, die sich bereits in seinem Besitz befand. Er hob die Kuppe an ein Auge, zog dann jedoch kurz davor die Hand zurück. Setzte er sie auf, würde er hier alles in so vorteilhaftem Licht sehen, daß er sie vielleicht nicht mehr abnehmen wollte. Und nun, während er sie betrachtete, fiel ihm ein großartiger Plan ein, der ihm unfehlbar schien und doch mit nur geringer Gefahr verbunden war. Sogab er seine Überlegung nach einem möglichen besseren auf.
    Im wesentlichen war er sehr einfach. Er würde sich zu Iucounu begeben und ihm die Kuppe aushändigen, oder vielmehr, eine, die genauso aussah. Iucounu würde sie mit seiner anderen vergleichen, und, um die Wirksamkeit des Paares zu erproben, durch beide gleichzeitig blicken. Der Gegensatz zwischen echter und falscher würde an seinem Verstand zerren und zu vorübergehender Hilflosigkeit führen. Sie würde Cugel zu seinen Zwecken nutzen.
    Hatte dieser Plan eine schwache Stelle? Cugel sah keine. Falls Iucounu die Fälschung zu früh als solche erkannte, brauchte er, Cugel, sich bloß zu entschuldigen, die richtige Kuppe hervorzuholen und so des Lachenden Magiers Mißtrauen
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